Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
Taran nach.
Der Chef des Bunkers war auf solche Fragen gefasst. Er zuckte mit den Achseln, inhalierte tief und blies genüsslich eine Rauchwolke an die Decke.
»Ganz einfach. Wem es nicht passt, den schmeißen wir raus.«
»Und, sind schon viele rausgeflogen?«
»Um ehrlich zu sein: nicht ein Einziger.« Der Oberst sah seine Gäste triumphierend an. »Niemand hat Lust, Sungat und seiner Bande in die Hände zu fallen. Und die Wahrscheinlichkeit, sich an den Aufklärungstrupps der Banditen vorbeizumogeln, ist verschwindend gering …«
»Also deshalb haben Sie diese Bastarde noch nicht platt gemacht …«
»Bingo!« Der Oberst schnippte übermütig mit den Fingern. »Es klingt vielleicht zynisch, aber unsere kriminellen Nachbarn sind äußerst nützlich. Die Angst vor diesen Typen hält die Leute viel eher bei der Stange, als wenn man ihnen ein besseres Leben verspricht. Die Bevölkerung von Jamantau wächst langsam, aber stetig. Wer weiß, vielleicht können wir in fünf Jahren eine vollständige Armee auf die Beine stellen, und dann …«
»Und was dann?«, unterbrach Taran seinen ins Schwärmen gekommenen Gesprächspartner. Unglaublich, schoss es ihm durch den Kopf, der Mann schmiedet schon Pläne für die Weltherrschaft. Es gibt Dinge auf der Welt, die ändern sich nie. »Was machen Sie dann mit Ihrer Armee?«
»Na ja«, druckste der Oberst herum. »Zumindest können wir dann den Steppenhunden für immer das Handwerk legen!«
»Und dann?«
Der Stalker sah den Chef des Bunkers provozierend an.
»So weit müssen wir gar nicht vorausdenken«, erwiderte der. »Wahrscheinlich gebe ich sowieso viel eher als ›geplant‹ den Löffel ab.«
»Für ihre sechzig Lenze haben Sie sich aber gut gehalten«, warf der Heide ein und sah kurz von seinem Tee auf.
»Wenn es nur das Alter wäre …«, seufzte der Oberst. »Sie sind Arzt?«
Samuil Natanowitsch nickte und stellte sein Glas ab.
»Sagt Ihnen die Diagnose Osteomyelitis der Schädelknochen etwas?«
Der Heide nickte abermals.
»Meine Diagnose …« Der Chef des Bunkers drückte seine Zigarette aus und wurde schlagartig trübsinnig. »Irgendeine Infektion, die ich mir an der Oberfläche eingefangen habe. Meine Medizinmänner können nichts dagegen tun. Man müsste das operieren, aber sie haben keinerlei Erfahrung mit einer Schädeltrepanation … Apropos, Sie könnten nicht zufällig …«
»Nein, nein, wo denken Sie hin?!«, erwiderte der Heide und schüttelte den Kopf. »Ich praktiziere schon lange nicht mehr. Außerdem ist das auch gar nicht mein Fachgebiet, um ehrlich zu sein …«
»Tja dann …«, seufzte der Oberst. »Vergessen Sie’s.«
Im spärlich beleuchteten Büro wurde es still. Nach wenigen Augenblicken brach Taran das betretene Schweigen.
»Bei Ihren gesundheitlichen Problemen können wir Ihnen leider nicht weiterhelfen. Aber was Sungat betrifft … Wenn wir unsere Kräfte bündeln würden und …«
»Ich gebe Ihnen einen guten Rat«, fiel der Offizier dem Stalker ins Wort. »Vergessen Sie Sungat. Ich weiß, dass der Bastard einen von ihren Leuten auf dem Gewissen hat. Aber seine Bande ist nützlich für den Bunker. Deshalb haben wir kein Interesse daran, bei seiner Ergreifung zu helfen. Und alleine wird Ihre tapfere Mannschaft mit den Steppenhunden nicht fertig werden, auch wenn sie noch so sehr darauf brennt, den umgekommenen Kameraden zu rächen.«
»Dann trennen sich hier unsere Wege?«, fragte Dym ohne Umschweife.
Erneut trat eine Pause ein. Der Chef des Bunkers hatte zweifellos noch einen Trumpf im Ärmel und überlegte, wie er ihn am effektivsten ausspielen könnte.
»Immer mit der Ruhe, mein Freund. Wenn ich kein Interesse an diesem Gespräch hätte, dann wäret ihr jetzt nicht hier … Ich bin durchaus der Meinung, dass wir einen Deal machen können, der für beide Seiten von Nutzen ist.«
»Das letzte Mal, als man mir einen Deal vorschlug, hätte das mich, meinen Sohn und meinen besten Freund beinahe das Leben gekostet«, kommentierte Taran finster, als er sich an die Geschichte mit dem Schwarzen Vernichter erinnerte.
»Ich spreche nicht von irgendeinem Himmelfahrtskommando«, wiegelte der Offizier händerudernd ab. »Sondern von einem ganz gewöhnlichen Job, den ich euch großzügig honorieren werde … Euer Truck ist in einem erbärmlichen Zustand. Das Fahrwerk pfeift aus dem letzten Loch, die Panzerung ist löcherig wie ein Sieb, und etliche Reifen gehören geflickt. Eure Munitionsvorräte gehen sicherlich auch schon zur
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