Hinter der Nacht (German Edition)
für
mich“, grinste ich. Und ich hatte Recht. Der Anblick, wie Mike mit
hochkonzentriertem Gesicht in allen möglichen Gangarten kreuz und quer
herumstolzierte, war ziemlich lustig.
Trotzdem bemühte
ich mich, nicht zu lachen, denn ich wollte ihn auf keinen Fall von seinem Tun
abbringen. Denn der Gedanke, der mich schon seit längerer Zeit beschäftigte,
nahm mehr und mehr Gestalt an, bis ich ihn schließlich nicht mehr ignorieren
konnte: Wenn es möglich war, durch die Zeit zu reisen – wenn Mike endlich
entdecken würde, wie er es gemacht hatte – warum sollten wir dann nicht in die
Vergangenheit reisen? Und zwar in die Vergangenheit, in der Arik noch
lebte? Und wenn das möglich war – musste er dann immer noch sterben?
Ich trieb Mike
Tag und Nacht an, und wie er es mir nach dem LKW-Fast-Unfall versprochen hatte,
ließ er mich nicht im Stich. Egal, wie sehr ich ihm auf die Nerven ging – er
machte mit. Selbst, als ich ihm – nur ganz allmählich und möglichst behutsam –
von meinen Hoffnungen erzählte, bewahrte er die Fassung. Und so begann ich tatsächlich,
daran zu glauben. Dass es - vielleicht - möglich war, Arik
zurückzuholen. Von der Vergangenheit in die Gegenwart. Vom Tod ins Leben.
Und dann kam der
Moment, als Mike auf einmal vor meinen Augen verschwand. Zwar nur für wenige
Augenblicke, doch das reichte. Der Knoten war geplatzt. Und unsere Mission nahm
endlich konkrete Formen an.
Wir waren
unermüdlich. Wenn wir doch einmal eine Pause einlegen mussten, um neue Kraft zu
schöpfen, dachten wir über unser weiteres Vorgehen nach. Uns beiden war klar,
dass es bei weitem nicht damit getan sein würde, in die Vergangenheit zu
reisen, und alles wäre gut. Denn unsere Gegner waren uns mit Sicherheit in
jeder Hinsicht überlegen, und im Gegensatz zu uns würden sie genau wissen, was
zu tun wäre. Also brauchten wir so viele Informationen wie möglich, bevor wir
es mit ihnen aufnahmen. Und die bestmögliche Vorbereitung, um wenigstens den
Hauch einer Chance zu haben, heil aus der Angelegenheit wieder heraus zu
kommen. (Und hoffentlich – mir wurde stets ganz schwindelig, wenn ich an diese
Möglichkeit dachte – nicht allein.) Also bezwang ich meine Ungeduld, auch wenn
alles in mir danach schrie, keinen Augenblick länger zu zögern. Wie Mike mir
ganz richtig auseinandersetzte, war Zeit für uns das geringste Problem.
Sie war das einzige, worüber wir uns keine Sorgen zu machen brauchten.
Erleichtert
wurde mir das Warten dadurch, dass Mike auf einmal ungeahnt schnelle
Fortschritte machte. Es war, als wäre in dem Moment, in dem er ein Ziel vor
Augen hatte – und sei es auch noch so unglaublich - sein ganzes geheimes Talent
auf einen Schlag wachgerüttelt worden. Auf einmal konnteer das, was er
vorher wochenlang vergeblich versucht hatte. Und er konnte es gut. Er war im
wahrsten Sinne des Wortes der geborene Zeitgeher. Auch wenn er nach wie vor
sagte, dass er keine Ahnung habe, wieer es machte. Aber solange es so
hervorragend klappte, war das wohl zweitrangig.
Trotzdem
versuchte er es mir zu erklären. „Weißt du, ich denke einfach an die Richtung,
in die ich gehen will, und auf einmal sehe ich die Zeit genau so vor mir wie
einen erweiterten Raum. Es ist absolut faszinierend! Und wenn ich sie sehe,
kann ich überall hin gehen. Durch Raum undZeit. Es ist unglaublich. Als
könnte man plötzlich fliegen.“
Ich blieb jedes
Mal mit einem ziemlich mulmigen Gefühl zurück, wenn er auf einmal vor meinen
Augen verschwand, und konnte erst wieder aufatmen, wenn er heil zurückkehrte.
Je nachdem, wie weit entfernt seine Rückkehr von seinem Verschwinden war, war
ich dann schweißgebadet und am Rande einer Panik.
Nach einigen
Versuchen, bei denen es ihn doppelt soviel Mühe gekostet hatte, mich wieder zu
beruhigen, wie durch die Zeit zu spazieren, machte Mike einen Vorschlag. „Also,
wenn es dir so schwer fällt, dich von mir zu trennen – was ich natürlich
verstehen kann, das fällt schließlich jeder schwer“, scherzte er, und ich
versuchte, ihm eine Grimasse zu schneiden, die allerdings eher kläglich
ausfiel, „dann komm doch nächstes Mal einfach mit! Du wirst sehen, es ist echt
cool!“
Überrascht
blickte ich ihn an. Doch dann erinnerte ich mich, dass ich das vermutlich
sowieso schon getan hatte - jemanden durch die Zeit begleitet - auch wenn ich
damals davon noch nichts wusste. Warum also nicht? Und wenn ich Mike später
nicht ganz allein zu unserem Himmelfahrtskommando
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