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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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überschritten, Mildred ist in mein früheres Elternhaus am Nikolasplatz gegangen, und ich warte hier im Hotel als Deine sehnsüchtige, glückliche Braut. Welche schöne Stunde; ich zittere – aber vor Wonne. Nur wenige Minuten noch, dann tut sich die Tür auf und ich sehe Dich mit strahlendem Antlitz eintreten, um alle meine Hoffnungen Zu erfüllen. Wäre doch der Augenblick schon da. Mir schwindelt vor so vielem Glück; ich – –«
     –  –  –  –  –  –  –  
    »Sie wissen, wie alles gekommen ist. Der Blick, mit dem Sie eintraten, sprach deutlich genug, es hätte der Worte nicht bedurft. Das also war die Art, wie Sie das größte Opfer annahmen, das je ein Weib gebracht hat ! Ich weiß nichts zu erwidern. So unermeßlich meine Liebe für Sie war, so groß und unaussprechlich ist jetzt meine Verachtung. Da Sie weder eine wirkliche noch eine falsche Mildred Farley zum Weibe haben wollten, da Sie Genofeva Greturex liebten und nur sie zu heiraten dachten – wenn Sie überhaupt in die Ehe traten –, so sollen Sie mich das nächstemal als Genofeva Gretorex sehen, aber nicht als Ihre Braut. O nein, auf diese Ehre verzichte ich. Sie wollten zwar großmütig sein und in Anbetracht, daß ich alles für Sie hingegeben, mich auch in der Person der armen Näherin zu Ihrer ehrbaren, wenn auch nicht besonders geehrten Gattin machen, aber ich will Ihnen dieses Opfer nicht zumuten, das auch meine Kräfte übersteigen würde. Ich war ein stolzes Mädchen, als ich Sie kennen lernte, ich bin es noch. IhrerGnade bedarf ich nicht, um mich zu vermählen. Wenn die neunte Stunde schlägt und Sie mich hier aufsuchen, habe ich diesen Ort längst verlassen, um an meinen richtigen Platz, zu meinem wahren Selbst zurückzukehren. Noch ist es nicht zu spät. Sie sollen das Weib, das gedemütigt und betäubt vor Ihnen stand, als stolze, glückliche Gattin wiedersehen. Ich preise mein Geschick, das mich nicht für immer an die Seite eines Mannes gebannt hat, dessen Herz von Stein ist und ohne Verständnis, wie ehrenhaft auch seine Gesinnung sein mag.«
    »Die Abschiedsworte, die ich zurücklasse, werden Ihnen sagen, wohin ich mich gewandt habe. Wenn Sie sie lesen, bin ich Doktor Kamerons Frau.«

Fünfundzwanzigstes Kapitel.
    Gryce saß da und starrte ins Leere, die Blätter waren seiner Hand entfallen. Endlich vermochte Doktor Kameron, von Angst gefoltert, dies unheilvolle Schweigen nicht länger zu ertragen. Er berührte den Detektiv an der Schulter, und Gryce fuhr mit einem tiefen Seufzer aus seinen Gedanken auf.
    Eine merkwürdige Lage der Dinge, rief er, es ist zu arg, daß ich die ganze Zeit über an Ort und Stelle war, ohne etwas zu ahnen, fügte er leise mit bekümmertem Ton hinzu.
    Und ich hatte eben mit der falschen Braut gesprochen, als die richtige Genofeva erschien. Noch sehe ich den Gesichtsausdruck des armen Mädchens bei ihrem Anblick. Schrecken, Zorn, Entsetzen, Empörung, alles vereinigt. Damals konnte ich mir diese entfesselten Leidenschaften freilich nicht erklären, aber nun ich weiß, daß sie sich das Leben nahm –
    Wen hatten Sie gesprochen? fragte der Detektiv eifrig.
    Wirklich Mildred Farley in dem Brautanzug von Genofeva Gretorex, in welchem letztere bald darauf zum Altar trat?
    Ja.
    Und Sie haben sich täuschen lassen, haben geglaubt, es sei Ihre Braut?
    Mir kam kein Zweifel. Sie wissen ja, welche Erleichterung mir ihre Anwesenheit gewährte, ich war wenig kritisch gestimmt. Nur einen Augenblick sah ich sie, und da erschien sie mir reizender und sprach lebhafter als Genofeva je getan.
    Wie groß muß ihre Bestürzung gewesen sein, als sie die andere kommen sah. An Mildreds Enttäuschung hatte Fräulein Gretorex offenbar nicht gedacht.
    Sie war zu sehr mit ihrer eigenen beschäftigt.
    Die doch kaum schrecklicher sein konnte als die ihrer Schwester. Alle ersehnten Freuden lagen in Mildreds Bereich; sie brauchte die Hand nur auszustrecken und ihre Wünsche auf Erden waren erfüllt; da wird ihr plötzlich alles entrissen, und sie sieht sich zurückgeschleudert in ein liebeleeres Leben voll Mangel und harter Arbeit. Sie besaß viel Ehrgeiz und war überhaupt, wie mir dünkt, eine ursprünglichere, feurigere Natur als ihre bevorzugte Schwester.
    Das weiß ich nicht. Jedenfalls erschütterte die Zerstörung ihrer Hoffnungen sie so sehr, daß sie alles verloren gab. Nun Sie den Beweggrund kennen, der Mildred in den Tod trieb, werden Sie Ihren furchtbaren Argwohn gegen meine Frau fahren lassen

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