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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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geworden; rings umgab sie der Schnee wie mit einer Mauer, und an ein Verlassen des Ortes war nicht zu denken. Hätte ihnen nur wenigstens der Mangel an Nahrungsmitteln nicht bange gemacht, und wäre der Holzvorrat nicht auf so erschreckende Weise zur Neige gegangen! – Nur Molesworth und Kameron wußten, daß ein Entkommen auf dem Wasserweg mit Hilfe des Bootes möglich sei, aber vergeblich harrten sie der Gelegenheit, es unbemerkt hinabzulassen; der vorsichtige Q. wich und wankte nicht vom Schauplatz.
    Jetzt entstand eine ernste Frage. Das Mittagsmahl war höchst mager gewesen, und wo sollte ein Abendessen herkommen? Wieder und wieder durchstöberte Q. alle Schubladen, allein ohne den geringsten Erfolg. Auch bei ihm begann sich im Laufe des Nachmittags ein nagender Hunger einzustellen, und gegen vier Uhr ertrug er es nicht länger.
    Ich muß noch einmal im Keller nachsehen, rief er, und verließ das Zimmer.
    Kaum war er fort, so ergriff Molesworth die günstige Gelegenheit und eilte nach dem Hausflur. Doch kam er sogleich mit schmerzlich enttäuschter Miene wieder zurück. Er hatte seine Zimmertür verschlossen, und so den Weg zum Balkon abgeschnitten gefunden.
    Q. kehrte bald mit strahlendem Gesicht zurück, in der Hand zwei Faßdauben tragend. Wer hat einen Strick?rief er triumphierend; wenn ich mir die Dauben an den Füßen befestige, gibt es ein Paar prächtige Schneeschuhe, mit denen ich das Dorf erreichen und Vorräte herbeischaffen kann. Man sieht von hier aus den Kirchturm in der Ferne. Was meint Ihr, Kameraden, soll ich's versuchen?
    Freilich, freilich, lautete die Antwort; nur die beiden Doktoren schwiegen, aus Furcht, sich durch allzu eifrige Unterstützung des Planes zu verraten.
    Ehe Q. das kühne Unternehmen begann, winkte er Kameron beiseite. Machen Sie sich um unsern Zeugen keine Sorge, flüsterte er ihm zu. Den Schlüssel zu seiner Türe trage ich in der Tasche; die übrigen Faßdauben habe ich gut versteckt, und ohne eine solche Vorrichtung kommt niemand durch den Schnee. Sie müssen sich seine Gesellschaft schon noch eine Weile gefallen lassen; das kann Ihnen ja auch nicht lästig sein, nachdem Sie sich so viele Mühe gegeben haben, ihn aufzufinden. Damit stieg er, von zwei Gefährten geleitet, ins Erdgeschoß hinab.
    Die beiden Doktoren wünschten sich im Stillen Glück, von seiner Gegenwart befreit zu sein. Nun galt es, die kostbare Zeit zu benützen. Molesworths Flucht mußte so bewerkstelligt werden, daß auf Kameron kein Verdacht der Begünstigung fallen konnte. Deshalb streckte sich dieser aufs Lager und schien bald in festem Schlummer zu liegen, aus dem er nicht einmal erwachte, als Q.'s Begleiter zurückkehrten. Erst bei einem donnerartigen Getöse, das von der Hausflur herübertönte, fuhr er empor, rieb sich die Augen und blickte sich erstaunt um.
    Was gibt es denn? fragte er schlaftrunken, fällt uns das Dach über den Köpfen zusammen?
    Es ist nichts Besonderes; nur der finstere Mensch – ich weiß nicht, wie er heißt – hat den Spektakel gemacht. Er wollte sich schlafen legen, und da er die Türe verschlossen fand, hat er sie aufgesprengt. Der Hausherr wird schöneAugen machen, wenn man so mit seinem Eigentum umgeht ...
    Schon war Kameron auf den Füßen und in Molesworths Zimmer. Dieser hatte mit weiser Vorsicht die Balkontür hinter sich abgeschlossen. So trug es ganz den Anschein, als sei Kameron überlistet und außer stande gewesen, die Flucht seines Zeugen zu verhindern.
    Kamerun geberdete sich sehr aufgebracht und versuchte nun, die Balkontür aufzubrechen. Sie widerstand jedoch seinen Anstrengungen. Daher stellte er sie bald ein, um mit ängstlicher Spannung zu lauschen, ob sich nicht ein Knarren der Seile hören lasse, zum Zeichen, daß das Boot sich niederwärts bewege. Mit innerem Frohlocken vernahm er jetzt den ersehnten Laut. Aber wer beschreibt sein Entsetzen, als gleich darauf ein plötzlicher Krach erfolgte, dann ein Sturz und ein Klatschen ins Wasser. Kein Zweifel, die Seile waren gerissen und das Boot samt dem Doktor in den Strom gestürzt.

Fünfunddreißigstes Kapitel.
    Molesworth im Fluß – mit dem Tode ringend! Wenn er diesmal verschwand, so war es auf Nimmerwiedersehen. Eine teuflische Versuchung trat in diesem Augenblick an Kameron heran; allein er gab ihr keinen Raum. Sein Entschluß, ihn zu retten, war auf der Stelle gefaßt. Na die Tür einem nochmaligen Anprall nicht nachgab, öffnete der Doktor ein Fenster und sprang hinunter. Er versank fast bis an

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