Himmelsstürmer: Mein Leben im freien Fall (German Edition)
Zufriedenheit in diesem Anzug empfunden habe. Heute wird er in einem riesigen Tresor verwahrt, hinter dicken Stahltüren. Gut so.
Mein Weg, meine Träume – wie es weitergeht
Seit dem 14. Oktober 2012 bin ich noch nicht zur Ruhe gekommen. 12 000 ungelesene Mails warten auf eine Antwort, und fast genauso viele Anfragen haben mich auf anderen Wegen und aus allen Himmelsrichtungen erreicht: eine Frau, die ihr Haus verloren hat; ein Kind, das eine Niere braucht; ein Air-Force-Soldat, dem ich eine Auszeichnung überreichen soll. Oder eine Diskussionsrunde über die Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen. Da hätte ich einiges zu sagen: Die Jugend bekommt heute früher denn je Schreiben, Lesen und Rechnen beigebracht. Soziale Aspekte, wie man sich in der Gesellschaft verhält und mit seinen Mitmenschen umgeht, kommen zu kurz. Heute werden Beziehungen per SMS begonnen und beendet, viele Jugendliche sitzen nur noch vor dem Computer und erleben alles fast ausschließlich virtuell. Ich befürchte, dass der Großteil der Jugend mit Überschallgeschwindigkeit in den Abgrund schlittert.
Das Gute an meinem Bekanntheitsgrad ist, dass das, was ich sage und tue, von Bedeutung ist. Meine Meinung zu den verschiedenen Themen wird gehört, mehr als früher. Sobald jemand Olympiasieger wird, ist er interessant. Da will man wissen: Was macht er? Was denkt er? Mich beschäftigen die Zukunftsperspektiven unserer Jugend. Die Kinder sind unsere Zukunft. Aber was für eine Zeit liegt vor ihnen? Zahlreiche Politiker sind in den Augen vieler korrupt. Der Euro: Geht in den Keller. Arbeit suchen: Wofür? Macht doch alles keinen Sinn. So denken sicher viele. Insofern wäre es gut, wenn es wieder Leute gäbe, die der nachfolgenden Generation die Motivation zurückgeben. In der Politik sehe ich diese Leute zurzeit leider nicht. Also müssen der Sport und andere Leute ran, um zu motivieren!
Ich habe es an der Resonanz gemerkt, an den vielen Zuschriften und Zeichnungen, mit denen Kinder auf mich zugekommen sind. Da ist etwas passiert. Stratos hat in den Köpfen etwas ausgelöst, hat Menschen motiviert und inspiriert. Vielleicht kann man die Kraft dieser Bilder und Eindrücke nutzen und sagen: Ja, du kannst auch so etwas erreichen. Du musst nicht Überschall fliegen, aber in deinem Metier kannst du es auch zu etwas bringen! Lass nicht locker, egal, was die Leute sagen. Wenn du das wirklich willst, dann kannst du es erreichen! Als kleiner Bub bin ich auf Bäume geklettert und habe vom Runterspringen geträumt – und aus den drei Metern sind schließlich fast 39 000 Meter geworden.
Tatsächlich abschätzen, was mein Sprung aus dem Weltall in den Köpfen der Jugend bewegt hat oder in Zukunft noch bewegen wird, kann heute natürlich noch niemand. Vielleicht haben wir bald wieder mehr Astronauten, mehr Weltraumforscher, die ihren Kindern dann erzählen: »Damals habe ich mit zehn Jahren bei Stratos vor dem Fernseher gesessen, und deshalb bin ich Weltraumforscher geworden.« Und vielleicht ist das genau der Forscher, der die bahnbrechende Erfindung macht. Vielleicht unterhalten wir uns besser in zehn, fünfzehn Jahren darüber, wenn die Auswirkungen sichtbar sind. Jedenfalls haben wir wohl nichts Schlechtes getan, haben keine Steuergelder verschwendet, sondern für die Wissenschaft gearbeitet und zukünftiges Sicherheitsequipment für die Raumfahrt entwickelt. Das ist unumstritten. Die NASA interessiert sich brennend für die Daten unseres Projekts und möchte diese in ihre künftigen bemannten Raumflüge einfließen lassen. Wir haben nachweislich vielen Menschen einen schönen Moment bereitet und sie für ein paar Stunden ihre Sorgen und Probleme vergessen lassen.
Heute wohne ich in der Schweiz am Bodensee nur ein paar Meter vom Wasser entfernt in einem ruhigen Ort namens Arbon, Stadt der weiten Horizonte. Aus Österreich habe ich mich verabschieden müssen, obwohl ich das Land so sehr liebe. Die Gründe? Mein Gerechtigkeitssinn und ein Finanzbeamter, der vor einiger Zeit behauptete, ich wäre kein Sportler. Seine lapidare Begründung lautete: »Das Herunterspringen von Brücken ist keine Sportart.« Seit den 70er-Jahren gibt es in Österreich den sogenannten »Skifahrererlass«, der inzwischen als »Sportlererlass« auf andere Sportarten ausgedehnt wurde. Der Erlass besagt: Bemessungsgrundlage für die Besteuerung des Einkommens von Sportlern ist rund ein Drittel der jeweiligen Einkünfte eines Kalenderjahres. Eine schöne Sache für uns
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