Himmlisch verliebt
hatte Elias bestimmt vier Wochen lang nicht gesehen. Das tat irgendwie weh. Was hatte sich in der Zwischenzeit ereignet? War er jetzt mit Merle zusammen? Und wie war das mit dem Computerspiel weitergegangen? Diesem mysteriösen Spiel, in dem ein Mädchen die Hauptperson war, die Merle so ähnlich sah.
Elias kroch langsam aus dem Bett und streckte sich. Er trug bunte Boxershorts und ein weißes T-Shirt. „Starr mich nicht so an, Lilith!“, sagte er. „Ich weiß, dass ich gut aussehe.“
Erschrocken senkte Lilith den Blick. Dann fiel ihr ein, dass Elias ja überhaupt nicht wissen konnte, ob sie ihn nun angeschaut hatte oder nicht. Er vermutete es einfach nur. Sie musste, verdammt noch mal, einfach kapieren, dass er die ganze Zeit über mit ihr redete. Das war in der Tat ziemlich gewöhnungsbedürftig.
„Hör zu, Lilith“, redete Elias weiter. „Ich geh mal aufs Klo und springe unter die Dusche. Du als Frau solltest mich da lieber nicht bewachen. Ich schreie laut, wenn ich ausrutsche oder sonstige Probleme habe.“ Während er redete, ging er zum Computer hinüber und schaltete ihn an. „Wenn du willst, kannst du in der Zwischenzeit gerne ein bisschen spielen. Ich bin bei Spiritworld schon viel weiter gekommen. Jetzt bin ich in einer Gruppe. Die anderen helfen mir, meine Schwester zu finden. Ich werde ausgebildet, lerne Schwertkampf und solche Sachen. Ist total geil.“ Er grinste. „Pass aber auf, dass keine meiner Figuren stirbt.“ Und damit ging er aus dem Zimmer.
Lilith hörte, wie die Dusche lief. Gleichzeitig startete nun die Eingangsmelodie des Computerspiels, die Lilith schon so oft gehört hatte. Dann lief das Intro. Lilith trat dichter an den Computer heran und starrte auf den Bildschirm. Da war wieder dieser kleine Junge mit dem Teddy, der sich hinter der Mauer versteckte. Und nun tauchten auch die beiden finsteren Gestalten auf, die sich völlig in Schwarz gehüllt hatten. Das war richtig unheimlich.
Als Elias ins Zimmer zurückkam, trug er lediglich Boxershorts. Mit einem Handtuch rubbelte er sich die letzten Wassertropfen vom Rücken. Gleichzeitig fischte er mit den Zehen nach seinen Jeans, griff sie und zog sie an.
Lilith wusste nicht so recht, ob sie zu Elias oder zum Monitor blicken sollte. Aber gerade jetzt wiederholte sich die Szene, in der die schwarzen Gestalten aus dem Haus kamen. Sie stießen das Mädchen vor sich her, hielten ihm dabei den Mund zu und versuchten, seine Schreie auf die Weise zu ersticken.
Elias zum ging Computer hinüber und stoppte das Spiel. „Weißt du noch, Lilith?“, sagte er dann. „Das Mädchen sieht aus wie die Merle aus meiner Klasse. Findest du nicht?“ Er vergrößerte das Bild. „Als du das letzte Mal hier bei mir warst, haben wir darüber geredet, erinnerst du dich?“
Lilith wusste nicht, was sie machen sollte. Natürlich erinnerte sie sich. Sie erinnerte sich an jedes Detail dieses Tages. Elias hatte damals genauso auf dieses Bild gestarrt. Er hatte sie dann um Rat gefragt. Das war ihr Erdenende gewesen – jedenfalls für eine lange Zeit. Seraphin hatte sie danach zu den Geistwesen zurückgeholt. Das durfte ihr nun nicht mehr passieren.
„Ich weiß, du darfst nichts dazu sagen“, rief Elias nun unglücklich. „Aber ich würde zu gerne deinen Rat hören. Wieso ist Merle hier im Spiel? Und wieso fühle ich mich so für sie verantwortlich? Es kommt mir fast so vor, als wenn ich ihr Bruder wäre.“ Er ließ das Intro an den Anfang zurück laufen. Dann vergrößerte er das Bild des kleinen Jungen, der sich ängstlich mit seinem Teddy hinter der Mauer versteckte. „Der Typ sieht jedenfalls nicht so aus wie ich“, murmelte er. Dann drehte er sich um, schlüpfte in seine Strümpfe und sein T-Shirt und wandte sich wieder Lilith zu. „Komm, Lilith“, sagte er. „Lass uns erst mal frühstücken.“
Er ging in die Küche und füllte sich Cornflakes in ein Schälchen. Es war wie jeden Morgen: Elias saß dort und löffelte schlürfend Milch und Cornies, gleichzeitig kaute und redete er.
„Du hast gesagt, es wäre eine seltsame Gestalt hinter Merle aufgetaucht. Erinnerst du dich, Lilith?“
Lilith lehnte am Küchentisch und hörte zu.
„Verdammt, Lilith, ich hasse das, wenn ich mit dir rede und gar nicht weiß, ob du da bist und mir zuhörst. Vielleicht hast du dich ja in mein Bett gelegt und schläfst noch.“ Elias sah nervös in der Küche umher. „Oder hat dich dieser Obermacker etwa schon wieder abgezogen?“
Jetzt schien Elias ein
Weitere Kostenlose Bücher