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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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infolge des Wiedersehens mit Ihnen; auch trägt der Ueberzieher sein Zeichen, sehen Sie hier das J. M . unter dem Kragen; ich brauchte Sie garnicht im Schlafe zu stören, um es zu finden.
    Kameron hätte den Menschen erwürgen können, doch zwang er sich, äußerlich ruhig zu bleiben und bemerkte: Wenn Sie recht haben, dann kann er uns nicht entgehen; wir brauchen nur zu warten, bis er hungrig wird und von selbst zum Vorschein kommt.
    Wissen Sie, entgegnete der Geheimpolizist geheimnisvoll, das könnte uns doch zu lange währen. Menschen seines Schlages haben eine eiserne Hartnäckigkeit. Daß er fürchtet, erkannt zu werden, ist sicher, sonst hätte er sich zur Nacht seinen Ueberzieher geholt, den er in der Eile, Ihnen zu entkommen, liegen gelassen.
    Wohl wahr, erwiderte Kameron, dem der Gedanke, daß Molesworth sich ohne den wärmenden Rock in das Unwetter hinauswagen werde, einen Stich ins Herz gab. Aber wollen Sie denn die Türe aufsprengen?
    Vorerst werde ich mich nur erkundigen, wie ihm die schreckliche Sturmnacht bekommen ist. An höflicher Rücksicht meinerseits soll es gewiß nicht fehlen, sagte Q., indem er zu Molesworths Türe schritt.
    Kameron folgte ihm mit klopfendem Herzen; erst wenige Augenblicke zuvor hatte er gehört, wie der Schlüssel sich leise im Schloß drehte, und ein Blick auf seine Uhr überzeugte ihn, daß es bereits sechs vorbei war.
    Hollah! rief Q., an der Türe rüttelnd, Sie da drinnen, sind Sie nicht hungrig? Ich will Ihnen etwas von der köstlichen Mehlsuppe abgeben, die ich gekocht habe.
    Kein Laut ließ sich hören.
    Leben Sie noch, oder sind Sie erfroren? – Antworten Sie, sonst muß ich mir aus reiner Menschenfreundlichkeit mit Gewalt Einlaß verschaffen.
    Tiefes Schweigen herrschte.
    Ganz, wie ich dachte, flüsterte Q. seinem Gefährten ins Ohr und war eben im Begriff, sich mit voller Wucht gegen die Türe zu werfen, als jener vorschlug, doch erst die Klinke zu versuchen.
    Zu Q.'s grenzenloser Ueberraschung ging die Türe auf.
    Was, nicht verschlossen – und ich liege hier stundenlang davor! Für solchen Narren hatte ich mich nicht gehalten, rief er in das Zimmer stürzend.
    Kamerun folgte ihm hastig; in der Dunkelheit vermochten sie eben nur die Umrisse der Möbel zu unterscheiden, Tisch, Stuhl, Kommode, und in einer düstern Ecke eine Art Bett. Nach diesem eilte Q. hin, trat aber betroffen wieder zurück. Auch hier ist niemand, murmelte er und suchte dann eifrig in den Winkeln umher, als erwartete er, den Vermißten plötzlich aus dem nächtlichen Schatten auftauchen zu sehen.
    Erleichtert atmete Kameron auf, während er das letzte Streichholz seiner Büchse entzündete.
    Wie mag er nur entflohen sein? Vielleicht einfach die Leiter hinuntergestiegen? sagte er verwundert.
    Er wäre nicht an der Tür vorbeigekommen, ohne daß ich's gehört hätte, rief Q. zuversichtlich. Wenn er sich nicht unsichtbar machen kann, muß er noch hier sein. Dem Doktor das Streichholz aus der Hand nehmend, beleuchtete er die gegenüberliegende Wand; dann waren sie wieder im Dunkeln.
    Dort muß noch ein Zimmer oder eine Kammer sein, sagte er, schritt auf eine Tür zu und öffnete sie. Ein heftiger Windstoß fegte herein und benahm ihm fast den Atem, so trieb er ihm den Schnee ins Gesicht.
    Die Tür führt ins Freie, rief er, sie eilig schließend, und unten braust der Fluß. Es ist keine Kleinigkeit, sich in den schwarzen Abgrund hinauszuwagen. Hätten wir aber auch ein Licht, so würde es der Wind auslöschen.
    Der Doktor riet, unter diesen Umständen den Anbruch des Tages abzuwarten, aber Q. würde um keinen Preis die Nachforschungen eingestellt haben solange er noch hoffen durfte, daß sich Molesworth in seinem Bereich befand. Mutig steuerte er in das Dunkel hinaus, zuerst vorsichtig nach allen Seiten umhertastend. Bald jedoch hatte er sich überzeugt, daß sicherer Boden für seine Füße vorhanden, und die Gefahr überhaupt nur eine eingebildete sei. Er brauchte nicht zu fürchten, von dem wütenden Sturm ergriffen und in die drunten tosenden Fluten geschleudert zu werden, denn rings um die Plattform, auf die er hinaustrat, zog sich ein starkes Eisengitter, zudem war sie an den Seiten durch Bretterwände geschützt, die eine Art Dach trugen. Aber auf dem Balkon war außer ihm kein lebendes Wesen zu erblicken. Konnte Molesworth von hier aus entkommen sein? Enttäuscht und niedergeschlagen trat er ins Zimmer zurück, um dem Doktor mitzuteilen, was er gefunden.
    Diesen trieb es nun seinerseits auf

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