Himmlisch verliebt
bisschen in Panik zu geraten. Lilith beobachtete sein Verhalten mit Sorge. Er durfte nicht wieder unsicher werden. Sie überlegte einen Moment lang. Seraphin hatte sie gebeten, sich nicht in das Leben ihres Schützlings einzumischen. Aber wenn es ihn beruhigte, sollte sie sich immer mal wieder zeigen. Das hatte er ihr erlaubt. Der Moment war wahrscheinlich jetzt gekommen. Lilith konzentrierte sich, atmete vorsichtig ein und aus, ließ Wärme durch ihren Körper strömen.
Elias starrte zu ihr hinüber. Dann legte er den Löffel auf den Tisch und stand hastig auf. „Du bist da!“ Er ging auf sie zu und berührte sie kurz.
Lilith streichelte sein Gesicht. Das genügte. Sie zwang sich langsam wieder abzutauchen. Das fiel ihr immer noch schwer, aber es musste sein. Und irgendwann würde sie sich daran gewöhnt haben. Für Elias war es auf alle Fälle ein ganz besonderes Erlebnis. Er stand immer noch vor ihr und strahlte sie an. Dann streichelte er die Stelle, an der er ihren Kopf vermutete. Lilith blieb stehen und spürte seine Hände. Das war ein verdammt schönes Gefühl.
„Ist hier dein Mund?“, fragte Elias nun und streichelte mit seinem Daumen über eine Stelle.
Da war er zwar nicht, aber Lilith beeilte sich, ihren Mund genau an diese Stelle zu schieben, an der sich seine Daumen befanden. Nun beugte Elias sich vor und küsste sie. Sein Mund traf ziemlich genau ihren. Lilith musste lächeln. Es war eine witzige Idee, sich auf die Weise zum Küssen zu verabreden. Hoffentlich spürte er auch, dass sie ihn küsste.
Und tatsächlich sah Elias danach sehr glücklich aus. „Danke“, murmelte er. Dann kehrte er zum Frühstückstisch zurück und setzte sich. Nachdenklich löffelte er weiter an seinen Cornflakes herum. „Hältst du es für gut, wenn ich Merle besuche und ihr von diesem Spiel erzähle?“, fragte Elias dann. Natürlich ging er davon aus, dass Lilith nicht antwortete. Sie hätte sowieso nicht gewusst, was sie sagen sollte. „Also gut“, erwiderte Elias dann. „Machen wir es so.“
Eine Stunde später stand Elias mit Lilith im Schlepptau vor der Wohnung, in der Merle mit ihren Eltern wohnte. Elias war offensichtlich schon einmal dort gewesen, denn er kannte die Adresse und wusste, dass er auf die Klingel mit dem Namen „Schulz“ zu drücken hatte.
Auch die Frau, die nun die Haustür öffnete, erkannte ihn. „Elias!“, rief sie. „Bist du mit Merle verabredet?“
„Nö“, murmelte Elias. „Ich dachte nur, wäre ganz nett, wenn wir uns mal wieder treffen.“
„Das wäre schön“, freute sich die Mutter, und sie schien es ernst zu meinen. „Du warst so lange nicht mehr da. Und ich glaube, Merle war richtig traurig darüber.“
„Ich hatte `ne Menge mit der Schule zu tun“, brummte Elias.
Aber Lilith konnte ihm ansehen, dass er log. Computer gespielt und die Schule geschwänzt, dachte sie grinsend.
Merles Mutter sah auf die Uhr. „Merle ist ins Krankenhaus gegangen. Aber ich denke mal, dass sie bald wieder kommen wird. Sie bleibt meist nicht länger als eine Stunde.“
„Ins Krankenhaus?“ Nun war Elias doch überrascht.
„Ach, weißt du das gar nicht?“ Merles Mutter sprach nun ganz langsam. Sie sah niemanden an. „Alina, unsere kleine Tochter, liegt im Krankenhaus. Zwei Monate schon. Wir gehen eigentlich jeden Tag zu ihr.“
„Nein, das wusste ich nicht“, entgegnete Elias ein bisschen betroffen. „Das hat Merle nie erzählt.“
„Ja, so spielt das Leben manchmal.“
Lilith fiel erst jetzt auf, wie unglücklich diese Frau Schulz aussah. Ihr Gesicht war ganz grau und die Augen lagen in tiefen Höhlen. Wie ein Mensch, der schon eine ganze Weile in Trauer lebt.
„Ich gehe Merle mal entgegen“, überlegte Elias laut. „Sie ist sicherlich die Hauptstraße entlang gegangen.“
Frau Schulz nickte. „Eigentlich kannst du sie nicht verfehlen.“
Elias verabschiedete sich. Dann ging er langsam die Straße entlang, die zum Krankenhaus führte. Lilith begleitete ihn.
„Seltsam, dass sie mir noch nie von ihrer Schwester erzählt hat“, wandte sich Elias an Lilith. „Zwei Monate? Das ist ja wirklich eine lange Zeit.“
Das fand Lilith auch. Und irgendwie klang es düster und bedrückend.
Da kam ihnen Merle auch schon entgegen. Mit dem schwarzen Anorak und der Mütze tief ins Gesicht gezogen erinnerte sie ein bisschen an Elias, wenn er Computer spielte.
„Merle!“ Elias ging auf sie zu. „Hallo.“ Er umarmte sie kurz.
Merle sah erstaunt aus, aber sie lächelte,
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