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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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Mesenzew, um den sich alles zu drehen begann.
    Seine bluttriefende Hand brannte wie Feuer.
    »Wo sind sie hin?«
    »Nach Kaspisk!«, wimmerte Nikolai schluchzend. »Nach Kaspisk …«
    Der Steppenhund hob den Stiefel von der verstümmelten Hand und grinste zufrieden.
    »Warum nicht gleich so? Du musst schon entschuldigen, aber ich bleibe nicht zum Abendessen. Ich hab’s eilig.« Sungat schob das Messer in seinen Gürtel, sammelte die Konserven ein, warf noch einen angewiderten Blick auf sein zitterndes Opfer und wandte sich zum Gehen. »Krepieren kannst du allein …«
    Als der Peiniger fort war, tat Mesenzew das einzig Richtige, um nicht in kürzester Zeit über den Jordan zu gehen. Er biss die Zähne zusammen und hielt die Fingerstumpen in die heiße Pfanne, um die Wunden auszubrennen. Schon halb bewusstlos, hörte er nicht einmal mehr seine eigenen Schmerzensschreie.
    Als Nikolai wieder zu sich kam, fand er sich am Rand eines Raketensilos wieder. Er stand bis zu den Knien im Schnee und schlotterte vor Kälte. Die plötzliche Einsicht war für den Soldaten ein Schock: Er wandte den Blick von der offen stehenden, gepanzerten Abdeckung ab und starrte entgeistert in das schwarze Loch des leeren Raketenschachts. Dorthin, wo seine kranke Fantasie eine stumpfnasige, schwere Interkontinentalrakete vom Typ SS-18 Satan wähnte und wo vor gut zwanzig Jahren ein nuklearer Mehrfach-Sprengkopf seinen einzigen und todbringenden Flug begann …
    Niemand hat gesiegt, du armer Irrer! Weil niemand mehr da ist, der siegen könnte! Niemand, kapiert?!
    Die Worte des Stalkers echoten wie ein Trommelwirbel in Mesenzews Kopf.
    Denn wenn Geisteskranke wie du aufs Knöpfchen drücken, gibt es nur Verlierer!
    »Wie ist das möglich? Ich … Ich habe doch nur einen Befehl ausgeführt … Ist das wirklich das … Ende?«
    Der Offizier wurde kreidebleich und taumelte am Rand des Schachts entlang. Sein geschwächter Körper konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Nikolai Mesenzew warf noch einen letzten Blick auf die verschneite Landschaft, dann stürzte er in den finsteren Abgrund.

DRITTER TEIL
    AUF ZU FERNEN UFERN

16
    DER GEZINKTE HIMMEL
    Durch ein endloses Meer aus Schnee, in dem Geißklee und Spiersträucher weiß überzuckerte Inselchen formten, schlängelte sich eine einsame Spur, die wie ein roter Faden nach Süden führte. Bittere Kälte und schneidender Wind hatten alles Leben von der Oberfläche vertrieben. Die wenigen Bewohner der Ebenen und Hügel harrten in ihren unterirdischen Bauen aus. Nur dort, wo die gigantischen Räder des Raketentransporters tiefe Rinnen in den Schnee gedrückt hatten, bewegte sich ein unauffälliger schwarzer Punkt in der hinterlassenen Spur.
    Erste Schneegrieselkörnchen prasselten gegen die Scheibe seiner Gasmaske – Vorboten eines heraufziehenden Unwetters. Der Mann blieb stehen, legte den Kopf in den Nacken und reckte drohend die Faust zum Himmel.
    »Verdammte Wolken, inkontinentes Gesindel! Wehe, ihr schneit mir die Spur zu!«
    Gemessen am schleppenden Gang und dem keuchenden Atem, der aus der Maske drang, hatte der einsame Wanderer schon einen langen Weg hinter sich. Doch irgendein Ziel, das nur ihm allein bekannt war, veranlasste ihn, hartnäckig ein Bein vor das andere zu setzen und immer weiter in die menschenleeren Halbwüsten nördlich des Kaspischen Meeres vorzudringen.
    Nüchtern betrachtet, war es ein ziemlich sinnloses Unterfangen, die Verfolgung fortzusetzen. Doch jedes Mal, wenn Sungat solche Zweifel überkamen, verscheuchte er sie rasch wieder und marschierte verbissen weiter, der Kälte und der bleiernen Müdigkeit in den Beinen zum Trotz.
    Als Boss der oberirdisch agierenden Steppenhunde kannte er die Tücken der Natur und wusste, was für böse Streiche sie der Technik auf vier Rädern spielen konnte. Unwegsames Gelände, Sandstürme, saure Niederschläge … Auf seinen Streifzügen durch verlassene Dörfer und Städte hatte Sungat fast täglich mit Pannen zu kämpfen gehabt. Deshalb hegte er nicht zu Unrecht die Hoffnung, dass es seinem Erzfeind genauso erging.
    Ganz abgesehen davon wäre es Sungat wohl kaum gelungen, zu Fuß nach Jamantau zurückzukehren. Dafür hätten weder seine Vorräte noch seine Kräfte gereicht. Und im Bunker der Raketendivision zu bleiben, dort herumzuhängen und auf ein unrühmliches Ende zu warten, war auch keine sonderlich erbauliche Alternative. So schwer es ihm fiel, sich das einzugestehen, doch Taran und sein Raketentransporter waren nicht nur

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