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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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eingetrocknete Körpersäfte.
    Trotzdem würden die Spurensucher etwas finden.
    Ihre Spezialität war das scheinbar Unsichtbare.
    Weningstedt ermahnte die Kollegen in den Schutzanzügen zur Eile, als er sie an der Tür begrüßte.
     
    In Fischers Sakkotasche ertönte die Melodie von »Bad Bad Leroy Brown« .
    Inzwischen war es vier Uhr morgens, und sie hatten Georg Ohnmus, dem ein Streifenbeamter in Fischers Auftrag ein Foto aus Gregorians Wohnung vorbeibrachte, vor zwei Stunden aus dem Bett geklingelt.
    Nach einem kurzen Gespräch am Handy ging Fischer in die Küche, wo seine Kollegen Notizbücher und Mappen mit verschiedenen Schriftstücken durchblätterten. Mit Hilfe des Fotos – Fischer hatte es aus einem Rahmen im Schlafzimmer genommen – hatte einer der Isarfußballer gegenüber Ohnmus den Mann zweifelsfrei als Max identifiziert, den Bekannten von Hans Fehring. Nicht hundert, aber immerhin neunzig Prozent sicher war sich auch der Türsteher Petrov: Der Mann auf dem Foto war der Fahrer des grauen Opel.
    Auf ausdrücklichen Wunsch von Polonius Fischer hatte Ohnmus bei seinem Besuch vor dem Club Dinah – er war vor der Tür geblieben – Clarissa Weberknecht nicht befragt, auch wenn Petrov seine Chefin unbedingt dazuholen wollte.
    Ausgebreitet auf dem Küchentisch lagen eine Handvoll Zettel, auf denen Gregorian Uhrzeiten und Treffpunkte aufgelistet hatte. Der letzte Eintrag in seinem Taschenkalender datierte vom vergangenen Sonntag, dem Tag, an dem Hans Fehring erstochen worden war. Ein Messer, das als Tatwaffe hätte in Frage kommen können, hatten die Kommissare in der Wohnung nicht entdeckt.
    »Was ist hier passiert?« fragte Weningstedt. Er saß gebückt am Tisch, dunkle Ringe unter den Augen. Seine Stimme klang kraftlos.
    »Ein Kampf«, sagte Schell. Er klopfte mit der Faust dreimal auf seinen rechten Oberschenkel. »Niemand hat geschossen, niemand hat zugestochen, niemand hat was mitgekriegt.«
    »Wir haben noch niemanden gefragt«, sagte Weningstedt müde.
    »Hab ich vergessen: Man muß die Leute heutzutage ja erst fragen, bevor sie von sich aus zu uns kommen.«
    »Micha, bitte.«
    »Entschuldige.« Schell winkte ab, stand auf, sah zur Tür.
    »Wenn ein Kampf stattfand«, sagte Fischer, »dann haben hinterher beide Kämpfenden das Haus verlassen. Oder einer war tot und der andere hat die Leiche beseitigt.«
    Weningstedt rieb mit der flachen Hand über seine Brust.
    »Wissen wir, daß es nur zwei waren?«
    »Wir wissen es nicht«, sagte Fischer.
    »Wie hieß der Stadtstreicher?« fragte Schell.
    »Nest«, sagte Fischer. »Aber er ist im Müllhaus erschlagen worden, nicht hier. Das heißt nicht, daß wir eine Beziehungstat ausschließen. Jedenfalls kann der Zeuge, dem Georg vorhin das Foto gezeigt hat, sich nicht erinnern, Gregorian am Sonntagabend im Bierzelt oder anderswo auf dem Oktoberfest bemerkt zu haben. Und ob eine Kamera ihn aufgenommen hat, wissen wir noch nicht, weil wir keine Aufnahmen von der Tat haben und bis jetzt nicht wußten, nach welchem Gesicht außer dem von Fehring wir suchen sollten. Wir müssen also die Aufzeichnungen noch einmal überprüfen. Ist es glaubhaft, daß Hans Fehring seiner Frau nichts von Gregorian beziehungsweise Max erzählt hat?«
    »Nein«, sagte Schell.
    »Nein«, sagte Weningstedt, vertieft in ein unliniertes kleines blaues Heft.
    »Warum war Gregorian beim Club Dinah?« fragte Fischer.
    »Um zu spannen? Und wieso dann ausgerechnet bei dem Club und nicht bei einem anderen?«
    »Deshalb.« Weningstedt stieß einen kurzen trockenen Husten aus und reichte Fischer das kleine blaue Heft. »Er hat Clarissa Weberknecht verfolgt. Die Abkürzung CW taucht ständig auf, Straßennamen, Uhrzeiten. Er hat sie beschattet.«
    »Und sie behauptet, sie kennt ihn nicht.« Schell lehnte am Türrahmen. Seine Lider flatterten. Nur mühsam schaffte er es, seine Erschöpfung zu unterdrücken. Er war fast zwölf Stunden im Dienst und rechnete nicht damit, an diesem Samstag seine Tochter zu sehen. Zum Glück durfte sie bei ihrer besten Freundin übernachten, wie schon oft in letzter Zeit.
    »Warum hat er sie beschattet?« fragte Fischer.
    »Nichtwissen«, sagte Weningstedt.
    »Warum könnte er Fehring erstochen haben?«
    Niemand gab eine Antwort.
    »Warum könnte er Josef Nest erschlagen haben?«
    Sie schwiegen.
    Von drüben waren die Stimmen der Spurensucher und das Klirren ihrer Instrumente zu hören. Sie waren zu viert, drei Männer und eine Frau, und sie gingen ihrer Arbeit nach, als

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