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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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ist mit dir geschehen!
    Jetzt hatten die Männer ihre traurige Last auf das Sofa niedergelegt; die Frau zog hastig den Mantel hinweg, der das Gesicht verhüllte.
    Um Gotteswillen, Herr Doktor, wie bleich sie ist, wie kalt; liegt sie nur in Ohnmacht oder ist sie –

    Tot, kam es in tiefem erschütterndem Ton von seinen Lippen. Der durchdringende Blick, den er dabei auf die Frau richtete, entging dem unbemerkten Zuschauer nicht.Aber wie ist es geschehen? Was hat das arme Mädchen umgebracht und gerade an dem Abend, da sie Ihr Weib werden sollte?!
    Der Doktor stand mit übereinandergeschlagenen Armen neben der Wirtin und schaute auf die stillen, regungslosen Gesichtszüge. Dem wachsamen Detektiv waren sie wohlbekannt, und das blaue Kleid, das die starre Gestalt umhüllte, nicht minder.
    Wollen Sie es wissen? fragte Molesworth, der Frau abermals forschend und gespannt ins Gesicht blickend. Ich will es Ihnen sagen: Sie hat dieses Hochzeitsfest demjenigen vorgezogen, das ich ihr bereiten wollte. Darauf wandte er sich zu seinem Gehilfen:
    Sie können nichts weiter hier tun, sagte er, das übrige ist meine Sache. Der Leichenbeschauer wird wohl bald hier sein und – Wer aber sind Sie ? redete er einen kleinen, schmächtigen Mann an, der gerade in der Tür erschien, als sich der Gehilfe entfernte.
    Ich bin Geheimpolizist, Herr – erwiderte jener. Im Begriff, weiterzureden, ward er jedoch Gryce gewahr, erkannte in ihm einen Vorgesetzten und schwieg verwirrt.
    Gryce selbst hatte indessen den jungen Menschen kaum beachtet, so sehr war seine ganze Aufmerksamkeit auf den Doktor gerichtet, der sich bei dem Worte »Geheimpolizist« plötzlich abwandte, offenbar um seine Ueberraschung zu verbergen. In einem ihm gegenüberhängenden Spiegel aber erspähte der schlaue Gryce auf Molesworths Gesicht einen solchen Ausdruck der Angst und des Schreckens, daß er innerlich seine Neugier pries, die ihn zu so entscheidender Stunde in dies Haus gefühlt hatte.
    Als der Doktor sich gleich darauf an den Eindringling wandte, war jede Spur einer Gemütsbewegung aus seinen Zügen verschwunden.
    Was hat denn die Geheimpolizei hier zu schaffen? fragteer streng. Das Fräulein hat Gift genommen und ist tot. Ich habe den gerichtlichen Leichenbeschauer davon in Kenntnis gesetzt und –
    Verzeihen Sie, entgegnete der andere ehrerbietig, von diesem komme ich gerade her. Er läßt Ihnen sagen, er könne nicht vor morgen früh zur Totenschau erscheinen; um Ihnen jede Unbequemlichkeit zu ersparen, schickt er mich her, bei der Leiche zu wachen, damit kein unbefugter Eingriff geschieht. Das ist so üblich; ich habe das Amt schon öfters versehen.
    Niemand darf die Leichenwache bei dem armen toten Mädchen halten als ich, fiel hier die Wirtin entrüstet ein. Kein fremder Mann soll in ihre Nähe kommen. Ist sie auch nicht mit mir verwandt, so habe ich sie doch lieb gehabt, und Doktor – wenn Sie ihr Andenken nur im geringsten ehren wollen, so schicken Sie den Menschen weg.
    Molesworth hatte Mühe, der bitterlich weinenden Frau begreiflich zu machen, daß bei gewaltsamen Todesfällen die Leichenschau dem Gesetz gemäß sobald als möglich gehalten werden müsse. Trete eine Verzögerung ein, so dürfe sich niemand der gerichtlichen Aufsicht widersetzen, selbst nicht die eigene Mutter der Verstorbenen. Auch ich werde hier bleiben, fuhr der Doktor fort. Mir liegt es wahrlich nicht minder am Herzen als Ihnen, daß der Toten alle Ehre erwiesen wird; habe ich sie doch zu meinem Weibe machen wollen.
    Sichtlich unzufrieden schüttelte die Wirtin den Kopf, erhob aber weiter keinen Einspruch. Molesworth bedeutete dem jungen Polizisten, Platz zu nehmen, wobei er zum erstenmal Gryces Anwesenheit bemerkte. Eben wollte er nach seinem Begehr fragen, als ein Geräusch im Vorsaal entstand, und abermals ein Fremder eintrat.
    Was suchen Sie hier? fuhr ihn der Doktor grimmigan und eilte an ihm vorbei, um die äußere Tür zu schließen, die aus Versehen offen geblieben war.
    Der neue Ankömmling, der weit gewandter und selbstbewußter auftrat als der vorige, zog Bleistift und Notizbuch aus der Tasche. Mehr bedurfte es nicht. Molesworth, einen Reporter erkennend, ließ seiner Entrüstung vollen Lauf.
    Wie können Sie sich unterstehen, hier einzudringen? zürnte er, niemand hat Sie gerufen, dies ist ein Privathaus. Holen Sie sich Ihre Auskunft über den Unglücksfall wo Sie wollen – von mir erfahren Sie nichts.
    Der junge Mann ließ sich jedoch nicht so leicht

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