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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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herum aus und
tauchte so tief wie möglich in meine Erinnerung ab. Doch alles, was ich fand,
war Schwärze.
     
    Ich musste wohl
eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, fühlte
ich mich um einiges munterer, auch wenn mein Hals sich immer noch extrem
trocken anfühlte. Ich blickte mich um und sah eine Schnabeltasse, wie man sie
Kleinkindern oder alten Leuten gibt, auf einem metallenen Nachttisch neben mir
stehen. Offenbar war ich allein, denn niemand hinderte mich daran, meine Hand
danach auszustrecken. Es kostete mich fast meine gesamte Kraft, sie zu greifen
und an meinen Mund zu führen, aber die kühle Flüssigkeit, die mir wohltuend den
Hals hinunterlief, war Belohnung genug.
    Nachdem ich die
Tasse wieder weggestellt hatte, blickte ich mich aufmerksamer als vorher um.
Ich war allein in einem Zimmer mit hellen Wänden und lag in einem weißen
Metallbett. Um mich herum standen einige technisch aussehende Geräte, von denen
diverse Schläuche und Kabel zu mir führten. Kein Zweifel, ich befand mich in
einem Krankenhaus, und offenbar nicht in allerbestem Zustand. Die Frage war
nur: Wie war ich hierher gekommen?
    Mir fiel wieder
ein, was meine Mutter als letztes gesagt hatte: …die schlimmsten Wochen
meines Lebens! Sollte das etwa heißen, ich war schon wochenlang hier? Das kam mir unvorstellbar vor. Ich musste mich doch erinnern können, was
passiert war! Hatte ich einen Unfall gehabt? Unwillkürlich kam mir das Bild
eines schnell dahinrasenden Motorrads in den Sinn. Ein Motorradunfall? Nur –
ich war noch nie Motorrad gefahren. Außer…
    Auf einmal stürzten
mit zunehmender Geschwindigkeit Bilder auf mich ein, wie eine Lawine, die auf
mich zurollte. Ich auf einem Motorrad. Starker Fahrtwind und vorbeijagende
Lichter. Und vor mir… Ich hielt die Luft an. Mein Herz schlug auf einmal wie
rasend. Arik. Vor mir auf dem Motorrad saß Arik. Tränen stiegen mir in die
Augen. Wo war er? Warum war er nicht hier?
    „Clarissa?
Schätzchen, pssst, nicht weinen. Ist ja schon gut. Alles wird gut!“
    Erst als ich die
beruhigende Stimme meiner Mutter hörte und ihren Arm um meine Schultern spürte,
merkte ich, dass mir Tränen übers Gesicht strömten. Sie drückte mir ein
Taschentuch in die Hand, und nach und nach verebbte der Strom, bis ich
schließlich nur noch leise vor mich hin schniefte.
    „Hab keine
Angst! Hier passiert dir nichts! Ich lasse dich nicht mehr aus den Augen!“
    Amanda klang wie
eine Glucke, und unter Tränen musste ich lachen, weil das so wenig zu ihr
passte. Immerhin lenkte es mich lange genug ab, um wieder einen halbwegs klaren
Kopf zu kriegen.
    „Was ist denn
passiert? Wieso bin ich hier?“
    „Ach,
Schätzchen. Wenn ich das nur wüsste! Du warst wochenlang verschwunden! Kannst
du dich denn nicht erinnern?“ Ihre Stimme klang hilflos.
    „Verschwunden?
Wochenlang ? “ Das konnte nicht sein!
    Sie schien die
Panik in meiner Stimme zu hören, denn sie atmete tief durch, wie um sich und
mich zu beruhigen. „Was ist denn das letzte, an das du dich erinnerst?“
    Ich zuckte
hilflos mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Wie ich Motorrad fahre. Mit
Arik.“
    Trotz meiner
erneut aufsteigenden Tränen sah ich, wie ihr Lächeln gefror. Als hätte ich
etwas Unerwünschtes gesagt.
    „Und dann?“ Ihre
Stimme klang anders. Auf der Hut.
    „Nichts.“
    „Ach, mach dir
keine Sorgen.“ Ihre Munterkeit wirkte aufgesetzt. „Schlaf dich erstmal aus, und
dann werden wir weitersehen. Und keine Angst – ich bleibe bei dir. Du bist
nicht allein.“ Es klang wie eine Beschwörung, aber ich war mir nicht sicher, ob
sie damit mich oder eher sich selbst beruhigen wollte. Immerhin war sie es, die
dafür gesorgt hatte, dass ich fast mein ganzes Leben lang allein gewesen war.
    Bis auf die
letzten Monate, wie mir auf einmal einfiel. Diese Monate, in denen ich mit Mike
(und ansatzweise auch mit Raphael) ganz unverhofft eine Art neue Familie
gefunden hatte. Doch bevor ich noch fragen konnte, wo die beiden eigentlich
steckten, fielen mir wieder die Augen zu, und ich versank erneut in tiefen
Schlaf.
     
    Mein drittes
Aufwachen wirkte fast normal. Ich fühlte mich wie immer morgens, wenn ich
ausschlafen konnte – bis ich die Augen öffnete und meine Umgebung mich daran
erinnerte, wo ich mich befand.
    Amanda saß in
einem Sessel ein Stück von mir entfernt und schlief. Eine Weile betrachtete ich
dieses ungewohnte Bild. Sie schien es wirklich ernst zu meinen damit, mich nicht
allein lassen zu

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