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Himmelsvolk

Himmelsvolk

Titel: Himmelsvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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strahlenden Höhe her verscheucht, wie glücklich bin ich, daß ich dich sehe.«
    Und er legte seine schimmernden Arme um den Hals des Vogels und barg sein goldhaariges Haupt an der Brust der Lerche. Dabei brach er in ein so leidenschaftliches Schluchzen der Freude aus, als sei ihm das größte Glück widerfahren, das nur immer einem Elfen auf der Erde begegnen kann.
    »Ja, Herrgott,« sagte die Bachstelze leise und kraute sich betroffen im Nacken, »das muß mir passieren, also gerade mir ...« Aber sie sollte noch ganz andere Dinge erfahren.
    »Ich liebe dich, du schöner Vogel«, sagte der Elf zur Lerche, und sein Lächeln, das durch die Tränen brach, war voll heißen Danks. »Du bist es gewesen, die mich getröstet hat, als ich im Morgenrot den Weg in meine Heimat nicht fand, durch dein Lied ist der Glaube in mein Herz zurückgekehrt, daß ich ihn einst wiederfinden würde. Ich sah den Menschen, der sein Tagewerk auf dem Acker begann, wie er seine Augen gläubig zu dir emporhob, dein Jubel segnete seine Arbeit und begleitete sein Gebet in die Regionen der Herrlichkeit Gottes empor. So fällt dein Gesang mit dem Tau durch die Frische zu uns Irdischen nieder, von deiner Freude klingt die Morgenluft, die das Gemüt von den Schatten der Nacht erlöst. Ich segne dich, du Verkündigerin des Lichts, ich danke dir aus Herzensgrund.«
    »Aber bitte,« sagte die Lerche, beschämt vom Glück des Elfen, »Sie sind wirklich sehr freundlich zu mir. Ich tue ja nur, was ich muß, ich kann nicht anders.«
    »Ich weiß es,« antwortete der Elf, »aber mein Herz muß lieben, alles was berufen ist, die Schönheit der Welt in ihrem Sinn zu offenbaren, ich lobe den Schöpfer, wenn ich dich lobe, du kleiner Vogel.«
    Jetzt war Onna, die Bachstelze, doch gerührt; sie trat ein wenig vor und meinte:
    »Man hätte das gar nicht gedacht, daß die Lerche so viel bedeutet, wenigstens ich nicht. Wie sie da so saß, im Gras ... unerfahrene Leute hätten sie für einen Spatzen gehalten. Aber, es ist ja wahr, sie jubelt morgens.«
    Der Elf lächelte auf so holdselige Art, wie nur er lächeln konnte, und Onna sagte sich darauf innerlich: Mein Irrtum kann so schlimm nicht gewesen sein, sonst würde der Elf nicht lächeln. Da sagte er zu ihr:
    »Eine Lerche kann sich im Gras nicht bewähren, so wenig wie ein Falke im Käfig, oder wie eine Blume im Schatten. Wenn du die Wesen der Schöpfung, wie auch den Menschen, erkennen willst, so mußt du sie in ihrer Freiheit aufsuchen. Die Lerche fliegt höher als alle anderen Vögel, nur die Adler schwingen sich soweit empor wie sie, und nur im Fliegen vermag sie zu singen. So ist sie uns von Gott zur frohen Botschaft der Hoffnung gesetzt, die, früher als die Sonne, die Seligkeit am neuen Tag verkündet.«
    »Alle Achtung,« meinte Onna, »ich brächte das nicht fertig, aber ich habe es nicht schlimm gemeint vorhin. Wer glaubt aber auch ohne weiteres, daß ein so kleiner Vogel höher fliegen kann als die Falken? Sie soll sich denn also ruhig hier ansiedeln, die Lerche.«
    »Das tut sie nicht, sie wohnt im Korn«, meinte der Elf, und die Lerche nickte und breitete ihre Flügel aus. Aber sie konnte sich noch nicht vom Elfen trennen, immer mußte sie ihn ansehen, als würde alles in der Welt reich und gut durch seine Nähe.
    »Wenn du einst heimfliegst, will ich singen«, sagte sie endlich, und sie nahmen voneinander Abschied; auch Onna wippte höflich und winkte der Lerche nach, die mit einem hellen Triller der aufgegangenen Sonne entgegenflog.
    Da der Elf den Bach hinaufschritt, um Assap, den Frosch zu besuchen, der schwer mit dem Leben zu kämpfen hatte, blieb Onna zurück, um nachzudenken. So rasch wird man innerlich nicht mit einem Ereignis fertig, das das Herz bewegt hat, man beschäftigt sich am besten noch eine Weile damit, dann wird das Gemüt ruhiger.
    Aber als die Bachstelze gefrühstückt und ihr Bad im Bach genommen hatte, vergaß sie darüber nachzudenken, auch trug sie kein Verlangen mehr nach anderen Dingen, als im Glanz der warmen Sonne am Wasser zu sitzen und überall umher zuzuschauen, wie schön das Leben war.

Zehntes Kapitel
Assap und Jen

    Da nun von Assap, dem Frosch, die Rede gewesen ist, den der Elf besuchte, will ich seine und die Geschichte seines Bruders erzählen, es ist immer gut, man weiß etwas Näheres über die Leute, mit denen man in Berührung kommt.
    Assap war durchaus nicht etwa auf der Waldwiese geboren, sondern viel weiter abwärts im Bach, dicht vor seiner Einmündung

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