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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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immerzu alles Mögliche, um jeglichen Jungen von mir fernzuhalten, der mir was bedeutete? Weil sie selber kein Interesse verspürte, sich zu verlieben? Oder weil sie es nicht konnte? Weil sie viel zu blockiert dafür war, viel zu engelsrein ? So ging das nicht weiter. Ich musste unbedingt ein ernstes Wort mit ihr reden. Tim streichelte wieder meine Hand.
    „Und warum hast du mir diesen Blödsinn mit Indien geschrieben?“
    Ich erklärte ihm, wie die Regeln hier waren, dass ich das schreiben musste, um ihn zu schützen, weil es lebensgefährlich war, mich zu suchen. Mir wurde erneut klar, was für ein unerhörtes Glück es bedeutete, dass Tim noch lebte und jetzt vor mir saß.
    „Wie um alles in der Welt hast du es angestellt, hierher zu kommen? Du hättest tot sein können!“
    Tim erzählte mir, dass er von Anfang an überzeugt war, dass etwas Seltsames vor sich ging. Er hatte Luisa besucht, um mehr heraus zu bekommen.
    „Zuerst war Luisa sicher, dass du bald auftauchen würdest, bei ihr oder bei mir. Dann kamen deine Mails. Luisas Vater schluckte die Indien-Geschichte sofort. Er hatte in seiner Jugend das Gleiche getan, nur dass er nach Afrika abgehauen war. Luisa glaubte dasselbe, machte sich aber große Sorgen, ob du das alles durchstehen würdest in deinem Zustand. Erst beim Abschied in der Tür kamen wir auf die Geschichte mit Atropa und dem See. In dem Moment wusste ich, wo ich suchen musste. Etwas Paranormales war im Spiel. Ich hatte so viel gelesen, dein Verhalten, vieles passte zusammen. Aber ich durfte mir nicht anmerken lassen, dass ich so dachte, um nicht ebenfalls als verrückt abgestempelt zu werden. Du weißt, schließlich bin ich das Kind meiner Mutter.“
    Tim erzählte, wie er am nächsten Tag die Schule schwänzte und den unterirdischen See fand. In derselben Nacht suchte er den See ein zweites Mal auf, diesmal mit Taucherausrüstung. Er kam sich verrückt vor, aber er hatte in einem ziemlich kryptischen und schlecht geschriebenen Roman, den er irgendwann in einem Antiquariat für zehn Cent aufgetrieben hatte, gelesen, dass man die Durchgänge in die andere Welt finden muss.
    „Du bist völlig verrückt!“, kommentierte ich.
    „Bin ich nicht!“, wehrte sich Tim. Wir lächelten uns an. Das war wirklich alles komplett verrückt und gleichzeitig völlig real.
    „Und dann?“, fragte ich.
    „Dann? Nichts. Ich bin getaucht … und irgendwie ohnmächtig geworden. Später hat mich Kim, der Engel mit ein paar deftigen Ohrfeigen zurück ins Leben gerufen. Ich lag am Ufer in einem Meer aus Blüten und dachte, es wäre der Himmel … oder die Hölle, weil ich von einer komplett in schwarz gekleideten Gestalt geschlagen wurde.“
    Ich musste lachen. Wie Kim mit den Neuankömmlingen umging, konnte ich mir bildhaft vorstellen. Da hatte ich mit der sanften Neve wohl mehr Glück gehabt. Tim erzählte von den stundenlangen Gesprächen mit den Mitgliedern des Rates. Ich berichtete Tim meine ganze bisherige Geschichte. Er hörte gespannt zu und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf.
    „Immerhin bin ich jetzt so weit, meine Kräfte im Zaum zu halten. Du musst keine Verbrennungen mehr befürchten.“ Tim lächelte mich an und gab mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Dann lagen einige Minuten einfach nur eng umschlungen und schweigend da. Es war, als wären wir schon ewig zusammen, als wäre es nie anders gewesen. Es fühlte sich so vertraut an und so erlösend. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass ich Tim erst so kurze Zeit kannte.
    Ich erzählte ihm, dass ich mit Hilfe von Ranja in den Grünen Raum gelangt war, und dass niemand etwas davon erfahren durfte. Tim schwor mir, dass er nichts verheimlichte. Alles war so, wie er es erzählt hatte. Ich offenbarte ihm, was sie mit ihm vorhatten. Tim hatte bisher nicht die leiseste Ahnung gehabt. Er wollte weder mich vergessen, noch die magische Welt. Er war entsetzt. Wir mussten einen Weg finden, um zu flüchten, auch wenn das angeblich unmöglich war. Ich war fest entschlossen. Ich hatte besondere Kräfte, mehr als jeder vermutete. Irgendwas musste damit doch anzufangen sein!
    ***
    Wir besaßen keine Uhr. Aber die Sterne schienen nacheinander zu verlöschen. Auch das Licht der illuminierenden Wiese schwächte sich ab und es wurde immer dunkler. Das hieß, wir hatten höchstens noch eine Stunde Zeit. Dann würde Ranja wieder hier sein. Vielleicht war es auch nur noch eine halbe Stunde. Tim knipste eine kleine Stehlampe an, die auf der Anrichte stand. Ich

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