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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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wäre ich sicher nicht in den Rat gewählt worden. Ich war der beste Absolvent im Element Erde zu meiner Zeit. Die chaotischen Umstände wegen der Bewegung und dass ich der Sohn von Manu war, taten das Ihrige. Ich wollte hier bleiben. Ich wollte am Hebel sitzen, es besser machen, von innen heraus. Ich habe alles über Alexander und Clarissa aufgeschrieben und gesammelt, ein Tagebuch sozusagen.“
    Jerome schwieg und ließ den Blick in die Ferne schweifen. Er sah jetzt wieder angespannt aus, aber statt Schmerz und Wut war es eine grimmige Entschlossenheit, die sich seiner Gesichtszüge bemächtigte.
    „Hast du das Tagebuch noch?“, wollte ich wissen.
    Er sah mich einen Moment irritiert an, als hätte er vergessen, dass ich da war.
    „Ja, ich habe es Leo gegeben …“
    „Leo? Wieso denn Leo?“
    Jetzt klang ich bitter und konnte es nicht unterdrücken.
    „Wieso nicht?! Er interessiert sich dafür. Er ist sehr leidenschaftlich bei der Sache, was das Studium anbelangt. Er erinnert mich an mich selbst. Naja, bis auf sein Selbstbewusstsein gegenüber Mädchen. Das hätte ich früher wirklich auch gern gehabt.“
    „Er ist ein Idiot“, zischte ich verächtlich.
    „Warum? Hat er dir irgendwas getan?“
    „Nein … nicht direkt. Er ist einfach … ein arroganter Schnösel.“
    „Er sieht vielleicht ein bisschen zu gut aus. Aber er ist kein Schnösel. Lern ihn kennen!“ Jerome grinste mich vieldeutig an.
    „Und leih dir das Tagebuch von ihm. Leo hat Weisung, es niemandem zu zeigen. Aber du kannst ihm sagen, dass er bei dir eine Ausnahme machen darf.“
    Ich sah Leo und mich auf seinem roten Teppich sitzen und wie er sich plötzlich zu mir beugte. War es etwa das Tagebuch, was er hinter mir aus dem Regal holen wollte? Da standen ein paar Bücher. Dann wäre sein „Angriff“ zumindest keine Masche gewesen. Gleichzeitig hätte er etwas Verbotenes getan, wollte mich vielleicht mit einem Geheimnis beeindrucken, was dann doch wieder eine Masche gewesen wäre.
    Jerome setzte sich wieder auf den Stein gegenüber und klatschte in die Hände, wie um die Erinnerungen damit zu verscheuchen.
    „Okay, wir sollten anfangen.“
    „Ja, es wird Zeit.“
    Mich hatte ebenfalls eine undefinierbare Entschlossenheit gepackt und ließ mich, ohne zu überlegen, eine Handvoll Erde aufnehmen und in den Eingang werfen. Die Gnome antworteten mit einem ganzen Sandsturm, der aus dem Eingang stob, als wäre darin eine Bombe explodiert.
    „Kira!“, schrie Jerome erschrocken und sorgte dafür, dass der Sandregen wie eine Wand vor uns zum Stehen kam.
    „Sorry!“ Ich sprang auf und brachte es mit meiner Konzentration fertig, dass sich die Sandwand langsam und sanft auf die Erde legte wie eine Decke. Ich spürte einen unbändigen Drang, die Dinge um mich zu bezwingen, Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die Welt zu verändern, etwas zu bewegen und besser als die anderen sein.
    „Wow“, murmelte Jerome anerkennend.
    ***
    Die Sonne ging unter. Der Himmel färbte sich mit unvergleichlichen Farben. Ich dachte an die Sonne, die in Berlin gerade auf ging. Und ich dachte die ganze Zeit an Jeromes Tagebuch. Ich wollte es unbedingt lesen. Doch dazu musste ich bei Leo vorbei gehen. Und was war daran so schlimm? Dass ich mich ihm nicht gewachsen fühlte? Damit sollte jetzt Schluss sein. Jerome war auch einmal schüchtern gewesen und er hatte es komplett abgelegt, hier, in der magischen Welt. Das kleine schüchterne Mädchen in mir sollte ebenfalls Vergangenheit sein. Ich würde bei Leo klingeln und Jeromes Erlaubnis vortragen, das Tagebuch abholen zu dürfen. Wenn er mich rein bat, sagte ich nein und er holte das Tagebuch. Das ganze würde zwei bis drei Minuten dauern.
    Ich straffte mich, als ziehe mich jemand an Marionetten-Schnüren Richtung Himmel und lief schnurstracks auf die Kreuzung zu, an der der eine Weg zu Neves Haus führte und der andere zu Leo. Ich rang mit diesem dummen, schüchternen Mädchen in mir und sah zum Turmhaus hinüber. In dem Moment ging das Licht in der Küche an. Neve war zurück! Endlich. Sie war die ganze Nacht fortgeblieben und auch am Morgen noch nicht aufgetaucht. Wahrscheinlich hatte sie Tim getroffen. Ich musste sofort zu ihr. Das Tagebuch konnte warten. Ich war erleichtert, weil die eine Aufregung von mir abließ, dafür packte mich eine neue und ich spürte ein Flirren im ganzen Körper. Ich hatte Angst davor, was Neve berichten würde. Angst vor der Enttäuschung, wenn sie ihn doch nicht getroffen hatte, Angst vor zu

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