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Himmelssucher - Roman

Himmelssucher - Roman

Titel: Himmelssucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carl's books Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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dich. Aber er hat nicht gesagt, dass er dein Dad ist . Das tut er nicht, weil es nicht stimmt. Und er lügt nicht.«
    Imrans Blick war voller Sorge. »Teile ihn mit mir«, flüsterte er.
    »Ich teile ihn ja schon mit dir. Aber er ist nicht dein richtiger Dad.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er nicht mit deiner Mutter verheiratet ist.«
    »Sie kann ihn heiraten.«
    »Nein, kann sie nicht. Mein Dad ist schon verheiratet. Mit meiner Mutter.«
    »Er kann sie aber auch heiraten.«
    »Wen?«
    »Meine Mom.«
    »Nein. Ich sagte, er ist schon mit meiner Mutter verheiratet. Also kann er nicht deine heiraten.«
    »Meine Mom kann ihn heiraten«, sagte er, »und deine auch. Und dann ist er mein Dad und dein Dad. Er ist ein Muslim.«
    Ich war ziemlich perplex. Er war wirklich nicht auf den Kopf gefallen.
    »In Amerika geht das nicht. Und wir leben in Amerika. Hier ist deine Heimat. Wenn du in Amerika mehr als eine Frau hast, kommst du ins Gefängnis.«
    »Warum?«
    »Wegen Polygamie.«
    »Was ist das?«
    »Wenn du mehr als eine Frau heiratest. Das geht hier nicht, außer in Utah.«
    »Was ist das?«
    »Ein Bundesstaat.«
    Er war verwirrt.
    »Ein Ort in Amerika«, erklärte ich. »Nur nicht hier.«
    »Juu-taa?«, wiederholte er.
    »Ja. In Utah ist Polygamie erlaubt, weil dort die Mormonen leben.«
    »Was sind Mormonen?«
    »Leute mit vielen Frauen. Und es gibt dort einen großen See voller Salz und Würmer.«
    Verwirrt sah Imran mich an. »Können wir dort zum Angeln gehen?«
    »Nein«, sagte ich. »Wir sind in unserer Burg.«
    Diese Antwort klang selbst in meinen Ohren äußerst merkwürdig.
    Imran erwiderte nichts darauf. »Ich schlafe jetzt«, sagte ich schließlich und drehte mich weg.
    »Bitte, Hayat. Teile ihn mit mir«, flehte Imran und drückte sich an mich. Seine kleinen Hände krallten sich in meine Seite. »Bitte lass ihn auch mein Dad sein. Bitte lass uns nach Juu-taa gehen.«
    »Hör auf, Imran! Sei nicht blöd. Außerdem kann ich da sowieso nichts machen. Oder du. Wir sind bloß Kinder. Keiner geht nach Utah, nur weil du oder ich es so wollen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil wir hier ein Haus haben.«
    »Wir können ein neues besorgen.«
    »Mein Dad hat einen Job. Und ich muss zur Schule. Wir können nicht einfach so weg.«
    »Bitte«, weinte Imran und klammerte sich weiter an mich. Ich drehte mich um und schob ihn von mir weg. Seine kleinen, klugen Augen sahen mich sehnsüchtig an.
    »Nein«, sagte ich. »Außerdem wirst du bald einen Dad haben. Nathan wird dein Dad sein.«
    »Das geht nicht«, sagte Imran und drehte sich abrupt weg.
    »Wird er aber. Deine Mom muss ihn nur heiraten.«
    »Nein!«
    »Warum nicht?«
    »Er ist weiß . Er ist nicht mein richtiger Dad.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass er dein richtiger Dad ist.« Imran sagte nichts darauf. »Mein Dad wäre auch nicht dein richtiger Dad.«
    Schweigen.
    »Wie auch immer«, sagte ich, »spielt auch keine Rolle, ob er weiß ist oder Jude oder was auch immer. Es spielt keine Rolle, was du denkst. Sie wird tun, was sie will …«
    » Juu-De? «, fragte er.
    »Was?«
    »Was ist ein Juu-De? «
    » Jude «, korrigierte ich ihn.
    »Was ist das?«
    »Juden sind die Menschen, die Allah am meisten auf der Welt hasst«, sagte ich.
    Imran war starr vor Entsetzen. Seine Angst stachelte mich weiter an. »Juden sind Menschen, die einmal vor langer Zeit in Ägypten gelebt haben. Vor den Pyramiden … Du weißt, was Pyramiden sind, oder?«
    Imran schüttelte den Kopf.
    »Ist auch egal. Jedenfalls, vor langer Zeit waren die Juden etwas ganz Besonderes. Allah hat sie sehr geliebt. Er hat sie mehr geliebt als alle anderen Menschen. Aber dann ist etwas passiert.«
    »Was?«
    »Sie haben sich nicht gut benommen. Sie haben nicht getan, was man ihnen gesagt hat.« Eindringlich starrte ich ihn an. »Als Allah ihnen gesagt hat, was sie tun sollen, haben sie nicht auf ihn gehört. Statt das zu tun, was Allah wollte, haben sie das getan, was sie wollten. Und sie haben sich sogar hinter Allahs Rücken über ihn lustig gemacht …«
    »Warum?«
    »Weil sie selbstsüchtig sind. Und Allah hat es gemerkt. Und deswegen hat er sie dann gehasst. Bald hat Allah sie mehr gehasst als alle anderen Menschen, die er geschaffen hat. Mehr noch als die Tiere. Mehr noch als die Schweine.«
    Imran riss die Augen auf. »Schweine?«
    Ich wusste, was diese Worte bewirken würden. Mehr noch als Alkohol, als nackte weiße Frauen, als Glücksspiele waren Schweine das ultimative Tabu im Islam, Sinnbild für alles, was

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