Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
Neige …«
Der Stalker schwieg und wartete ab. Der Oberst glaubte, der Chef der Expedition habe den Köder geschluckt, und fuhr fort.
»Was ich von euch will, ist wirklich nur eine Kleinigkeit. Es geht um einen Ort – nur etwa dreihundert Kilometer südlich von hier. Ich möchte, dass ihr dort die Lage sondiert. Hört euch diese Aufzeichnung an, dann werdet ihr verstehen, worum es geht.«
Der Offizier warf ein kleines Kästchen auf den Tisch.
»Ein Diktiergerät!«, flüsterte Migalytsch und riss staunend die Augen auf.
Mit einem leisen Klicken erwachte das Gerät zum Leben. Ein grünes Lämpchen begann zu blinken. Aus dem winzigen Lautsprecher quoll ein hastiges Geplapper, das von Rauschen und Knacken im Funk unterbrochen wurde.
»… Abschussvorrichtungen Nummer zwei und vier sind gefechtsklar! Wie hört ihr mich? Kommen!« Wieder überlagerten Störgeräusche kurz die ferne Stimme. »… warte auf Zielzuweisung! Ich warte auf Zielzu…«
Das LED -Lämpchen flackerte nervös auf und erlosch. Gleichzeitig verstummte auch die rätselhafte Stimme.
»Da ist schon wieder der Akku im Arsch, verdammt!« Der Oberst packte das Diktiergerät und drückte fieberhaft auf sämtlichen Tasten herum. »Diese nichtsnutzigen Techniker! Einen Reaktor können sie am Laufen halten, aber diesen primitiven Laberkasten bekommen sie nicht in den Griff!«
»Wann wurde die Aufzeichnung gemacht?«, erkundigte sich der Stalker.
»Ist doch egal!«, erwiderte der Offizier verärgert. »Dieser schräge Vogel treibt schon seit Monaten Unfug mit seiner Funkanlage. Er droht andauernd damit, Raketen abzuschießen. Das ist natürlich Schwachsinn. Die Dinger rosten seit über zwanzig Jahren vor sich hin. Sie fallen höchstens auseinander, wenn man versucht, sie abzuschießen. Trotzdem lässt es mir keine Ruhe, dass mich dieser Funkheini ständig mit seinem Stuss vollquatscht … Wer weiß, vielleicht schießt er ja tatsächlich mal was ab? Oder – noch schlimmer – er macht einen auf Selbstzerstörung. Noch ein radioaktiver Strahlungsherd in der Nähe hätte uns gerade noch gefehlt.«
»Woher kommt das Funksignal?«, fragte Gennadi und trat zur Landkarte, die an der Wand hing.
»Von einer ehemaligen Raketendivision in der Nähe von Jasny.« Der Offizier deutete mit dem Finger auf den Ort.
»Die Stadt Jasny? Kenne ich«, nickte der Stalker. »Dort gab es doch auch einen Weltraumbahnhof.«
»Korrekt! Ihr seid also genau die Richtigen für den Job! Und ich kümmere mich in der Zwischenzeit um euren Allrad-Lkw. Ich werde das alte Vehikel so aufpolieren, dass ihr damit bis nach Alaska kommt, nicht nur bis Wladiwostok!«
Der Oberst klatschte euphorisch in die Hände, doch der Stalker teilte seine Begeisterung nicht.
»Warum lösen Sie das Problem in Jasny nicht selbst?«
»Äh, nun ja«, stammelte der Offizier ernüchtert. »Im Moment käme es mir ungelegen, meine Jungs in Gefahr zu bringen. Ihr habt doch viel mehr Erfahrung. Immerhin habt ihr es schon von Sankt Petersburg bis hierher geschafft.« Taran erwiderte nichts und dachte über das Angebot nach. »Ihr müsst euch nicht sofort entscheiden. Überlegt es euch in aller Ruhe.« Der Chef des Bunkers beugte sich über den Tisch und drückte eine Taste auf der Sprechanlage. »Schustow, mein Freund, hol bitte unsere Gäste ab. Bring sie in ihre Unterkunft. Zeig ihnen alles und sorg dafür, dass sie was zu essen bekommen. Sie sollen sich ausruhen nach der langen Fahrt.«
Der Oberst ließ die Taste los, lächelte kurz und ließ sich müde in seinen Sessel plumpsen. Seine unbeteiligte Miene gab zu verstehen, dass das Gespräch für ihn beendet war.
Taran nickte ihm verbindlich zu und ging mit seiner Mannschaft zur Tür. Aurora trank rasch noch ihren Tee aus und vertrödelte deshalb den Aufbruch. Während sie als Letzte aus dem Zimmer ging, wurde sie das Gefühl nicht los, dass jemand sie anstarrte. Kurz bevor die Tür zufiel, blickte sie sich um. Der Oberst sah gelangweilt aus. Als wüsste er schon im Voraus, wie der Stalker sich entscheiden würde. Aber diese braunen Augen … Aurora lief es kalt den Rücken herunter, als ihr Sungat einfiel. Der Boss der Steppenhunde hatte sie genauso angeschaut.
Die Unterkunft, die man den Abenteurern zur Verfügung stellte, war geradezu luxuriös. Bequeme Sofas, behagliches Licht aus mehreren Wandlampen, eine kleine Bar in der Ecke … Auf dem Servierwagen, den eine schweigsamer Diener hereingebracht hatte, stand eine Suppenschüssel mit duftender
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