Himmlisch verliebt
ihre Mutter saßen an Alinas Bett. Merle hielt die Hand ihrer Schwester, die Mutter streichelte ihr Gesicht. Am Ende des Bettes stand ein Mann, der sicherlich Alinas Vater war. Und am Kopf des kleinen Mädchens, zwischen Bett und Wand hatten sich diese dunklen Schatten platziert und beobachteten sie Szene interessiert. Es sah aus, als warteten sie auf Alinas Tod.
Lilith war überrascht, dass sie die dunkeln Gestalten so klar wahrnehmen konnte. Sie waren noch jung. Nicht älter als sie selbst. Beide hatten pechschwarze Haare und dunkle Augen. Das Mädchen hatte ein schwarzes Zeichen um das linke Auge herum. Wie ein Schriftzeichen sah es aus. Die beiden Gestalten schienen Seraphin und Lilith ebenfalls wahrzunehmen. Sie drehten sich zu ihnen um. Ihre Gesichter sahen erschrocken aus.
„Los!“, rief Seraphin Lilith zu. Und auch das schienen die Gestalten hören zu können.
Lilith zögerte keine Sekunde: Sie legte sich zu Alina auf das Bett, schlang ihre Arme um sie und drückte sich ganz fest an sie. Alinas Körper war kalt. Und doch spürte Lilith, wie sie atmete und ihr Herz schlug. Der Atem wurde zwar durch die Maschine in Gang gehalten, aber sie lebte. Lilith legte ihren Körper ganz um Alina herum, spürte, wie sie eins wurde mit der Person im Krankenbett. Und dann tauchte sie durch sie hindurch.
Nur einen Augenblick später stand Lilith vor einer großen mittelalterlichen Burg. Sie erinnerte sich, dass sie diese Burg schon von außen gesehen hatte – in Elias’ Spiel. Lilith drehte sich um. Hinter ihr sah sie den Brunnen, an dem der alte Mann gewesen war, der Elias Spielfigur den Tipp mit der Burg gegeben hatte. Jetzt allerdings war er nicht mehr da.
Es war merkwürdig, in diesem Spiel zu sein. Es roch hier so anders, als in Elias’ Zimmer, nach Rauch und feuchter Erde. Die Luft war kühl, und es wehte ein leichter Wind. Lilith fröstelte. Sie war barfuß, und das Kleid, das sie trug, war aus dünnem Baumwollstoff.
Schnell lief sie den Weg entlang, der auf die Burg zuführte. Da tauchte die Zugbrücke vor ihr auf, die Elias als Spielfigur überquert hatte. Und nun kamen die beiden Wächter auf sie zu.
„Das Kennwort!“, forderten sie.
Verdammt! Lilith erinnerte sich, dass Elias an dieser Stelle sein Schwert gezogen und den Wärtern eins übergebraten hatte. Aber sie hatte kein Schwert.
„Ich bin die neue Küchenmagd“, log sie schnell.
Die Wärter lachten. „Immer willkommen, holdes Mädchen“, spotteten sie. „Um eine gute Mahlzeit wollen wir nicht streiten.“
War das alles? Ja, das war alles. Lilith nickte hastig und rannte an ihnen vorbei auf die Burg zu. Dann öffnete sie die schwere Eichentür.
Ob Elias inzwischen wohl aus dem Krankenhaus zurück zu sich nach Hause gekehrt war? Gleich würde sie im Keller bei den fliegenden Kreaturen ankommen und dann mussten sie unbedingt zusammenarbeiten, um die Gargoyles zu besiegen, Elias vom Computer aus, Lilith in diesem verdammten Spiel.
Plötzlich hörte Lilith Schritte auf sie zukommen. Gehetzt sah sie sich nach einem Versteck um. Ihr Blick fiel auf die Truhe in der Ecke. Die konnte ihre Rettung sein. Sie öffnete den Deckel, der leise wie eine alte Schiffsplanke knarrte. In der Truhe befanden sich Decken und Mehlsäcke. Lilith schob sie schnell zur Seite, kroch dazwischen und schloss den Deckel wieder. Nun hörte sie Schritte direkt neben sich. Genau vor der Truhe hielten sie an. Lilith wagte nicht zu atmen.
Endlich. Die Schritte gingen weiter. Als sie nicht mehr zu hören waren, hob Lilith den Deckel ein kleines Stück an. Sie sah eine dunkle Gestalt am Ende des Ganges, die eine Fackel trug. Sie hatte ihr den Rücken zugewandt, doch im Schein des Feuers konnte Lilith erkennen, dass sie pechschwarze schulterlange Haare hatte. Ob das die Figur war, die bei Alina am Bett gestanden hatte? War sie ihr gefolgt? Aber wie konnte sie in das Spiel gelangen?
Das war alles so unheimlich! War es wirklich möglich, dass ein Zusammenhang zwischen Alinas Gesundheit und dem Spiel bestand? Das konnte Lilith sich kaum vorstellen. Ein Spiel war ein Spiel. Es konnte doch nicht in die Wirklichkeit hineinreichen. Grübelnd hockte Lilith in der Truhe und wartete, bis die Gestalt mit der Fackel verschwunden war. Dann hob sie vorsichtig den Deckel und kletterte hinaus. Nervös sah sie sich nach allen Seiten um. Elias’ Spielfigur war einen langen Gang entlang und dann in den Keller hinuntergelaufen. Ob das hier der Weg zum Keller war? Lilith zögerte. Schließlich
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