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Himmelsvolk

Himmelsvolk

Titel: Himmelsvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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Mondlicht. Alles war fremdartig und unheimlich, und an Schlaf war unter diesen Umständen kaum zu denken. Einmal kam, gegen Mitternacht, eine Maus auf dem Fensterbrett daher, sie sah durch das Glas, schien aber niemand zu erkennen und entfernte sich dann rasch wieder, weil sie unten, in der Dunkelheit, gerufen wurde.
    Kurze Zeit darauf mußte der kleine Jen doch aus Erschöpfung eingenickt sein und lange geschlafen haben, denn als er erwachte, war es heller Tag, und draußen funkelte der Sonnenschein im Grünen. Der Knabe, der ihn gefangen hatte, kam nach einer Weile und schaute neugierig durch das Glas, wobei er seine Nase so dicht an die Wand des Kerkers drückte, daß sie an der Spitze glatt und rund wurde. Er öffnete den Deckel und nahm Jen heraus, legte ihn auf ein weißes Tuch, das er über ihm zusammenschlug, und dann rieb er ihn von allen Seiten, um ihn abzutrocknen. Jen ging der Atem aus, er glaubte jeden Augenblick zu ersticken. Hierauf wurde das Tuch wieder geöffnet, und der Knabe rührte mit der einen Hand Farbe in einem kleinen Topf an, mit der anderen hielt er Jen fest und begann dann ihn grün anzustreichen, denn er wollte einen Laubfrosch aus ihm machen, der das Wetter ansagen sollte.
    Jen kamen Tränen in die Augen, es war ihm unbegreiflich, weshalb dies geschah, und zu seinem Schrecken sah er zuerst seinen schönen hellen Bauch und dann auch den braunen Rücken und sein Gesicht über und über grün werden. Man kann sich nichts Peinlicheres denken. Alle Anzeichen, die Jen gab, um kundzutun, daß er dagegen war, wurden mißverstanden, der Knabe pinselte eifrig weiter und lachte vor Vergnügen, als Jen bald darauf als ein grüner Frosch auf dem Tisch umhersprang und überall Flecken zurückließ, wo er gesessen hatte.
    Jen selbst war so verwirrt, daß ihm kein vernünftiger Gedanke mehr kam. Er wurde wieder in seinen Käfig gesetzt, der nur noch wenig Wasser enthielt, oben auf die Spitze einer kleinen Holzleiter, dort sollte er trocknen, auch gehörte es sich sowieso, daß er oben saß, denn das Wetter war schön, und dann muß ein Laubfrosch oben sitzen und nicht unten im Wasser. Jen galt nun als Laubfrosch und sollte die Verpflichtung übernehmen, die man von solchem Tier erwartet.
    Trauriger kann das Leben nicht mehr werden, dachte er und wünschte sich, sterben zu dürfen. In diesem Aufzug konnte er sich ohnehin nicht mehr bei seinen Verwandten sehen lassen, und was würde Assap sagen?
    Als er sich nach einer Weile allein sah, stieg er gedankenvoll und betrübt die Leiter nieder, um sich im Wasser etwas abzukühlen, denn die Sonnenstrahlen fielen heiß in seinen Kerker, und die Farbe brannte auf der Haut. Aber kaum war er untergetaucht, als er gewahr wurde, daß das Wasser sich langsam grün zu färben begann, während sein Körper wieder die alten Farben annahm. Jen glaubte, alles umher sei verzaubert, und von Angst getrieben, kroch er rasch wieder die Leiter empor und sah erstaunt auf das grüne Wasser nieder. Der alte Burr aus dem heimatlichen Bach mußte doch im Recht gewesen sein, wenn er früher oft gesagt hatte: »Hütet euch vor dem Menschen, er ist ein großer Zauberer.«
    Das Schicksal des kleinen Jen geht nun unendlich traurig zu Ende, denn er ist von den Menschen vergessen worden und hat vor Hunger sterben müssen. Es kam daher, daß der Knabe, der ihn gefangen hatte, mit seinem Schwesterchen in die Ferien reiste, und da gab es so vielerlei zu sehen und zu erleben, daß beide nicht mehr an Jen dachten, der in seinem Glaskäfig auf der Fensterbank der Veranda stand. Sie hatten nicht einmal gewußt, wie er hieß.
    Jen starb, nachdem er drei Tage und drei Nächte vergeblich auf Hilfe gewartet hatte. Es war eine sehr schwere Zeit für Assaps kleinen Bruder, und es ist nur gut, daß man im Traulenbach nichts von seinem Geschick erfahren hat. Nun ist ein Jahr darüber vergangen. In seinen letzten Lebensstunden mußte Jen oft an das klare Wasser des Bachs seiner Heimat denken und an die wilden Rosen, die über der Flut hingen. Mit solchen Gedanken schlief er eines Abends vor Schwäche ein und erwachte nicht mehr. Es war am vierzehnten August.

Elftes Kapitel
Ukus Nacht mit dem Elfen

    In der Nacht, die den letzten Ereignissen auf der Waldwiese folgte, fand der Blumenelf auf seinem Mooslager keinen Schlaf; er sah hinaus in den Mondschein, der dicht vor dem Ausgang seiner kleinen Höhle glitzerte, und ihn verlangte danach, in die Freiheit hinauszukommen und in das Land zu schauen. So flog er

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