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Himmelstal

Himmelstal

Titel: Himmelstal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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gereizt.
    »Natürlich«, nickte Gisela Obermann. »Mir und den Hostessen hast du die Geschichte erzählt, wie du hierher geraten bist. Würdest du sie bitte auch meinen Kollegen erzählen?«
    Daniel holte tief Luft und konzentrierte sich.
    »Wir werden dir offen und objektiv zuhören«, fügte Gisela Obermann hinzu.
    Er erzählte die Geschichte so kurz und sachlich wie möglich. Aber Gisela Obermann wollte Einzelheiten:
    »Warum wollte Max von hier weg?«
    Daniel berichtete von den Geschäften des Bruders mit der Mafia und den Drohungen gegen seine italienische Verlobte.
    »Und wie hat diese … Drohung Max erreicht?«, wollte ein Mann mit einem kurzen roten Bart wissen.
    »Er bekam einen Brief.«
    »Einen Brief? Hierher nach Himmelstal?«
    »Ja, das hat er zumindest gesagt. Irgendwie hatten sie herausbekommen, wo er war.«
    »Und wo ist dieser Brief jetzt?«, fragte der Rotbärtige.
    Niemand schaute mehr in die Unterlagen oder auf die phantastische Aussicht vor dem Fenster. Alle Blicke waren auf Daniel gerichtet.
    »Keine Ahnung. Ich nehme an, er hat ihn weggeworfen. Aber das Foto gibt es noch.«
    »Das Foto?«, fragten zwei Ärzte gleichzeitig.
    »Sie haben ein Foto mitgeschickt, von einem misshandelten Mädchen. Damit er kapierte, dass sie es ernst meinten. Es ist unten in der Hütte, wenn Sie es sehen wollen.«
    Gisela Obermann nickte ernst.
    »Max ist also aus Himmelstal abgereist und hat dich zurückgelassen?«
    »Ja.«
    »Das war nicht nett von ihm.«
    »Nein, aber so ist er. Es kann ihm natürlich auch etwas zugestoßen sein.«
    Mehrere Hände reckten sich in die Luft, aber Gisela Obermann ignorierte sie.
    »Sie haben natürlich jede Menge Fragen, aber ich würde vorschlagen, dass wir zunächst über das sprechen, was sich heute Vormittag ereignet hat. Du hast mit einem Mädchen aus dem Dorf einen Ausflug gemacht, nicht wahr? Kannst du bitte erzählen, was dann passiert ist?«
    Daniel berichtete die ganze alptraumartige Episode mit Tom und dem verletzten, gefesselten Mann am Baumstamm.
    »Du hast dich also herangeschlichen und ihn entwaffnet«, fasste Gisela Obermann zusammen. »Warum?«
    Daniel schaute sie verblüfft an.
    »Natürlich um ihn zu stoppen. Er hat einen gefesselten Mann mit Messerstichen verletzt. Er hat ihn gefoltert. Ich habe noch nie etwas so Widerwärtiges gesehen.«
    Eine ältere Frau bat ums Wort. Sie sah aus wie eine Großmutter, mit altmodischer Brille, Knoten im Nacken und einem Schal um die Schultern.
    »Hast du gewusst, wie gefährlich Tom ist?«, fragte sie leise.
    »Ich habe doch gesehen, was er mit dem Mann am Baumstamm gemacht hat. Er ist geisteskrank!«
    »Hattest du keine Angst, selbst verletzt zu werden?«, fuhr die alte Dame fort.
    »Ich hatte Todesangst.«
    Die alte Dame nickte und machte sich Notizen.
    »Kanntest du Tom?«, fragte jemand, Daniel sah nicht, wer es war.
    »Ich habe ihn tatsächlich vor ein paar Tagen getroffen, als ich eine Mitfahrgelegenheit suchte. Ich habe da schon gemerkt, dass er spinnt. Aber ich wusste nicht, dass er gewalttätig ist.«
    »Hattet ihr irgendwelche Geschäfte, du und Tom?«
    Die Frage kam von dem Mann mit dem roten Bart. Er schaute von einem dicht beschriebenen Block hoch, eifrig und fast vergnügt.
    »Geschäfte?«, sagte Daniel. »Was für Geschäfte denn?«
    »Holz. Oder etwas anderes.«
    »Nein.« Daniel musste lachen. »Mit ihm würde ich keine Geschäfte machen.«
    »Hast du Geschäfte mit André Bonnard gemacht?«, fuhr der Rotbärtige fort.
    »Mit wem?«
    »Dem gefolterten Mann«, erklärte Gisela Obermann.
    »Nein, ich habe keine Ahnung, wer er ist.«
    Der Rotbärtige schlug ein neues Blatt in seinem Block auf und fing schnell wie ein Stenograf an zu schreiben.
    Daniel schaute die Männer und Frauen am Konferenztisch an. Er hatte darauf gewartet, diese angesehenen Ärzte zu treffen, und hier waren sie nun alle auf einmal. Eine Ansammlung von Idioten.
    »Ich habe diesem Bonnard oder wie er heißt, das Leben gerettet. Aber behandelt wurde ich wie ein entlaufener Irrenhauspatient, wurde in Handschellen von Männern in Uniform hierhergebracht. Und vor ein paar Tagen wurde ich in einer Krankenabteilung eingeschlossen und wäre fast verbrannt, weil Ihr Krankenhaus miserable Sicherheitsvorkehrungen hat. Ich überlege wirklich, ob ich Anzeige erstatten soll.«
    »Einen Moment«, sagte Gisela Obermann. »Ich habe keinen Bericht über einen Brand bekommen.«
    Sie schaute fragend in die Runde.
    »Ein kleiner Vorfall bei einem Test«,

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