Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelstal

Himmelstal

Titel: Himmelstal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
Vom Netzwerk:
erklärte Doktor Fischer. »Ein Matratzenbrand. Eine Zigarette. Wurde schnell vom Personal gelöscht.«
    »Ein Vorfall? Wir hätten sterben können!«, sagte Daniel wütend. »Marko wurde vom Rauch bewusstlos. Ich habe versucht, ihn nach draußen zu schleppen. Das ganze Zimmer war voller Rauch.«
    »Dein Patient übertreibt«, sagte Doktor Fischer zu Gisela Obermann.
    »Dennoch hätte ich einen Bericht bekommen müssen.«
    »Da gab es nichts zu berichten. Er versucht nur, den Helden zu spielen.«
    »Aber für mich ist das interessant«, sagte Gisela Obermann, ihre Wangen waren gerötet. »Es ist sehr interessant.«
    »Sind wir jetzt fertig?«, sagte Daniel. »Dann würde ich gerne gehen.«
    »Selbstverständlich«, sagte Gisela Obermann. »Du hast heute etwas Schreckliches erlebt und musst dich ausruhen. Über Tom brauchst du dir in Zukunft keine Gedanken mehr zu machen, das kann ich dir garantieren.«
    Daniel schnaubte.
    »Um diesen Tom mache ich mir wirklich keine Gedanken. Mein Gott, kapieren Sie denn nicht, dass Sie den falschen Patienten hier haben. Sie haben einen kranken Kerl laufen lassen und einen gesunden aufgenommen. Darüber sollten Sie sich Gedanken machen.«
    »Wir haben noch reichlich Zeit, um darüber zu diskutieren«, sagte Gisela Obermann.
    »Sie vielleicht, ich nicht. Ich werden diesen Ort jetzt verlassen.«
    »Bitte schön. Du kannst jetzt in deine Hütte zurückgehen, wenn du willst.«
    »Ich meine natürlich, dass ich die Klinik verlassen werde.«
    Er stand auf und schob den Stuhl an den Tisch.
    Der Rotbärtige machte keine Notizen mehr, aber er behielt den Stift in der Hand, als warte er auf etwas. Ein leises Schnaufen war vom indischen Arzt zu hören, trotz seiner aufrechten Haltung war er offenbar eingeschlafen. Doktor Fischer räusperte sich geräuschvoll, der Inder schlug die Augen auf wie eine Schlafpuppe.
    »Adieu«, sagte Daniel und verließ den Raum.

 
    28  Die Nacht war still und schön.
    Daniel befand sich am östlichen Ende des Tals. Er ging über die Brücke. Rechts floss der Wildbach träge wie ein alter Fluss. Auf der linken Seite stürzte er sich mit gewaltiger Kraft über steile Felsen und nahm seinen Lauf zwischen den Wänden einer tiefen, unzugänglichen Schlucht, das Ganze war dramatisch vom Mond beleuchtet wie auf einem nationalromantischen Gemälde.
    Er folgte der Straße auf der anderen Seite des Flusses.
    Auf der anderen Talseite konnte er das Dorf mit dem Kirchturm sehen und weiter oben am Hang die Klinik. Über ihm hing der Himmel wie eine dunkelblaue, halb durchsichtige Zeltplane, die zwischen den beiden Felswänden aufgespannt war. Es roch nach Erde, Gras und Wasser.
    Er hatte verstanden, dass die Autostraße den länglichen Konturen des Tals in einer elliptischen Bahn folgte. Wie eine Schlaufe. Eine Schlinge.
    Aber die Schlaufe war nicht ganz geschlossen. Sie hatte Kontakt zu einer anderen Straße, das musste so sein, wie sonst würde man ins Tal kommen?
    Sein Plan war, die Straße auf der Nordseite des Flusses, wo das Dorf und die Klinik lagen, zu meiden. Er würde auf der südlichen Seite bleiben und der Straße folgen, die am senkrechten Felsen entlangführte, den er die Wand nannte. Auf dieser Straße war das Taxi bei seiner Ankunft gefahren. Dummerweise hatte er das letzte Stück geschlafen und wusste also nicht, wo sie ins Tal gekommen waren und sich in die Schlaufe eingefädelt hatten. Vermutlich kurz bevor oder kurz nachdem die Wachen mit den Metalldetektoren sie angehalten hatten. Da wo der Fels mit Tüpfelfarn bewachsen war. Oder gehörte der Tüpfelfarn
zu seinem Traum? Früher oder später würde er an eine Kreuzung kommen, wo eine Straße aus dem Tal herausführte.
    Er hatte sich dieses Mal besser vorbereitet und den Rucksack für eine längere Wanderung gepackt. Sein Plan war, im Schutz der Nacht so weit wie möglich zu gehen. Wenn ein Fahrzeug sich näherte, würde er sich verstecken, bis die Luft wieder rein war. Wenn er müde wurde, würde er sich unter eine Tanne legen und sich ausruhen, vielleicht ein paar Stunden schlafen. Dann würde er seine Wanderung fortsetzen. Er würde niemanden um Hilfe bitten oder nach dem Weg fragen. Von den Dorfbewohnern hatte man nichts zu erwarten, sie waren alle irgendwie gekauft, sogar die nette Corinne. Es war geradezu lächerlich, welchen Respekt sie vor den Ärzten hatte. Er musste an alte schwedische Hüttenorte denken, wo es auch so komplizierte, doppelte Loyalitäten gab.
    Das Tal öffnete sich, er konnte

Weitere Kostenlose Bücher