Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
Vom Netzwerk:
einschüchtern.
    Wünschen Sie, daß ich den Artikel nach eigenem Gutdünken verfasse? fragte er. Ein junges Mädchen aus dieser Stadt ist auf einer Fahrt im Wagen umgekommen. Das Publikum hat ein Recht zu erfahren, wie das geschehen ist. Soll ich sagen mit einem Messer, einem Dolch oder –
    Schändlich, stieß Molesworth heraus. Sie verdienten für Ihre Zudringlichkeit gezüchtigt zu werden. Wenigstens will ich Sie zwingen, genau die Wahrheit zu berichten, was Sie vielleicht in Ihrem ganzen Leben noch nicht getan haben. Sich zu dem Polizisten wendend, fuhr er fort: Achten Sie darauf, was ich diesem Menschen mitteile; wenn er auch nur ein Wort anders schreibt oder das Geringste hinzufügt zu dem, was er hier hört und sieht, so werde ich Sorge tragen, daß er seine Stelle verliert. Dies ist keine müßige Drohung. Ich weiß, für welche Zeitung er schreibt und kenne den Herausgeber. – Also hören Sie: Dies Fräulein, Mildred Farley mit Namen, sollte heute abend mit mir getraut werden, und zwar, da sie sich nicht wohl fühlte, in aller Stille in einem Hotel – sie ist eine Waise und besitzt keine Freunde – verzeihen Sie, Frau Olney, ich hätte sagen sollen, keine näheren Verwandten.Alle Vorbereitungen zu der Feier waren getroffen, aber sie war kränker als sie dachte. Die Fiebersymptome, die ich schon am Nachmittag bei ihr wahrgenommen, steigerten sich rasch nach meinem Weggang. Als ich noch vor der festgesetzten Stunde zurückkam, fand ich sie nicht mehr im Hotel. Sie war geflohen mit Zurücklassung einiger völlig unzusammenhängender Zeilen. In höchster Besorgnis sprang ich in den Wagen und fuhr Straße auf, Straße ab, um sie zu suchen. Natürlich fand ich sie nicht. Mir war inzwischen eingefallen, daß ich versprochen hatte, einem meiner Patienten ein Rezept zu senden, das er nötig brauchte. Ich schickte den Kutscher damit fort und war im Begriff, den Wagen selbst nach Hause zu fahren, als ich in der 22. Straße auf einer Treppenstufe ein Mädchen sitzen sah, das mir bekannt schien. Ich wollte zuerst meinen Augen kaum trauen, aber es war wirklich die Vermißte. Fräulein Farley fieberte heftig und erkannte mich nicht. Ich bin so müde, sagte sie, und ließ ihr Haupt auf meine Schulter sinken, als ich sie aufhob. Zugleich hörte ich ein Klirren, als ob ein Glasfläschchen auf das Pflaster gefallen und zerbrochen wäre, und ein scharfer Geruch von Blausäure verbreitete sich. Aufs äußerste bestürzt, trug ich die Kranke in den Wagen und suchte so schnell wie möglich meine Wohnung zu erreichen. Ihre zunehmende Blässe und ihr Schwächezustand überzeugten mich jedoch bald, daß der Tod nicht fern sei. Ich hielt vor einer Apotheke und bat den Gehilfen, mir beizustehen, das Fräulein in den Laden zu tragen. Als ich mit ihm zum Wagen zurückkehrte, war es jedoch bereits zu spät – sie war während meiner kurzen Abwesenheit gestorben.
    Entsetzlich! rief die Wirtin, und selbst der gefühllose Berichterstatter schaute verwirrt und beschämt darein.
    Wo sie das Gift hergenommen, fuhr der Doktor fort, muß noch erwiesen werden; ohne ärztliche Verschreibunghätte sie es sich nicht verschaffen können, und von mir hat sie keines erhalten.
    Und ist das alles, was Sie mir mitteilen wollen?
    Sie haben genug für Ihren Artikel, entgegnete der Doktor kurz, das übrige kommt später.
    Damit mußte sich der Reporter zufriedengeben.
    Nachdem jener fort war, kam die Reihe an Gryce.
    Und wer sind Sie? fragte Molesworth.
    Der alte Mann schien vor Schwäche zu zittern. Ich hatte so arge Schmerzen, sagte er; aber jetzt will ich nach Hause. Ist wohl jemand so gut, mir die Treppe hinunter zu helfen?
    Schmerzen? fragte der Doktor, der durchaus nicht hartherzig war, was fehlt Ihnen denn?
    Ich leide an Magengicht und wollte mir Opium holen, aber ich kann nicht länger warten. Zu Hause ist man gewiß besorgt um mich; auch geht es mir schon etwas besser.
    Das klang so natürlich, daß Doktor Molesworth keinen Argwohn hegte und ihm freundlich den Arm bot. Wer der junge Polizist war ihm zuvorgekommen.
    Lassen Sie mich das besorgen, bat er gutmütig und dienstfertig. Ich habe nichts anderes zu tun und weiß mit alten Leuten umzugehen.
    Er nickte seinem Vorgesetzten vertraulich zu und geleitete ihn sorglich hinaus. Kaum aber hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, so flüsterte er rasch: Haben Sie Befehle für mich? Ist hier etwas nicht in Ordnung?
    Halten Sie die Augen offen und beobachten Sie alles, selbst die geringste

Weitere Kostenlose Bücher