Hinter verschlossenen Türen
geblieben. Daher die unheilvolle Begegnung.
Ich aber preise die Gnade des Himmels, die sich meiner erbarmt hat, frohlockte Kameron, hier können Sie mir nicht mehr entgehen.
Sein Gegner blickte ihn einen Augenblick kopfschüttelnd und seufzend an. Sie wissen nicht, was Sie sagen, murmelte er. Besser, wir lägen beide dort draußen im Schnee begraben, oder wenigstens ich wäre tot, als daß uns diese Stunde hier zusammenführt. – Lassen Sie uns wenigstens handeln, wie es weisen Männern ziemt, und einander als Fremdlinge betrachten, bis die Vorsehung uns Mittel undWege zeigt, uns zu trennen, um einander nie wieder zu begegnen.
In Kamerons Blicken loderte eine wilde Glut. Glauben Sie wirklich, rief er mit Ungestüm, daß ich Sie wieder von mir lasse, ehe ich Ihnen das Geheimnis entrissen habe, welches mir nicht nur Haus und Herd bedroht, sondern auch die Sicherheit und Ehre meines Weibes?
Ich verstehe den Sinn Ihrer Worte nicht, entgegnete Molesworth. Die Unsicherheit, mit der er sprach, war das erste Zeichen von Schwäche, das Kameron je an ihm bemerkt hatte. Ich weiß von keinem Geheimnis, das –
Die Gebärde seines grimmigen Verfolgers brachte ihn zum Schweigen. Walter Kameron stand vor ihm wie ein Rachegeist.
Das ist eine Lüge, sprach er langsam, aber fest. Um mich mit leeren Ausflüchten abspeisen zu lassen, habe ich nicht mein bewußtloses, krankes Weib verlassen und den Schrecken des Sturmes getrotzt. Wenn Sie mich hassen –
Doktor Molesworth lächelte.
Wenn Sie mein Weib lieben –
Doktor Molesworth fuhr in die Höhe.
Glauben Sie nicht, Sie können mich verderben oder Sie werden sie erringen, indem Sie das Geheimnis zu verbergen suchen, um dessentwillen Sie geflohen sind. Inzwischen sind seltsame Dinge zutage gekommen; die Polizei hegt jetzt nicht mehr den Verdacht, daß Sie, Doktor Molesworth, der Urheber von Mildred Farleys Tode sind, sie erhebt ihre Anklage gegen meine Gattin, gegen die Frau, welche Sie – er sprach nicht weiter, sein Stolz gewann die Oberhand über jedes andere Gefühl.
Molesworth wandte sich ab, um das fast erloschene Feuer von neuem anzufachen. Ihre Mitteilungen überraschen mich, sagte er, darf ich Sie bitten, sich deutlicher zu erklären.
Das will ich. Zu dem Zweck bin ich hier, rief Kameron in seiner Erregung, Ort und Stunde vergessend. Von der Polizei gedrängt, hat meine Frau nicht länger verschwiegen, daß das Mädchen nicht, wie Sie beschworen haben, in Ihrem Wagen während der Fahrt gestorben ist, sondern vorher, in ihrer Gegenwart im Hause Gretorex am Nikolasplatz. Sie hat auch eingestanden, daß Sie selber in die Angelegenheit verwickelt wurden, indem Sie ihr zu Hilfe kamen und die Tote fortschafften.
Es entstand eine tiefe Stille; endlich öffnete Molesworth die fest geschlossenen Lippen und flüsterte kaum vernehmbar:
Sie sagen, sie sei krank?
Schwer krank.
Und Sie wünschen von mir –
Gewißheit über einen Punkt zu erhalten, an dem für mich Leben oder Tod hängt. – Halt! – Sie sollen mir nicht entgehen.
Molesworth war nach der Tür geeilt, aber er hörte das Rasen des Sturmes und ließ sich in stummer Ergebung auf die Holzbank sinken.
Ueber welchen Punkt? fragte er.
Walter Kameron nahm alle Kraft zusammen: Ob das Weib, dem ich angehöre, nur Zeugin von Mildred Farleys Tode war, oder ob sie von einem unklaren Gefühl fortgerissen, jener selbst den Trank gereicht hat, welcher – Sie wissen, was ich meine. Zwingen Sie mich nicht, auszusprechen, was nur zu denken schon Wahnsinn ist.
Und woher glauben Sie, daß ich imstande bin, diese furchtbare Frage zu beantworten? – Molesworth sprach mit so leiser Stimme, daß seine Worte in dem Toben des Unwetters fast verhallten. – Wenn Frau Kameron Ihnen über meinen Anteil an dem unglückseligen Ereignis dieWahrheit gesagt hat, so müssen Sie ja wissen, daß ich erst dazukam, als das Mädchen bereits tot war.
Sie sahen sie aber noch unter dem Eindruck des ersten Entsetzens. In solchen Momenten bleibt nichts verborgen. Was haben ihre Blicke, ihre Mienen bekannt ?
Kamerons Stimme bebte, er rang mühsam nach Fassung: beim Anblick seiner entstellten Züge wich Molesworth erschreckt zurück und fand erst kein Wort der Erwiderung; endlich sagte er:
Haben Sie so wenig Vertrauen zu Ihrer Gemahlin –
Jetzt brach des andern verhaltene Leidenschaft in hellen Flammen los:
Vertrauen! Sie reden mir von Vertrauen, während sie mich nur geheiratet hat, um der Hölle zu entfliehen, die Ihre Gleichgültigkeit ihr
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