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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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Hochzeitsversammlung so große Bestürzung hervorbrachte. Dem Draußenstehenden schien er aus einem der obern Stockwerke des Hauses zu kommen, aber als der Detektiv zu den Fenstern emporblickte, konnte er nichts Auffälliges entdecken. Er war nicht in der Stimmung, sich auf nähere Forschungen einzulassen, auch maß er der Sache keine Wichtigkeit bei; der unheimliche Ton erschien ihm nur wie eine Art Echo seiner eigenen schwermütigen Gedanken. Sein Weg führte ihn in gerader Richtung nach der inneren Stadt. Bei der 125. Straße stieg er in die Stadtbahn, die er in der 32. Straße wieder verließ. Offenbar war es ihm noch zu früh, nach Hause zu gehen. Kurz entschlossen begab er sich geradeswegs nach dem C-Hotel.
    Nun, hat die Hochzeit stattgefunden? wandte er sich zu dem Angestellten, der noch im Bureau beschäftigt war.
    Dieser sah lachend auf. Nein, entgegnete er, es ist nichts daraus geworden. Die Braut ist durchgegangen.
    Was? rief Gryce in scharfem Ton.
    Sie hat sich davongemacht, ohne auf den Pfarrer zu warten; verdenken kann ich's ihr nicht, daß sie mit dem griesgrämlichen Molesworth nichts zu tun haben wollte.
    Was Sie nicht sagen! Es ist erstaunlich. Um wie viel Uhr denn? Lange nach unserm Weggang?
    Höchstens ein paar Minuten. Sie waren noch keine halbe Stunde fort, da kam schon der ungeduldige Bräutigam und der Herr Pfarrer Preiß hintendrein. Aber sie hatten das leere Nachsehen, sie war schon eine ganze Weile fort.
    Hat denn jemand sie weggehen sehen?
    Nur der Laufbursche.
    Und sie hat keine Botschaft hinterlassen?
    Doch; auf dem Tisch lag ein Brief. Molesworth hat ihn an sich genommen.
    Sonderbar, was heute alles geschieht. Nun, was sagte denn dieser Molesworth – wie Sie ihn nennen – dazu?
    Was weiß ich? Sehr glückstrahlend sah er auch vorher schon nicht aus und wenn einer grimmig wird, dem man so mitspielt – wer will's ihm verargen? Der Pfarrer zur Stelle und die Braut verschwunden! Mir selbst war's ordentlich peinlich, und erst das Zimmermädchen – ich glaube, sie hat Tränen vergossen, weil ihr das gute Trinkgeld entging, auf das sie gehofft hatte.
    Waren Sie denn auch mit im Zimmer?
    Nein, ich wußte von der ganzen Sache nichts, bis Molesworth herunterkam, das Zimmer bezahlte und mir mitteilte, daß die Hochzeit heute nicht stattfinden werde; die junge Dame wolle lieber warten, bis ihre Familie zugegen sein könne. Eine gute Ausrede, nicht wahr? Aber ich will wetten, daß sie ihm den Laufpaß gegeben hat. Er ließ sich zwar nichts merken und sprach ganz gelassen, aber sein Blick war furchtbar.
    Das läßt sich denken, warf Gryce ein.
    Tragisch schien er es gar nicht aufzufassen. Selbst alser den Brief des Mädchens hier an der Gasflamme verbrannte, blieb er ganz ruhig.
    Verbrannt hat er ihn!
    Bis auf die letzte Spur. Dann ging er fort.
    Wirklich höchst sonderbar, meinte Gryce kopfschüttelnd. Er verließ das Bureau, trat einige Häuser weiter in einen Krämerladen und suchte im Wohnungsanzeiger nach einer Adresse.
    Schlafen kann ich doch nicht, dachte er, da will ich mir lieber eine Kurzweil machen. Eine solche Verwickelung kommt nicht alle Tage vor und ein Detektiv muß die Gelegenheit ausnützen.
    Gryce stieg die Treppe des vierstöckigen Backsteinhauses hinauf, an dem sich ein Doktorschild befand.
    Eine sauber gekleidete Frau mittleren Alters öffnete ihm auf sein Klingeln.
    Ist der Herr Doktor zu Hause?
    Sie blickte auf eine Tafel, die in der Hausflur am Nagel hing, schüttelte den Kopf und erwiderte:
    Heute ist er nicht zu sprechen; er kommt erst morgen zurück.
    Und ich bin so krank und komme von weit her, klagte der Detektiv mit trübseliger Miene. Wenn ich meinen Anfall habe, kann mir nur Opium helfen, und man gibt mir's nicht in der Apotheke ohne eine Verschreibung vom Doktor. Ich glaubte, so spät würde ich ihn treffen; ich weiß zwar, er wird nächstens heiraten, aber jetzt kann er doch unmöglich noch bei seiner Braut sein.
    Heiraten! Doktor Molesworth – das muß wohl ein Irrtum sein, rief die Frau voll Verwunderung.
    O nein, ich weiß es von einem seiner Bekannten.
    Die Neugier der Frau war rege geworden, und da sie zudem mit dem leidenden Herrn Bedauern hatte, sagte sie:
    Wärmen Sie sich doch ein wenig im Wohnzimmer, eheSie fortgehen, ich muß noch aufsitzen, da ich zwei meiner Kostgänger zurückerwarte. Außer dem Doktor vertraue ich niemand den Hausschlüssel an; eine Zimmervermieterin wie ich muß auf Ordnung halten.
    Als der kranke Herr am wärmenden Ofen saß,

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