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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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als man mich befragte, weil – dir klingt das vielleicht wie eine lahme Entschuldigung – mir Verhandlungen vor Gericht in der Seele zuwider sind. Auch war unsere Aehnlichkeit wirklich höchst auffallend; es wäre peinlich für mich gewesen, in Gegenwart von Leuten, die das Mädchen gekannt haben, als Zeugin zu erscheinen.Wenn dies für Charakterschwäche angesehen wird, muß ich mich darein finden. – Jetzt bin ich froh, mein Geheimnis los zu sein, das mir Unruhe genug bereitet hat.
    Ihre ungezwungene Anmut, ihr Liebreiz und die Zuversicht, die aus ihren Mienen sprach, man könne ihr um so kleiner Schuld willen nicht zürnen, hätte wohl die meisten Männer zu ihren Gunsten gestimmt. Doktor Kaneron aber hatte strenge Grundsätze und verabscheute eine Unwahrheit im kleinen fast so sehr wie im großen. Sie sah das an seinem veränderten Gesichtsausdruck und ließ betrübt den Kopf hängen.
    Kann ich nichts tun, um meinen Fehler wieder gut zu machen? fragte sie.
    Gryce trat schnell vor: Sie können uns sagen, ob Sie das Mädchen hier im Zimmer zurückgelassen haben, als Sie zur Trauung hinabgingen.
    Genofevas offenbare Fassungslosigkeit bei diesem so einfachen Verlangen war für Kameron ein furchtbarer Schlag. Lebhaft standen ihm wieder alle Zweifel und Schrecknisse vor der Seele, die er in jener Stunde durchlebt hatte, von dem Moment an, als er sie beim Anblick des Mädchens erstarren sah, das, wie sie jetzt zugab, Mildred Farley gewesen war, bis zu dem Augenblick, da sie ihm im Wagen ohnmächtig in die Arme sank. Seine heftige Erregung schwand jedoch, als er das schelmische Lächeln bemerkte, welches jetzt Genofevas bleiche Züge erhellte.
    Was, auch das weiß man schon? rief sie; ich hätte mir niemals träumen lassen, daß die Polizei so gut unterrichtet wäre und so geschickt. Ja, sie war wirklich bei mir an jenem Abend, um mir den Brautschleier aufzustecken und die Falten des Hochzeitskleides zu ordnen. Ich erwartete sie nicht, denn bei Ablieferung des letzten Kleides hatte sie ihre Bezahlung erhalten. Es war gut, daß sie kam und mir noch zuletzt behilflich war. Als ich zurTrauung hinabging, ließ ich sie hier zurück. Das war doch kein Unrecht?
    Gewiß nicht, Madame. Wir suchen ja auch nur die Tatsachen festzustellen. War sie denn noch hier, als Sie zurückkamen?
    Nein, sagte Frau Kameron, den Kopf schüttelnd. Sie war fort, ich hatte auch nicht erwartet, daß sie bleiben würde. – Walter, wo gehst du hin? Warte doch auf mich, der Herr wird mich nicht mehr lange aufhalten.
    Kameron war in den Vorsaal hinausgetreten; bei den letzten Worten seiner Frau blieb er stehen, kam aber nicht wieder ins Zimmer.
    Mein Mann hat Eile, wandte sie sich an den Detektiv. Wünschen Sie sonst noch etwas von mir zu erfahren?
    Allerdings, Madame, versetzte Gryce in verbindlichem Ton. Erstens möchte ich wissen, wie Sie mit Mildred Farley bekannt geworden sind, ferner, ob Ihr Verkehr ein vertraulicher war, und endlich, ob Sie keine Ahnung von der Ursache ihres Todes haben. Mir ist es von Wichtigkeit, hierüber Aufschluß zu erhalten, denn wie Sie wissen, ist der Verdacht entstanden, daß sie sich nicht freiwillig und mit eigener Hand das Leben genommen hat, vielmehr dabei ein Mann im Spiele war, den Sie auch kennen oder wenigstens kürzlich gesehen haben.
    Hast du noch Zeit, so lange zu warten, Walter? fragte sie, an die Tür tretend, mit freundlicher Miene.
    So lange du willst, war die fast strenge Antwort; nur gib dem Herrn befriedigende Auskunft.
    Bei dem kurzen, scharfen Ton seiner Stimme veränderte sich ihr Gesichtsausdruck, und ihr Blick wurde ängstlich.
    Ich will Ihnen alles sagen, was ich weiß, murmelte sie, es ist zwar nicht viel, kann aber doch der Polizei von Nutzen sein: Ich wurde zuerst mit Mildred Farleybekannt, als sie zu mir kam und mich um Arbeit bat. Sie hatte von meiner bevorstehenden Hochzeit gehört, durch wen, weiß ich nicht, und bat mich, meine Ausstattungskleider von ihr anfertigen zu lassen. Sie sah anständig aus, allein, da sie mir weder bekannt noch empfohlen war und ich überhaupt die Absicht hatte, meine Kleider in Paris zu bestellen, so ließ mich ihr Verlangen kalt. Als sie jedoch fortfuhr, mich mit Bitten zu bestürmen, es wenigstens einmal mit ihr zu versuchen, ward ich in meinem Entschluß wankend; das Mädchen begann mich zu interessieren, und ich forderte sie auf, den Schleier abzunehmen, der bis dahin ihr Gesicht verhüllt hatte. Sie tat das erst nach längerem Zögern; aber wie

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