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Himmelssucher - Roman

Himmelssucher - Roman

Titel: Himmelssucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carl's books Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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und aus.
    Inmitten des Zirpens der Grillen, des Windes in den Bäumen, des Müllgestanks.
    Ich lauschte der Stille. Und dann hörte ich etwas. Eine Stimme, fest, kalt, überzeugend:
    Du kannst noch nicht mal den Müll rausschaffen. Du bist zu nichts nütze.
    Ich schloss die Augen. Zwei winzige Lichter am Ende der Straße wurden langsam größer. Die schwarze Silhouette eines Autos zeichnete sich ab, ferne Motorengeräusche, die zu einem rauen, tiefen Dröhnen anschwollen. Der Wagen bewegte sich mit ungewöhnlicher Geschwindigkeit, sein Lärm tat in den Ohren weh. Lärm, vor dem man sich in Acht nehmen musste.
    Ich trat auf die Straße und starrte in die Scheinwerfer.
    Die Hupe ertönte. Der Müllbeutel fiel mir aus der Hand. Hinter der Windschutzscheibe wurden Augen aufgerissen, der Motor heulte auf, Reifen quietschten, der Wagen schlitterte zur Seite und verpasste mich um knapp einen Meter.
    Plötzlich schoss mir das Blut durch die Adern.
    Immer noch hupend verschwand der Wagen hinter der nächsten Kurve. Mein Herz pochte, meine Knie fühlten sich an, als wollten sie unter mir nachgeben. Ich hob den Müllbeutel auf und stolperte zu den Tonnen, öffnete einen Deckel und warf den Beutel hinein. Dann setzte ich mich auf den Bürgersteig und sah zum Haus. Oben, hinter Minas geschlossenen Rollläden, brannte Licht.
    Die Weißeichen über mir schwankten, ihre Äste ächzten unter dem Gewisper der Blätter, durch die der Wind fuhr. Ich dachte an den Sidrat al-Muntaha, den Baum, der den Ort kennzeichnete, an dem Gott wohnte.
    Warum so weit weg? , fragte ich mich. Warum?
    Ich starrte zu den Bäumen hinauf, den Ästen, die sich vor dem dichten Nachthimmel abzeichneten. Weit oben, hinter dem trüben Schleier der dichten Wolken, lag ein heller Fleck: der verborgene Mond, der seinen Himmelsabschnitt erhellte und dessen Schein stark genug war, um die dahinziehenden Wolken zu beleuchten. Trödel hier nicht rum , dachte ich mir. Geh rein und lies den Koran. Ich stand auf und ging über die Einfahrt. In Wahrheit aber wollte ich nicht ins Haus. Ich wollte nicht rein, ich wollte nicht den Koran lesen oder irgendetwas anderes tun.
    Ich wollte nicht nach Hause.

III
    PORTRÄT EINES ANTISEMITEN ALS KLEINER JUNGE

10
    DIE MOSCHEE AUF DEM MOLASKEY HILL
    I ch wurde immer schwermütiger, je weiter der Sommer voranschritt. Nichts verschaffte mir Trost, weder die Zeit mit Mina noch die Lektüre des Koran. Vorbei waren die Tage, als ich mich der Anblick des Himmels mit Ehrfurcht erfüllte. Gottes Pracht bedeutete mir nichts, und an ihre Stelle war eine neue Qual getreten, die immer stärker wurde: meine Erinnerung an Minas nackten Körper. Das Bild, von dem ich dachte, ich hätte es mir aberzogen – ihre Brüste, das dunkle Dreieck zwischen ihren Beinen –, kehrte ungebeten zurück und sorgte für Verwirrung und Unruhe, stundenlang. Von Neuem bemühte ich mich, das Bild zu verdrängen. Vergebens. Je mehr ich mich dagegen wehrte, umso beharrlicher erwies es sich. Daneben ließ dieses Bild meinen kurzen, weichen Penis mittlerweile groß und hart werden. Ich hatte keine Ahnung, was hier vor sich ging. Und ich wusste nicht, mit wem ich darüber reden sollte.
    Eines Nachmittags Anfang August nahm ich Minas Foto vom Kühlschrank. Ich weiß nicht, woher der Gedanke kam, aber ich bildete mir ein, es würde mich ablenken, wenn ich das Foto betrachten könnte, falls ich wieder an Minas nackten Körper denken musste. Einige Tage ging es gut. Dann geschah etwas Seltsames. Ich musste jetzt nur noch das Foto ansehen, und sofort stellten sich die erregenden Gefühle ein, die mich sonst nur bei dem Gedanken an ihre Nacktheit überfielen.
    Mehr als einmal verspürte ich den Drang, mich zu berühren, wenn ich ihr Bild betrachtete. Ich legte die Hände zwischen die Beine, berührte mich aber nie direkt, sondern immer nur durch den Stoff meiner Shorts oder Jeans oder meines Pyjamas. Aber auch so war die Lust immens und ließ mich jedesmal gewaltig anschwellen.
    Eines Abends vergaß ich mich. Minas Bild vor mir, die Hände zwischen den Beinen, überließ ich mich meiner Lust, und bevor ich mich versah, zuckte und erzitterte mein Unterleib und gab etwas Zähflüssiges, Feuchtes in die Unterhose ab. Entsetzt knöpfte ich die Hose auf und sah meinen harten, aufrechten Penis, der mit milchigem Schleim verklebt war. Er sonderte einen starken, ätzenden Geruch ab wie von einem Bleichmittel.
    Du weißt, dass das nicht richtig war , hörte ich eine innere Stimme.
    Sofort

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