Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
ändernden Umwelteinflüssen stabil zu machen. Und genau damit plage ich mich all die langen Jahre herum. Bis jetzt habe ich es leider nicht geschafft, das Absterben infolge einer Überdosis auszuschließen, geschweige denn einen Stamm zu züchten, der bei geringer Strahlung in eine passive Phase übergehen kann.«
Als der Unterirdische mit gesenktem Kopf zu Ende gesprochen hatte, schaute Taran ihn voller Bewunderung an. Dieser äußerlich erbarmungswürdige, aber unheimlich zielstrebige Forschergeist war Manns genug einzugestehen, dass er an einem Problem gescheitert war, an dem er in freiwilliger Gefangenschaft über zwanzig Jahre lang aufopferungsvoll gearbeitet hatte.
»Wie kommt es, dass du als Einziger überlebt hast? Wo sind deine Kollegen abgeblieben?«
»Das Personal des Labors wurde rechtzeitig evakuiert. Wenige Stunden vor dem Atomschlag.« Der Unterirdische sank erschöpft auf einen durchgesessenen Bürostuhl und bedeutete den Stalkern, auf dem Sofa Platz zu nehmen.
»Und du bist einfach hier geblieben?«, schloss Gennadi messerscharf.
»Selbstverständlich. Das Experiment befand sich gerade in der heißesten Phase. Ich konnte doch nicht alles liegen und stehen lassen. Schließlich ging es um nicht weniger als …« Der Wissenschaftler hielt inne und rang um die passenden Worte, doch dann winkte er verbittert ab. »Die Verbindung zu den wichtigsten Forschungszentren in Moskau und anderen Städten ist dann natürlich abgebrochen … Ach, wäre ich doch zusammen mit den anderen abgehauen! Aber damals war ich noch jung, voller Träume und Hoffnungen …«
»Und wieso hast du das Labor nicht längst verlassen?«
»Anfangs wäre das gar nicht möglich gewesen. Es gibt nur zwei Ausgänge aus dem Komplex, einen regulären und einen Notausgang. Doch beide Schächte wurden verschüttet, als … na ja, als alles in die Luft flog. Ich hatte ein Zeichen darin gesehen. Ich habe immer davon geträumt, dass ich das Projekt Alpheios zum Erfolg führe, dass man mich früher oder später findet und dann auf Händen trägt …« Der Unterirdische besann sich und schüttelte kauzig den Kopf. »Etwa fünf Jahre nach meinem ›Einschluss‹ sind dann die Kaulquappen aufgetaucht.«
»Die Tritonen«, flüsterte Taran Gennadi zu.
»Wie diese Wilden den Wasserspeicher gefunden haben, ist mir ein Rätsel. Jedenfalls haben sie damit angefangen, mir Nahrung und alle möglichen Souvenirs zu bringen. Sachen, die aus ihrer Sicht nützlich sind. Einmal haben sie sogar ein Tauchgerät angeschleppt. Ich hatte auch kurz mit dem Gedanken gespielt, es zu benutzen, aber nüchtern betrachtet sind meine Überlebenschancen im Labor wesentlich höher als an der Oberfläche.«
»Und die Tritonen?«
»Ehrlich gesagt, habe ich den ursächlichen Zusammenhang zwischen ihren Mitbringseln und meiner Forschungsarbeit nicht sofort begriffen. Der Grund ist der, dass ich nach jedem Experiment das dekontaminierte Wasser an die Oberfläche pumpe. Dafür habe ich extra eine Wasserleitung gebaut.«
»Wieso an die Oberfläche?«, wunderte sich Gennadi.
»Um die Reinheit des Experiments zu gewährleisten. Die Bakterien verbleiben ja einige Zeit im verbrauchten Wasser. Wohin damit hier unten?«
»Und die Kiemenmenschen benutzen das Wässerchen, um sich die Gesundheit aufzupäppeln?«
»Ich glaube ja. Solange ein Teil der Bakterien noch aktiv ist, reicht der Resteffekt aus, um die im Organismus angereicherte Strahlung zu eliminieren.«
»Raffiniert«, kommentierte Taran. »Dank dieses Wundermittels können Kundschafter der Tritonen an Orte vordringen, wo man sich normalerweise nicht einmal mit einem ABC -Schutzanzug hintrauen würde.«
Der Stalker nippte an dem Wasser, das der Hausherr freundlich angeboten hatte. Etwas misstrauisch stimmte ihn das hohe Trinkgefäß, das wie ein Reagenzglas aussah.
»Trinkt nur, trinkt nur«, beruhigte ihn der Unterirdische lächelnd. »Es ist dekontaminiert. Allerdings sind keine Bakterien mehr drin. Aber kommt mit, dann zeige ich euch ›aktives‹ Wasser.«
Der Wissenschaftler sprang auf und marschierte in den nächsten Raum, aus dem ratternde und piepsende Geräusche drangen.
»Hier habe ich einen Autoklaven installiert, in dem die verschiedenen Abwandlungen des Bakterienstamms mit dem radioaktiven Medium in Reaktion treten.«
Die Stalker folgten dem Laborchef in einen geräumigen Saal. In der Mitte befand sich ein halb in den Boden eingelassenes, rundes Becken, das an einen Whirlpool erinnerte. Daneben stand
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