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Himmelsschwingen

Himmelsschwingen

Titel: Himmelsschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Hosenbund. »Was tust du bloß mit mir?«
    »Das würde mich auch interessieren«, erklang eine strenge Stimme.
    »Gabriel!« Iris’ eben noch biegsamer Körper versteifte sich.
    Ausgerechnet , hauchte die Stimme in seinen Gedanken.
    Iris flüsterte: »Bitte lass mich runter.«
    Zu erschrocken, um nachzudenken, gehorchte er sofort und musste sie festhalten, sonst wäre sie womöglich ins Straucheln geraten. Selbst hätte er sich auch am liebsten für einen kurzen Augenblick des Atemholens irgendwo angelehnt, um seine Balance wiederzufinden.
    Iris erholte sich schneller als er, machte einen Schritt zur Seite und verschränkte die Arme vor der Brust, als hätte sie allen Grund für ihre Empörung. »Was ist?«
    Erst allmählich gelang es ihm, sich auf die neue Situation einzustellen. Während er Gabriel feindselig betrachtete, behielt er auch Iris im Auge. Sie wirkte verärgert, aber nicht besonders beunruhigt, was der einzige Grund war, warum er sich nicht auf den unliebsamen Zeugen seiner Schwäche stürzte und kurzen Prozess mit ihm machte.
    Der Typ stand in der Tür und schien für den kleinen Wohnraum zu groß zu sein, obwohl er nicht einmal seine Flügel zeigte. Mit wachem Blick nahm er die Szene in sich auf, bis ein wenig sympathisches Lächeln auf seinen Lippen erschien. »Dann stimmt es also, was man sich erzählt.«
    »Und was erzählt man sich?« Geschmeidig hatte sich Iris zwischen die beiden Krieger geschoben. Warnend sah sie Gabriel an.
    Der gab seine feindselige Haltung vorübergehend auf und schlenderte durch den Raum bis zum Fenster. Unbesorgt drehte er ihnen den Rücken zu und sah hinaus.
    »Iris, ist dir wirklich nichts aufgefallen?«
    »Was meinst du?« In dem schnellen Seitenblick, den sie Samjiel zuwarf, glaubte er die Bitte zu lesen, die Angelegenheit ihr zu überlassen. Mit einem kaum sichtbaren Nicken stimmte er zu, blieb aber weiter auf der Hut.
    Gabriel war kein Unbekannter. Im Gegenteil, Samjiel war wahrscheinlich einer der wenigen Engel, die von seiner engen Verbindung zu Nephthys, der obersten Wächterin, und somit auch Iris’ Auftraggeberin wussten. Nicht einmal Michael hatte eine Ahnung.
    »Nun red schon!«
    Gabriel vergrub die Hände in den Taschen, drehte sich jedoch nicht um. Was eine exzellente Entscheidung war, denn in Samjiels Inneren tobte ein Sturm aus Emotionen, und er war kurz davor, die Antwort aus ihm herauszuschütteln. Und das wäre keine gute Idee gewesen.
    Zum einen war der Raum viel zu klein für eine ernsthafte Auseinandersetzung zwischen ihnen, zum anderen besaß der Wächter einen gewissen Ruf. Käme es zu einem Kampf, würde der auf jeden Fall blutig werden.
    Er zweifelte nicht daran, den arroganten Wächter besiegen zu können, aber er musste auch an Iris’ Sicherheit denken.
    »Ihr werdet beobachtet«, sagte Gabriel endlich in die gespannte Stille hinein.
    Sofort war Iris bei ihm. »Von wem?«
    »Hast du diesen trotteligen Schutzengel wirklich nicht bemerkt?«
    Sie schien einen Augenblick zu überlegen und nickte schließlich langsam. »Irgendwoher kenne ich den. Hat er mich bespitzelt?«
    »Dich? Nein.« Er sah zu Samjiel herüber. »Ihn hier hat er versucht anzuschwärzen. Von Kneipenabenden war die Rede und von einer gemeinsamen Nacht mit seiner Geliebten .«
    Iris begann zu lachen, erst leise, dann fast schon hysterisch. »Und damit meint er dann wohl mich, oder?« Sie verstummte und kniff die Augen zusammen. »Die Ratte! Wem hat er davon erzählt?«
    »Vorerst nur uns.«
    »Du hast ihn doch hoffentlich aus dem Verkehr gezogen?«
    Samjiel fragte sich einen Augenblick lang, was das in der Sprache der Wächter bedeutete. Wollte sie wissen, ob der Schutzengel getötet worden war?
    Gabriel öffnete die Balkontür. Kalte Luft strömte herein, auf der Straße zischte der nasse Asphalt unter den Reifen der vorbeifahrenden Autos. »Wenn ich jedem den Mund verbieten würde, der sich über dich das Maul zerreißt, hätte ich viel zu tun. Aber keine Sorge, der kleine Scheißer ist im Steingarten gut aufgehoben.«
    Diesen Garten kannte Samjiel nur vom Hörensagen, und das war auch besser so. Es gab wenige, die ihn lebendig verlassen hatten, um Näheres darüber berichten zu können. Das Gerücht, Nephthys bewahre dort unliebsame Konkurrenten auf, hielt sich seit ewigen Zeiten. Zu marmornen Skulpturen würde sie ihre Gegner verwan deln, die, wiewohl bewegungslos, aber keineswegs ohne Bewusstsein, einen steinernen Palast schmückten. Die meisten dieser Figuren, hieß es,

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