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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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einmal mit ihm gesprochen hatten, war er eine verhuschte Gestalt ohne nennenswerte Eigenschaften. Rupert Soltersbusch gab zu, mit Gregorian manchmal im Marienstüberl über irgend etwas Alltägliches gesprochen zu haben, ansonsten hätten sie aber keinen Kontakt gehabt und beidseitig auch nicht gewünscht.
    Für Maria Brenecke, die Wirtin des Stüberls, gehörte Gregorian zu jenen Gästen, die man am ehesten als Stammgäste gewinne, wenn man sie in Ruhe ließ und keine unnötigen Fragen stellte. Sie glaube, fügte sie hinzu, daß er Probleme mit einem Bein habe, mit welchem, könne sie beim besten Willen nicht sagen. Schließlich würde sie ihre Gäste nicht heimlich beobachten.
    Seit der Nacht, in der Fehring und Nest gestorben waren, hatte niemand Bertold Gregorian gesehen. Das bedeutete einerseits nichts, weil ihn vorher schon kaum jemand zu Gesicht bekommen hatte. Andererseits könnte es etwas bedeuten, und nicht nur Neidhard Moll weigerte sich, an einen Zufall zu glauben.
     
    Zum zweitenmal in dieser Nacht – Samstag, 30. September, 0.15 Uhr – kroch Polonius Fischer auf allen vieren durch sein Büro. Er schob die beschriebenen, bekritzelten, mit roten, blauen und schwarzen Stiften bemalten Blätter, die er auf dem Boden ausgebreitet hatte, hin und her, legte an einer Stelle drei aufeinander, an anderer Stelle zwei nebeneinander, fegte mit dem Arm Blätter zur Seite und lehnte sich schließlich – nachdem er zuerst einen Zettel herausgegriffen, dann einen anderen genommen und den ersten achtlos fallengelassen hatte – an seinen Schreibtisch und winkelte die Beine an.
    Er warf den Kopf hin und her und bleckte die Zähne.
    Die Ärmel seines ultramarinblauen Hemdes hatte er hochgekrempelt und seine Schuhe ausgezogen und den Knoten seiner bordeauxroten Krawatte gelockert.
    Die Bürotür war geschlossen, Walter Gabler vor kurzem nach Hause gegangen.
    Drüben besprachen Weningstedt und Schell das weitere Vorgehen in einer Sache, von der die Kommissare erst an diesem Nachmittag erfahren hatten und die ihren Ermittlungen möglicherweise neue Schubkraft verlieh, in eine vollkommen unerwartete Richtung.
    Aus dem Wust seiner Aufzeichnungen hatte Fischer das im Querformat beschriebene Blatt mit den Stichpunkten zum altbewährten ONW-Prinzip herausgefischt.
    O für offensichtlich: die Tatwaffen (Messer, bisher unbekannt – Steinvase), Verhalten des Täters nach der Tat (Verstecken der Leiche im Müllcontainer – Drapieren der Leiche als Alkoholleiche), keine Zeugen trotz Umfeld (Mieter – Oktoberfestbesucher), Tatzeit (dieselbe Nacht, innerhalb weniger Stunden), keine konkreten Hinweise auf den Täter.
    N für naheliegend: Jo Nest im Affekt, im Streit oder dergleichen erschlagen, keine Indizien für ein geplantes Verbrechen – Hans Fehring nicht im Streit oder bei einem Raubüberfall erstochen, in seinem Geldbeutel steckten dreihundertfünfzig Euro, der Täter wäre nach einer Tat im Affekt geflüchtet und hätte die Leiche nicht sorgsam im Gras abgelegt.
    W für wahrscheinlich: Täter und Opfer kannten sich, klare Mordqualifikation in beiden Fällen, Heimtücke und niedere Beweggründe, Ort und Zeit sprechen dafür, die Täter stammen aus der näheren Umgebung, verfolgen möglicherweise das Geschehen.
    Und dann waren Emanuel Feldkirch und Gesa Mehling im Bekanntenkreis von Hans Fehring auf eine eigenartige Verbindung zwischen dem Opfer und einem Mann gestoßen, dessen Beschreibung plötzlich in einem anderen Umfeld ebenfalls auftauchte. Mika Petrov, der Türsteher im Club Dinah, hatte etwas gesagt.
    Aufgesucht hatten sie ihn wegen Fehring, aber auch – ohne es ausdrücklich zu betonen –, um Clarissas Alibi zu überprüfen und sich nach ihren Lebensgewohnheiten zu erkundigen. Dabei erinnerte sich Petrov an einen älteren, blaß und krank aussehenden Mann. Der sei mit einem grauen Opel wiederholt auf den Parkplatz gefahren, kurz ausgestiegen und wieder weggefahren. Ein- oder zweimal habe der Mann zwar geklingelt, sei aber nicht reingelassen worden. Warum nicht? hatte Feldkirch gefragt. Und Petrov: Schlechte Erscheinung, Ärger im Blick, so was erkenn ich sofort.
    Clarissa Weberknecht hatte auf die Frage, ob sie eine Vorstellung habe, um wen es sich handeln könne, gelangweilt reagiert: Daß alte Männer um ihr Haus herumstreunten, sei normal, einer der Nachbarn sitze jeden Abend mit einem Opernglas hinter der Gardine. Einmal habe sie ihn zufällig auf der Straße getroffen und ihn eingeladen, da sei er

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