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Himmlische Leidenschaft

Titel: Himmlische Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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oder Lehrer. Er könnte über das Meer fahren und Königen begegnen. Er könnte alles werden!«
    »Will er das?«
    »Wie kann Conner in seinem jugendlichen Alter wissen, was er will?« gab sie mit erregter Stimme zurück. »Alles, was er bisher kennengelernt hat, ist dieser enge Canyon. Wenn er sich in der Welt umgesehen hat und zu der Entscheidung gelangt, daß er wieder hierher zurückkehren will, gut und schön. Aber so wahr mir Gott helfe, mein Bruder wird die Chance haben, sich umzusehen!«
    Da Sarah noch immer dicht neben ihm stand und ihn stützte, konnte Case die Anspannung in ihrem Körper vibrieren fühlen. Sie war wie ein viel zu fest angezogener Draht, der vor Spannung summte.
    Drähte, die derart straff gespannt waren, hatten die Neigung, zu zerreißen. »Ruhig, Kleine, ganz ruhig«, murmelte er, während er sie an den Schultern zu sich herumdrehte. »Diese letzten zehn Tage sind einfach eine zu große Belastung für Sie gewesen.«
    »Vergessen Sie die letzten zehn Tage! Ich will doch nur ... ich möchte einfach ...«
    Ihre letzten bruchstückhaften Worte gingen in ein Seufzen über, als Case sie an seine Brust zog. Mit einer für einen so kraftvollen Mann überraschenden Zärtlichkeit streichelte er ihr Haar und ihren Rücken, um ihre angespannten Nerven zu beruhigen.
    Allmählich wich die Verkrampfung aus ihrem Körper.
    »Wie alt waren Sie, als Ihre Eltern starben?« fragte er ruhig.
    »Dreizehn.«
    Er schloß sekundenlang die Augen. Er hatte nur zu häufig erlebt, wie junge Mädchen durch den Krieg zur Waise geworden waren. Einige von ihnen, die, die Glück hatten, waren von Verwandten aufgenommen worden. Andere Waisen kämpften mühsam ums Überleben und mußten sich mit Hunden um Essenreste balgen. Zu viele der Kinder starben.
    Irgendwie bezweifelte er, daß Sarah eine der Waisen gewesen war, die das Glück gehabt hatten, bei Verwandten unterzukommen. »Wie alt war Conner damals?« wollte er wissen.
    »Neun.«
    »Das jüngste Kind der Familie?« mutmaßte er.
    »Ja.«
    »Und obendrein noch maßlos verwöhnt, wie ich annehme.«
    »Er ist nicht verwöhnt«, erwiderte Sarah rasch.
    »Hmmm. Er hat ein Lächeln, das selbst den Teufel noch erweichen könnte, ganz zu schweigen von einer älteren Schwester, die ihn abgöttisch liebt.«
    Sarah hob den Kopf und begegnete Cases klarem Blick. Obwohl sie blaß war, schimmerten keine Tränen in ihren Augen.
    »Ich war die Zweitälteste von fünf Geschwistern«, sagte sie. »Und das einzige Mädchen. Mutter war lange Zeit schwach und bettlägerig nach Conners Geburt. Ich habe ihn in meinen Armen gewiegt, habe ihn gefüttert, ihm vorgesungen, seine Wehwehchen weggeküßt ...«
    Schließlich wurde ihr die durchdringende Klarheit seines Blickes unerträglich. Es war, als könnte Case geradewegs durch ihre Fassade der Tapferkeit hindurchsehen und bis in die geheimsten Winkel ihrer Seele schauen.
    Sie senkte die Augen.
    Mit großer Behutsamkeit zog er ihren Kopf an sich und drückte ihre Wange gegen seine Brust. Nach einem kurzen Moment des Zögerns gab Sarah nach und akzeptierte den Trost.
    Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann sie das letzte Mal das Gefühl gehabt hatte, sich an jemanden anlehnen zu können. Seit dem Tod ihrer Eltern hatte sie immer die Starke sein müssen, diejenige, die sich um alles kümmerte und dafür sorgte, daß getan wurde, was getan werden mußte, komme, was da wolle.
    »Sie waren praktisch Conners Mutter«, sagte Case nach einer Weile.
    Sie nickte schweigend.
    »Die anderen sind in der Flut ertrunken«, fügte sie nach einer Pause hinzu. »Aber als das Haus um uns herum auseinanderzubrechen begann, habe ich Conner gepackt und ihn an mich gepreßt, bis ich einen Baum fand, der groß und kräftig genug war, um uns über Wasser zu halten.«
    »Ihr Bruder kann sich wirklich glücklich schätzen«, sagte Case. »Er ist verwöhnt genug, um zu wissen, daß er geliebt wird, aber wiederum nicht derart verwöhnt, daß er zu nichts taugt.«
    »Er ist nicht verwöhnt«, gab Sarah beharrlich zurück.
    »Ja, ja. Deshalb haben Sie ihm gestern eine Strafpredigt gehalten, weil er Wildfährten verfolgt und vergessen hatte, mehr Feuerholz zu hacken.«
    Sie versuchte, sich Cases Griff zu entziehen und den Kopf zu heben, um ihn böse anzufunkeln, nur um festzustellen, daß sie es nicht konnte. Die Hand, die ihr Haar so wundervoll beruhigend streichelte, war so fest und unnachgiebig wie eine Granitwand. Sie konnte sich gegen die sanften Liebkosungen

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