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Himmelsschwingen

Himmelsschwingen

Titel: Himmelsschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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lud sie ihn zu sich nach Hause ein. Nicht aus Mitleid oder weil sie diese Anziehungskraft zwischen ihnen ebenfalls gespürt hatte, sondern vielleicht nur, um mit ihm über ihre Jobs zu reden. Heute Nacht , das nahm er sich in diesem Augenblick vor, werde ich noch einmal in ihrem Bett schlafen. Gleichgültig, ob sie neben ihm liegen, oder – wie beim letzten Mal – auf der Couch übernachten würde. Nur noch einmal das Gesicht in die kühlen Kissen drücken und …
    »Worauf wartest du?« Das Lachen in ihrer Stimme wärmte seine Seele.
    »Ich …« Ihr Anblick machte ihn sprachlos. Da stand sie, im Hauseingang, seinen Mantel in der Rechten, die andere Hand nach ihm ausgestreckt, und lächelte, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Nein, besser! Als gefiele ihr, was er dachte.
    Ihm jedenfalls gefiel, was er sah. Die farbigen Heiligenbilder, mit denen sie sich schmückte, schimmerten durch den feuchten Stoff ihres Kleids hindurch, lange Beine, geradezu unanständig betont vom regennassen Rock. Und Flügel, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. In einem Augenblick bunter als die Reklame einer Jahrmarktsbude und danach sofort wieder weiß, wie eine junge Kumuluswolke am Sommerhimmel.
    Irritiert schüttelte Samjiel den Kopf über diese seltsamen Vorstellungen, die ihn neuerdings ständig von seinen eigentlichen Aufgaben ablenkten. Wie diese vollkommene Linie beispielsweise, mit der die Natur ihren Taillenbogen wie einen schwungvollen Notenschlüssel geschaffen hat te. Das Treppengeländer knackte unter seinem festen Griff.
    »Kommst du jetzt, oder willst du mir ewig auf den Hintern starren?«
    Hätte er nicht das Lachen in ihrer Stimme gehört, Samjiel wäre vor Scham im Erdboden versunken. Rasch ging er die Stufen hinauf bis zum ersten Treppenabsatz und sah ihr dabei zu, wie sie den Schlüsselbund hervorzog und nacheinander drei Schlösser aufschloss. Wenig später lehnte er sich von innen an die nun wieder sorgfältig geschlossene Wohnungstür und war dankbar, dass Iris ihm den Rücken zudrehte. Er hätte davonlaufen sollen – stattdessen beobachtete er sie, als hinge sein Schicksal davon ab, sich jede ihrer Bewegungen für immer einzuprägen. Wie sie ihre Schuhe abstreifte, ohne sich dabei zu bücken, wie sie seinen nassen Mantel auf einen Bügel hängte und in einen unbeleuchteten Raum am Ende des Flurs trug.
    »Der Regen macht alles so klamm, findest du nicht auch?«, rief sie. »Es sind bestimmt nur zwölf Grad heute Nacht!« Mit diesen Worten verschwand sie aus seinem Blickfeld und kam gleich darauf ohne den Mantel, aber mit einem Stapel frischer Kleidung und Handtücher zurück. »Ich habe dir ein Hemd mitgebracht, die anderen Klamotten musst du dir selbst heraussuchen. Ich fürchte, bei Konfektionsgrößen für Männer muss ich passen.« Sie wandte ihm den Rücken zu. »Kannst du mir den Reißverschluss aufmachen?«
    Mit einer Handbewegung legte er vier farbenfrohe apokalyptische Reiter frei, die ihn feindselig anzublinzeln schienen. »Woher hast du nur all diese Tätowierungen?«
    Als ihr Kopf wieder unter dem klatschnassen Kleid hervorkam, drehte sie sich um. »Von überall. Wenn mir langweilig ist, lasse ich mir ein neues stechen.«
    »Dann hoffe ich, dass du demnächst ausreichend Beschäftigung haben wirst«, murmelte er und prallte überrascht zurück, als sie sich umdrehte und ihn anfauchte: »Wieso, gefällt es dir nicht?«
    »Der Anblick ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig«, gab er zu und ergänzte eilig: »Aber ich hatte eigentlich eher daran gedacht, dass nicht mehr viel Platz bleibt, um größere Gemälde in Angriff zu nehmen.« Beschwichtigend lächelnd nahm er ihr das Frottiertuch aus der Hand, und anstatt sich selbst abzutrocknen, rieb er damit über die vor Nässe glänzenden Bilder auf ihrer Haut. Das war reiner Selbstschutz, denn anderenfalls hätte er vermutlich wie ein Idiot dagestanden und ihre vollendet geformten Brüste angestarrt. Noch nie hatte er sich Gedanken über die Figur einer Frau gemacht, und jetzt schien es, als könnte er sich von ihrem Anblick überhaupt nicht mehr losreißen.
    Regungslos verharrte sie und ließ es sich gefallen, dass er ihr die Schultern abrieb, den flauschigen Stoff behutsam über die Arme und den Rücken gleiten ließ. Mit einem Lächeln erlaubte sie ihm, das Dekolleté abzutupfen. Mutig geworden, ließ er das Frotteetuch weiter hinuntergleiten und kniete schließlich sogar vor ihr nieder, um ihre Beine und die schmalen Füße zu trocknen.
    »Das

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