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Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)

Titel: Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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Felsbrocken umgebunden und mich in den gleichgültigen Tannes geworfen.
    Was hast du dir eigentlich von dieser Begegnung versprochen, Vianne?, fragte eine Stimme in meinem Kopf. Es sind doch nur Pralinen. Ein zweitklassiger Zauber, du hättest doch den Hurakan rufen können …
    Diese Stimme klingt ganz ähnlich wie die meiner Mutter, aber ihr fehlt die Wärme. Es ist die Stimme von Zozie de l’Alba. Zozie hätte sich niemals von ihren Gefühlen leiten lassen. Ihr macht es nichts aus, wenn sie angegriffen wird, und Gift fließt einfach durch sie hindurch.
    Du bist schwach, Vianne, das ist dein Problem, sagt sie, und im Grunde weiß ich ja, dass sie recht hat. Ich bin schwach, weil es mir nicht egal ist, was andere Menschen von mir denken. Ich will gebraucht werden, und selbst einem Skorpion, der nicht anders kann, als andere zu stechen, strecke ich helfend die Hand hin.
    Das ist doch so was von dümmlich, sagt Zozie. Du legst es geradezu darauf an, gestochen zu werden.
    Ist das wahr? Mache ich mir selbst etwas vor? Zieht mich das Unheil magisch an? Ist mein Drang, Inès zu helfen, letztlich gegen mich selbst gerichtet?
    Ich machte mich mit Rosette auf den Heimweg. In den Straßen schien mir jetzt überall Verachtung und Feindseligkeit entgegenzuschlagen. Wir gingen am Gym vorbei, wo ein paar Männer in Gebetskappen und djellabas herumstanden und sich leise unterhielten. Sobald sie uns sahen, verstummte das Gespräch, wurde aber sofort wieder lebhaft, als wir ein Stück entfernt waren.
    Zu Hause machte ich für alle Abendessen: Suppe und Olivenbrot, Reisauflauf mit Pfirsichmarmelade. Aber ich selbst war zu nervös, um etwas zu essen. Ich trank nur einen Kaffee, setzte mich mit meiner Tasse ans Fenster und betrachtete die Lichter auf dem Boulevard. Ich hatte Heimweh nach Roux, nach unserem Hausboot mit meiner kleinen Chocolaterie, nach Nico, nach meiner Mutter und den vielen einfachen, vertrauten Dingen, die inzwischen gar nicht mehr einfach sind.
    Roux hat recht. Warum bin ich hier? Es war ein Fehler herzukommen, ein schrecklicher und dummer Fehler. Wie konnte ich je glauben, dass Schokolade irgendwelche Probleme löst? Gemahlene Bohnen eines südamerikanischen Baumes, ein bisschen Zucker, eine Prise Gewürze. Süße Verblendung. Armande hat geschrieben, dass Lansquenet mich braucht. Aber was habe ich getan, seit ich hier bin, außer ein paar Türen aufzustoßen, die besser verschlossen geblieben wären?
    Gestern Abend hat Roux mich gebeten, nach Hause zu kommen. Roux, der sonst nie um etwas bittet. Wenn er mich doch schon vor einer Woche gebeten hätte, bevor das alles passiert ist. Jetzt ist es zu spät. Nichts ist gelaufen wie geplant. Mein Vertrauen in Roux ist zerstört, meine Freundschaft zu Joséphine in Gefahr. Sogar Reynaud, dem ich doch helfen wollte, hat nichts als Ärger, seit ich hier bin. Warum bin ich geblieben? Um Inès zu helfen? Sie lehnt meine Hilfe ab. Und was Rosette und Anouk betrifft – na ja. War es fair, sie nach Lansquenet mitzunehmen, wo sie Freunde finden, und vielleicht auch mehr, wenn ich doch weiß, dass es nicht von Dauer sein kann?
    Anouk hat sich irgendwie verändert. Das spüre ich seit ein paar Tagen. Heute ist sie extrem munter, gestern war sie mieser Laune. Ihre Farben sind wie der Herbsthimmel, sie wechseln von Grau zu Lila zu Blau, und zwar innerhalb von Sekundenbruchteilen. Verbirgt sie etwas vor mir? Quält sie irgendetwas? Bei Anouk weiß man nie – aber ich vermute, dass die Veränderungen mit Jeannot Drou zu tun haben. Die verstohlenen Blicke, das betont unschuldige Getue, die ständige SMS-Tipperei und das Facebook-Geklicke. Und jetzt diese neue, fast schon entrückte Art, das dauernde Geschnatter, das mädchenhafte Glühen, das mich an Fieberschübe erinnert. Noch ein Grund, nicht länger hierzubleiben. Und doch, wer weiß.
    Um neun klopfte es. Es war Luc Clairmont, außer Atem und ein bisschen verlegen. Ich brauchte seine Farben nicht zu studieren, um zu wissen, dass Caroline ihn geschickt hatte.
    Er kam herein, lehnte den angebotenen Kaffee ab und setzte sich an den Küchentisch. Alyssa, die sofort nach oben geflohen war, kam leise wieder herunter. Mit den kurzen Haaren und den alten Jeans sieht sie völlig anders aus. Egal, wie sehr sie betont, nicht in Luc verliebt zu sein – er ist auf jeden Fall in sie verknallt. Als er sie sah, leuchteten seine Augen auf und wurden fast so groß wie die von Rosette.
    »Verrate ja keinem, dass ich hier bin«, sagte

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