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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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mitgeteilt und was war Deine Antwort? – ›Das Weib, das mich liebt,‹ sagtest Du, ›muß bereit sein, mir alles und jedes zum Opfer zu bringen.‹ Soll das heißen, daß Du von mir verlangst und erwartest, ich werde meinem alten Leben entsagen, alle früheren Bande lösen, was auch die Welt darüber denken und urteilen mag? Weißt Du wohl, was das heißt? Weißt Du, wie stark die unsichtbaren Fäden sind, die uns mit den Menschen verknüpfen, denen zu gehorchen wir seit der Kindheit gewöhnt sind, die wir achten und ehren? Und wie kann ich ohne Beistand und die Genehmigung meiner Eltern mit dem stolzen Manne brechen,der schon Haus und Herd in Bereitschaft hält, um mich Unwürdige zu empfangen? Wahrlich, dazu gehört mehr Mut als ich besitze – oder mehr Härte des Herzens. – Für Dich sterben, ja, das könnte ich, wenn es Dich glücklich machte.«
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    »Ich kann nicht heiraten ohne Liebe – mein ganzes Inneres empört sich dagegen. Wohin soll das führen? Will denn kein Engel herniedersteigen, um mir zu helfen in meiner Not? –«
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    »Darf ich Dich auch nicht sehen, Dir nicht schreiben, kann ich doch an Dich denken, für Dich beten und mit Mildred von Dir sprechen, die Dir dann und wann ein Wort wieder sagt. Die glückliche Mildred! Doch auch sie ist unbefriedigt. Sie sehnt sich nach dem, was ich gern verlassen möchte; sie sieht meinen Reichtum und findet ihn begehrenswert, sie sieht meinen Verlobten und begreift nicht, daß ich in meiner Treue gegen ihn wanken kann. Armes, betörtes Mädchen! Aber wie hochherzig sie ist, wie edel, wie hingebend! Ich komme mir oft so klein neben ihr vor, ihr Geist scheint Schwingen zu haben. Könnten wir doch miteinander tauschen! – – Großer Gott! – was für ein wahnsinniger Gedanke ergreift mich plötzlich. Hat mich meine verzweifelte Lage um den Verstand gebracht? Fast sollte ich's meinen.«
    »Wir sind von gleicher Größe und Gestalt, von gleichem Alter, in jeder Miene, jeder Bewegung sehen wir einander so ähnlich, daß mir bei ihrem Anblick immer ist, als erblicke ich mich selbst im Spiegel. Ein unheimliches Gefühl. Wie mögen andere darüber denken? – Wir haben heute den Versuch gemacht, die Rollen zu tauschen. Es war in Frau Olneys Haus; ich zog Mildreds Kleider an, sie die meinigen. Sie saß in der Fensternische hinter demVorhang, nur ihr Kleid war zu sehen; dann rief ich Frau Olneys Zimmermädchen herein, gab ihr eine Arbeit, die sie längere Zeit beschäftigte und unterhielt mich mit ihr. Ich las keine Verwunderung in ihrem Gesicht, keine Spur von Argwohn war in ihrem Wesen bemerkbar. Was erhöhte meinen Mut – ich bat sie, Frau Olney herbeizurufen; sie kam, ich sprach mit ihr, wie es zu Mildred paßte, ich bat sie um Auskunft über etwas, das Mildred zu wissen wünschte. Es gelang über alles Erwarten, die Frau blieb ruhig und ahnungslos; ich sah, sie hegte keinen Zweifel, daß ich wirklich die Person sei, für die ich mich ausgab. Der Erfolg machte uns kühner; wir wollten eine noch schwierigere Probe anstellen. Ich zog Mildred den Schleier über das Gesicht und führte sie in Dein Sprechzimmer hinunter. Wir klopften, Du warst allein. Ich hielt Wache vor der Tür, sie ging hinein und sprach mit Dir, als wäre sie Genofeva. Erfreut strecktest Du ihr die Hand entgegen; ich beobachtete Dein Gesicht, während sie den Schleier abnahm und Dir ins Auge blickte. Das Lampenlicht fiel hell auf ihre Züge, aber Du wurdest nicht unsicher, Du wichest nicht zurück . Sie warf den Kopf in den Nacken, wie ich es tue und erklärte mit stolzer Miene: ›Erst wenn ich frei bin, sollst Du mich wiedersehen!‹ An Deinem triumphierenden Lächeln erkannte ich, daß eine Aehnlichkeit wie die unsere selbst die Liebe zu täuschen vermag. Unser Plan schwebt uns nicht mehr als unbestimmte Hoffnung vor, er hat Form und Wesen angenommen und verspricht uns die einzig mögliche Lösung unseres Lebensrätsels zu gewähren.«
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    »Mildred ist wie ein Vogel, der seine Schwingen entfaltet, wie eine Blume, auf die der erste Sonnenstrahl fällt. Wenn mir der Mut sinkt, ermuntert sie mich wieder; wenn ich von den schrecklichen Folgen der Entdeckung rede, fragtsie heiter, ob Dein Bild in meinem Herzen zu erbleichen beginne, oder ob ich nicht glaube, mich auf sie verlassen zu können. Ihr fällt freilich die schwerste Ausgabe zu, und sie schlägt mir vor, erst

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