Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
durchsieben zu lassen: Er trat in die Eisen und brach die Verfolgung ab.
Auch der Heide, der Sitting Bull abgelöst hatte, erledigte seinen Auftrag, und als der zerschossene »Japaner« mit den Rädern nach oben über das Eis schlitterte, war die Jagd auf die »Ameise« mit einem Mal vorbei. Die übrigen Fahrzeuge wurden langsamer und drehten zum Ufer ab. Auch die Schneemobile verschwanden wie ein Schwarm lästiger Fliegen. Entweder waren den militärischen Führern des Ordens die Verluste an Menschen und Material zu hoch, oder sie rechneten sich keine Chancen gegen das gepanzerte Monster aus.
»Sieht so aus, als hätten sie kapituliert«, verkündete Migalytsch.
»Sind alle heil?«, erkundigte sich Taran.
Der Einzige, der keine Rückmeldung gab, war Dym.
»Schaut mal jemand nach, wie es unserem Kleiderschrank geht. Er ist draußen auf der Heckplattform.«
Aurora, die sich schnell wieder gefangen hatte, sprang bereitwillig auf und ging zur Durchgangsschleuse. Im selben Moment wurde die Tür aufgeschoben, doch auf der Schwelle stand nicht etwa Gennadi, sondern ein Kämpfer des Ordens in einem gefleckten Schutzanzug.
Gleb war gerade dabei, das zerschossene Bullauge mit einer Stahlplatte abzudecken, und wurde von der Attacke des Ölsuchers völlig überrascht. Die Ereignisse überschlugen sich. Der Junge sprang mit einer Hechtrolle in den Gang und riss sich die Bison von der Schulter. Der Eindringling holte kurz aus und räumte Aurora mit einem Schafthieb aus dem Weg. Diesen kurzen Moment der Ablenkung nutzte Gleb, um abzudrücken.
Der Kämpfer hatte das Gefühl, gegen eine Wand zu laufen, als die Geschosse auf seine schusssichere Weste prasselten. Das Gefühl verging, als ihn die letzte Kugel in den Adamsapfel traf. Er röchelte, griff sich an den zerfetzten Hals und fiel rücklings in den Schleusenraum zurück.
Der Junge beobachtete noch kurz, wie die Stiefel des Ölsuchers über den Boden scharrten, dann kam er seiner Freundin zu Hilfe.
Das Mädchen lag reglos am Boden. Ihre geschlossenen Lider zuckten leicht, sie atmete schnell und unrhythmisch. Aus einer schlimmen Wunde an der Schläfe lief Blut über ihr leichenblasses Gesicht.
»Aurora«, sprach Gleb sanft auf sie ein. »Aurora, was ist mit dir? Mach die Augen auf.«
Er rüttelte seine Freundin an den Schultern – vergeblich.
Der Junge fühlte sich plötzlich wie in Watte gepackt.
»Weg da! Macht Platz! Bringt eine Lampe! Und sauberes Wasser! Schnell!«
Die Stimme des Heiden klang dumpf und fern. Das Bild wurde unscharf und verschwamm. In Glebs vernebeltem Blick tauchten die Rücken der Erwachsenen auf, und stechender Apothekengeruch erfüllte den Raum.
Im Kopf des Jungen spukte nur ein einziger Gedanke und er wiederholte ihn gebetsmühlenartig im Stillen für sich.
»Komm zu dir … Komm zu dir … Komm zu dir …«
»Wie ist der Bastard an Bord gekommen?«
In der engen Mannschaftskajüte klang die donnernde Stimme des Stalkers noch bedrohlicher als sonst.
Jaroslawl und seine Besatzer lagen schon weit zurück. Es war an der Zeit, sich die Wunden zu lecken und wenig erfreuliche Resümees zu ziehen. Die erste Pause nach der erfolgreichen Flucht nutzte Taran zu einer herben Manöverkritik.
»Er wird wohl von einem Motorschlitten aufgesprungen sein«, mutmaßte Migalytsch nach längerem Schweigen.
»Gena, wie ist der Ölsucher auf die vergitterte Plattform gekommen? Das war doch dein Platz!«
Der Mutant kaute missmutig auf einer Zigarette herum und starrte auf den Boden. Dann hob er doch den Kopf und blickte dem Kommandeur ins Gesicht.
»Natanowitschs Maschinengewehr hatte Ladehemmung. Da bin ich übers Dach zu ihm rübergestiegen, um ihm zu helfen.«
»Und die Luke im Gitter hast du offen gelassen …«
»Wer konnte ahnen, dass diese Missgeburt von Ölsucher hineinklettert?« Zornig schlug Dym mit der Faust gegen den Waffenschrank, wo eine tiefe Delle im Blech zurückblieb. »Das Gefecht war doch so gut wie vorbei!«
»So gut wie?« Taran trat dicht vor seinen Freund und musterte ihn kalt von oben bis unten. »Ich kann mich nicht erinnern, dass ich Entwarnung gegeben hätte. Oder bist du im Alleingang zu dieser Erkenntnis gekommen?«
Der Stalker wandte sich Sitting Bull zu und schaute ihn böse an.
»Und du? Wo war dein Platz während des Gefechts? Wieso war der Heide statt deiner im MG -Turm?«
Der Stummel zog eine finstere Miene und schwieg. Es wäre idiotisch gewesen, sich irgendwie herauszureden. Es gab auch überhaupt keine
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