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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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Tote ohne Aufsehen aus dem Hause geschafft und die ganze Sache verschwiegen werden sollte, er der Mann war, dies auszuführen. Ich verließ mich auf ihn, ging ihm nach, berichtete ihm, was sich ereignet hatte, zeigte ihm die Leiche seiner Braut und bat um seinen Beistand, den er mir versprach. Ob es eine wirkliche Hilfe war, bezweifle ich jetzt, fügte sie mit leiser Stimme hinzu, für mich wäre es besser gewesen, ich hätte das ganze Haus zusammengerufen und allen das tote Mädchen gezeigt; mir wäre dann erspart geblieben, die Täuschung tage- und wochenlang fortzusetzen. Das Geheimnis lag auf mir wie eine Bergeslast, die mich zu erdrücken drohte.
    Ihr Gatte sah aus, als teile er diese Ansicht, doch schwieg er, und Gryce fuhr fort:
    Wenn Sie der Gerichtsverhandlung in der Zeitung gefolgt sind, werden Sie wissen, daß Molesworth vor demCoroner aussagte, er habe das Mädchen auf einer Treppenstufe in der 22. Straße gefunden.
    Ich weiß. Wir verabredeten, er solle der Sache eine derartige Wendung geben. Es schien uns das beste. Der Toten schadete es nichts, und mir mußte es endlose Unannehmlichkeiten ersparen, wenn angenommen wurde, sie habe sich auf der Straße vergiftet. So urteilten wir damals. Wie sehr wir im Irrtum waren, beweist der gegenwärtige Augenblick.
    Der Detektiv blickte sie an; er öffnete den Mund zu einer neuen Frage, doch schien er sie nicht recht über die Lippen zu bringen und bemerkte einfach: Sie müssen Julius Molesworth genau gekannt haben, Frau Doktor.
    In Kamerons Gesicht stieg eine dunkle Röte auf; Genofeva aber veränderte die Farbe nicht, sie sprach ruhig und gefaßt:
    Von seiner Braut erfuhr ich mancherlei über seinen Charakter. Ich selber hatte ihn einigemale im Hause der Frau Olney gesehen und gesprochen. Die Lage, in der wir uns befanden, machte uns schnell zu Vertrauten.
    Das ist begreiflich, erwiderte Gryce, auch erscheint mir das Verfahren von Ihrer Seite nicht unnatürlich. Eine Frau handelt nach augenblicklicher Eingebung und überlegt die Folgen nicht, die daraus entstehen können. Aber ein Mann pflegt sich zu bedenken, bevor er auf einen Plan eingeht, der ihn zum Meineid führen muß.
    Sie blickte scheu und ängstlich zu Boden.
    Doktor Molesworth übernahm zudem eine furchtbare Verantwortung, als er versprach, die Leiche aus dem Hause zu schaffen, allein und ohne entdeckt zu werden. Um das auszuführen, brauchte er viel Mut und Entschlossenheit. Es gehörte die opferwilligste Hingebung dazu, um nicht vor einem so gefährlichen und grauenvollen Unternehmen zurückzuschrecken. Daß er um einer Dame willen, die er nuroberflächlich kannte, zu solchen Opfern bereit war, scheint mir wenig wahrscheinlich. Ich würde weit eher glauben, – er hielt inne, sie hing atemlos an seinem Munde, – daß er seine eigenen Gründe hatte, die Sache geheimzuhalten, schloß er bedeutungsvoll.
    Wohl möglich, entgegnete sie einfach. Was in seinem Innern vorging, kann ich Ihnen nicht sagen, nur was wir getan haben.
    Sie behaupten also, daß er die Tote aus Ihrem Zimmer und aus dem Hause geschafft hat und zwar ohne die Hilfe anderer?
    Ja.
    Und wann geschah dies?
    Das weiß ich nicht; ich war schon fort.
    Was? Sie verließen das Haus, solange die Leiche noch darin war?
    Ja, ich vertraute ihm die ganze Sache an und dachte nur noch an meine eigene Rettung. Die Hintertreppe hatte ich frei gemacht, indem ich meinen Koffer dort hinuntertragen ließ, und diesen Weg sollte er benutzen.
    Hat er es getan?
    Das vermag ich nicht zu sagen. Ich weiß nur, daß es ausgeführt worden ist; wie und unter welchen Schwierigkeiten, müssen Sie ihn selber fragen, ich habe noch keine Gelegenheit dazu gefunden.
    Glauben Sie, daß er es mir mitteilen würde?
    Nein, entgegnete sie kühn. Solange er zweifeln muß, ob ich das Geheimnis offenbart habe, würde er es für seine Pflicht halten, zu schweigen.
    Was, selbst wenn sein Leben in Gefahr schwebte?
    Sein Leben?
    Jawohl, er würde als des Mordes verdächtig festgenommen worden sein, wenn Zilia nicht ihr Zeugnis abgelegt hatte. Sie wußten also, daß der Verdacht nichtunbegründet war, daß ihm Gefahr drohte, und hätten ihn doch ins Gefängnis gehen lassen?
    Ich war erst seit zwei Wochen verheiratet, Herr Gryce. Mein Gatte verabscheute jede Täuschung, und ich hatte nicht den Mut, ihm zu gestehen, wie ich in die Geschichte verwickelt worden war. Ich verließ mich fest darauf, Doktor Molesworth werde einen Ausweg zu finden wissen. Auch nicht entfernt dachte ich, daß

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