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Himmelstiefe

Himmelstiefe

Titel: Himmelstiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne Unruh
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haben wollte, und roch auf einmal einen leicht brenzligen Geruch.
    Neve starrte mich an, erst besorgt, dann fasziniert. Zwei drei andere Leute, die gerade aus dem Gebäude kamen, verlangsamten ihren Schritt und glotzten. Ich wedelte mit den Händen die Rauchschwaden weg, die vor meiner Nase aufstiegen. Dann hatte ich wieder klare Sicht. Neve befühlte den Stoff meines Oberteils.
    „Du hast dich selbst getrocknet. Cool!“
    „Coole Fähigkeit!“ Ein Typ ragte vor mir auf, mit pechschwarzem Haar, breiten Schultern und einem intensiven Blick aus dunkelgrünen Augen, der mit Sicherheit Holz spalten konnte.
    „Cooler Look“, schob er hinterher und ließ mich einfach nicht los mit seinen Augen. Ich spürte, wie mir jetzt nicht mehr unnormale Feuerhitze, sondern ganz normale Röte ins Gesicht stieg. Er machte sich eindeutig lustig über mich. Wie konnte Neve mich in dem Aufzug nur auf einen Campus schleifen?
    „Steht deinem Aufzug vor einem halben Jahr in Gummistiefeln und Unterhosen ja wohl in nichts nach, nichtwahr Leo?!“, wies Neve den Typen zurecht. Ich stellte ihn mir in karierten Shorts und grünen Gummistiefeln vor und musste grinsen.
    „Schon gut, schon gut!“ Er machte eine abwehrende Geste mit den Händen. Dann grinste er mich wieder an.
    „Bis bald mal, zur Pyjamaparty!“ Er zwinkerte mir zu, nahm die zwei Treppen mit einem Schritt und verschwand in der Drehtür. Meine Suche nach Worten, ihm was entgegen zu schleudern, dauerte zu lange.
    „Das war Leonard, der Obermacho der gesamten Akademie. Element Feuer. Versucht dauernd, jemanden abzuschleppen. Nur so als Vorwarnung“, erklärte mir Neve.
    Schule und Abschleppen. Das klang so gewöhnlich wie Zuhause, inklusive des Umstandes, dass Obermachos die Sorte Typ waren, die sich grundsätzlich über mich lustig machten. Zuhause, die Schule, Luisa, Tim … Alle stürmten auf einmal in meine Erinnerung. Und ich fühlte mich so weit weg, als würde ich sie alle nie wiedersehen. War das so? War das denn so? Ich dachte an Atropa. Ohne sie wäre ich nicht hier. Luisa hatte mich vor ihr gewarnt. Das Internet war voller Gefahren. War sie vielleicht eine Internetmörderin?
    „Ich will nach Hause“, flüsterte ich und drückte meine Hände gegen den Kopf, als wäre er eine Zitrone, doch nichts Brauchbares kam heraus. Neve packte mich an den Gelenken und befreite meinen armen Kopf.
    „Für alle ist es am Anfang verwirrend, aber das geht vorbei. Erst mal was anderes anziehen?“
    „Nein“, antwortete ich bockig. Der Pyjama war jetzt auch egal.
    „Ich will sofort zu diesem Rat, ich muss wissen, was los ist.“
    „Okay, ich bringe dich. Dort wird sich alles aufklären und dann geht es dir besser, versprochen“, versuchte Neve mich mit sanfter Stimme zu beruhigen. Ich nickte und wischte mir verstohlen eine Träne von der Wange. Dann folgte ich ihr, hilflos und brav wie ein Küken seiner Mutter.
     
    Der Hain war nichts weiter als eine grasbewachsene Lichtung hinter der Akademie, umstanden von großen schlanken Birken. Nur, dass diese Birken viel größer waren als gewöhnliche Birken. Und dass ihre silbrigen Blätter hier durch und durch aus Silber zu sein schienen. Ja, dieser Ort war eine Übersteigerung der realen Welt, als hätte jemand eine Lupe draufgehalten und die Farben intensiviert. Das Gelb war gelber, das Blau blauer und das Rot röter.
    In der Mitte der Lichtung, in circa zwanzig Meter Entfernung, saßen fünf Gestalten auf grob gehauenen Felsblöcken um eine Feuerstelle. Die Szene wirkte wie aus der Steinzeit. Sie sahen alle recht menschlich aus. Ich beruhigte mich ein wenig. Ich hatte mir einen strengen Gerichtssaal vorgestellt, aber das war es schon mal nicht. Trotzdem ging vom Kreis dieser Leute eine starke Energie aus, etwas Einschüchterndes, was dem steinzeitlichen Eindruck wiedersprach.
    „Da ist sie“, sagte jemand. Alle Gesichter wandten sich zu mir. Kleine blaue Flammen loderten von der Feuerstelle auf.
    „Ich muss dich jetzt allein lassen“, flüsterte Neve und blieb stehen. Ich blieb auch stehen.
    „Warum kommst du nicht mit?“
    Ich wollte nicht ohne sie weiter.
    „Ich gehöre nicht zum Rat.“
    Sie schob mich sanft in Richtung des Rates.
    „Geh … ich warte am Rand unter den Bäumen.“
    ***
    Jerome winkte mich heran und wies mir den letzten freien Felsblock in der Runde zu. Ich setzte mich und suchte mit meinem Blick Halt an meinen Fußspitzen. Ich kam mir vor wie vor einer Prüfungskommission. Ich musste an die

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