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Himmelssucher - Roman

Himmelssucher - Roman

Titel: Himmelssucher - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: carl's books Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Weiß Gott, woher er jetzt anruft.« Sie sah zu mir. »Geh du ran! Wenn er es ist, sagst du, dass ich nicht hier bin.«
    »Wo bist du?«
    »Was soll das heißen?«
    »Wenn er fragt, wo du bist …«
    »Keine Ahnung. Lass dir was einfallen … auf der Post.«
    Ich stand auf und ging ran. »Hallo?«, sagte ich.
    »Hallo«, hörte ich eine freudige Frauenstimme. »Kann ich mit … äh … Mun … Mau … Maureen sprechen?«
    »Sie meinen Muneer?«
    »Ja, wahrscheinlich. Ist das deine Mutter, junger Mann?«
    Von oben hörte ich plötzlich gedämpfte Schreie und ein lautstarkes Weinen. Die Frau am anderen Ende der Leitung redete weiter, aber ich hörte kaum noch hin. Denn Mina brüllte jetzt, dann war ein Knall zu hören, weiteres Chaos, dann ein dumpfer Laut.
    Ich trat mit dem Hörer am Ohr von der Küche in den Flur.
    »Hallo? Entschuldigung, mein Junge … bist du noch da?«
    »Was ist los?«, fragte Mutter und sah zu mir. Ich stand unten an der Treppe.
    »Ist sie das? Ich würde gern mit ihr reden, über die Hausversicherung …«
    Die Tür zu Minas Zimmer flog auf und knallte gegen die Wand. Imran plärrte aus Leibeskräften, so laut, dass sein Geheul Mina regelrecht aus dem Zimmer zu fegen schien. Sie wirkte so groß, größer als sonst. Und dann fiel ihr stechender, furchterregender Blick auf mich.
    Als Nächstes wusste ich nur, dass sie die Treppe herunterstürmte, der scharlachrote Schal um ihren Hals bauschte sich hinter ihr wie ein Umhang. »Du boshafter Kerl!«, kreischte sie und ging auf mich los. Ich bekam es wirklich mit der Angst, als sie mir das Telefon aus der Hand riss. Und schon explodierte in meinem Gesicht der Schmerz. »Wie konntest du nur solche Sachen sagen? Wie konntest du nur?«, schrie sie und schlug mit dem Hörer auf mich ein. Ich wich zurück und versuchte mit beiden Händen mein Gesicht zu schützen. Wieder schlug sie zu, so fest, dass das Plastikgehäuse des Telefons zerbrach.
    »Hör auf! Hör auf!«, schrie Mutter und versuchte Mina wegzuzerren.
    Mina hatte mich zu den Stufen hinunter ins Fernsehzimmer gedrängt.
    »Hör auf! Hör auf!«, schrie Mutter.
    Sie packte Mina an den Haaren. Mina wurde der Kopf nach hinten gerissen, ihr Mund klappte auf, und ein gellender Schrei entfuhr ihr. Und während sie nach hinten fiel, sauste ihr Ellbogen nach vorn und fegte quer über mein Gesicht. Plötzlich hatte ich keinen Boden mehr unter den Füßen. Ich merkte erst, dass ich fiel, als meine Schulter gegen etwas Hartes knallte. Ich purzelte seitwärts, überschlug mich, noch einmal, bis ich die Hand ausstreckte, um mich abzufangen. Etwas knackte.
    Mutter kam die Treppe heruntergestürzt und fiel vor mir auf die Knie. Sie strich mir übers Gesicht, ihre Finger waren voller Blut. »Hayat! Alles in Ordnung?«, rief sie. »Alles in Ordnung?«
    Ich war benommen. Mir tat der Kopf weh, ansonsten aber fühlte ich mich ganz okay. »Alles in Ordnung«, sagte ich.
    Oben auf der Treppe stand Mina, daneben Imran. Entsetzt sah sie zu mir herab.
    Mutter drehte sich zu ihr um: » Was zum Teufel nimmst du dir heraus? «, brüllte sie.
    Kopfschüttelnd wich Mina zurück, während Mutter die Stufen hinaufjagte.
    » Bhaj …«
    Mutter ließ sie gar nicht zu Wort kommen. »Wenn du ihn noch einmal anrührst. Wenn du auch nur die Stimme gegen meinen Sohn erhebst … bringe ich dich um! « Mina wich zurück, stolperte, während sich ihr Sohn hinter ihr verstecken wollte.
    » Bhaj … es tut mir leid!«, wimmerte Mina. »Er hat Imran Sachen erzählt … schreckliche Sachen …«
    Mutter hörte gar nicht zu. Sie packte Mina am Kragen und verpasste ihr eine Ohrfeige. »Fass ihn nie wieder an« – ein weiterer Schlag, diesmal mit dem Handrücken – »meinen Sohn!«
    Und wieder schlug sie auf Mina ein, immer wieder.
    Ich betrachtete meinen rechten Arm. Er sah komisch aus. Er war am Handgelenk verbogen, so dass die Hand seltsam weghing wie ein Blatt an einem abgebrochenen Zweig. Ohne nachzudenken rückte ich sie mit der anderen Hand wieder gerade.
    Und in diesem Moment kamen die Schmerzen. Nichts als Schmerzen. Überall. Schmerzen, wie ich sie noch nie erlebt hatte.
    Ich schrie und schrie.
    Mutter oben erstarrte und drehte sich um.
    Hinter ihr sank Mina unter ihrem scharlachroten Schal auf dem Küchenfußboden zusammen.
    Mittlerweile erfasste ich, dass die Schmerzen in meinem Arm saßen, nicht im ganzen Körper. Mir wurde schwindlig. Ich war wie betäubt von den höllischen Schmerzen, die mir aus irgendeinem Grund als

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