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Himmelsschwingen

Himmelsschwingen

Titel: Himmelsschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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einiger Zeit zurück. Bis dahin konnte alles Mögliche mit ihnen geschehen, Dämonen konnten sie aufspüren und ihre Hilflosigkeit ausnutzen, und vor der Entdeckung durch einen Menschen waren sie ebenfalls nicht sicher.
    Deshalb hatte er sich auch nichts anmerken lassen, als er beobachtete, wie Iris ihm die Feder stibitzte, mit deren Hilfe selbst jemand wie er zu orten war, wenn man sich geschickt anstellte. Er hatte ihr das Ding später wieder abnehmen wollen, doch die Gelegenheit dazu hatte sich nie ergeben.
    Inzwischen wusste er, dass er Iris nicht unterschätzen durfte. Sie hatte ihn regelrecht aus dem Gateway hinausge schleift und überhaupt nicht mehr so verletzlich gewirkt wie bei ihrer ersten Begegnung, als sie nackt und bunt wie ein Paradiesvogel neben ihm auf diesem Kreuz hoch oben über der Festung gesessen und mit den Beinen gebaumelt hatte wie ein unbeschwertes Kind. Was sie natürlich nicht war. Ihr eilte der Ruf einer streitbaren Kriegerin voraus, die sich bedingungslos für ihre Sache einsetzte. Nahezu mühelos war es ihr gelungen, ihn vor großen Schwierigkeiten zu bewahren.
    Als Dank dafür hatte er sie des Verrats bezichtigt. Wie hatte er nur glauben können, dass sie ihn verführen wollte? Allein der Gedanke war schon absurd. So absurd wie dieses eigentümliche Bedauern, das er gespürt hatte, als ihm bewusst geworden war, dass sie ihn nicht etwa attraktiv oder gar begehrenswert fand, sondern einfach nur tat, was eine Vigilie aus Nephthys’ Heer eben tat: über die Ordnung der Dinge zu wachen, ebenso wie er auch, nur auf ihre Weise.
    Wächter galten als gesellig. Vielleicht war ihr die Wartezeit bis zur Erteilung ihres Auftrags zu lang geworden und sie hatte deshalb seine Gesellschaft gesucht. Bisher hatte wohl niemand davon erzählen können, ihn dabei beobachtet zu haben, wie er in melancholischer Stimmung auf einem Kirchturm saß. Das mochte ihr Interesse geweckt haben. Zudem kam sie ihm wie jemand vor, der seine Nase gern in die Angelegenheiten anderer steckte.
    Er musste vollkommen verrückt geworden sein, am nächsten Tag wieder zum Turm zu fliegen. Und noch schlimmer: Er hatte es getan, um sie wiederzusehen, und war keineswegs verärgert, sondern regelrecht erfreut gewesen, als sie ihm danach durch die Stadt gefolgt war. Ihre Fähigkeiten testen zu wollen, war nur ein Vorwand ge wesen, an den er schon nicht mehr glauben mochte, als sie sich zu ihm ins Café gesetzt hatte. Dies war allerdings noch lange kein Grund, sich anschließend in diese Suppenküche schleifen zu lassen. Wider Willen war er dort jedoch von der Hingabe dieser Galina beeindruckt gewesen, die er erst nicht erkannt hatte, obwohl sie, wenn auch unter einem anderen Namen, auf seiner Liste stand.
    Den anderen, Galinas mutmaßlichen Liebhaber, hatten seine Leute damals erwischt, als er gerade mit einem Dunklen Engel über irgendetwas verhandelte. Genau erinnerte sich Samjiel nicht mehr, was in dem Bericht gestanden hatte.
    Galina war mit dem Kind entkommen, was umso ärgerlicher war, da derVerdacht bestand, dieses Mädchen könnte tatsächlich der Spross zweier Engel sein. Leider hatten sich die Hinweise darauf verdichtet, und er war selbst in die Stadt gekommen, um dem nachzugehen, obwohl er bereits ahnte, dass irgendetwas mit ihm nicht in Ordnung war.
    Im Laufe der letzten Wochen war es ihm leidlich gelungen, einige der Gefühle, die ihn quälten, allmählich in den Griff zu bekommen und sich nicht mehr von ihnen leiten zu lassen. Es ist richtig, die Welt von den Gefallenen zu befreien. Genau das hätte er auch hier längst tun sollen. Wie talentiert oder barmherzig sie sich auch geben mochten – irgendwann endeten sie alle als Luzifers eifrige Untertanen.
    Iris war da natürlich anderer Meinung, und zweifellos hatte sie ihn deshalb in die Suppenküche gelotst. Der Konflikt zwischen Pflicht- und Mitgefühl hatte ihn fast wahnsinnig gemacht, und er war im Gateway gelandet. Mit bekanntem Ausgang: Samjiel stand jetzt zu allem Überfluss auch noch in der Schuld einer Wächterin.
    Was aber nicht der Grund gewesen war, aus dem er sie in die Markthalle begleitet hatte. Über die Beweggründe hatte er nicht groß nachgedacht, stattdessen hatte er einfach ihre Gesellschaft genossen. Der Ausflug hatte ihm sogar Spaß gemacht – bis ihm plötzlich bewusst geworden war, was er da tat. Sein Untergang war nicht mehr aufzuhalten, und da fiel ihm nichts Besseres ein, als sich mit einem unschuldigen Engel auf eine Art vergnügen zu wol

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