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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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bereitet hätte. Und jetzt wagen Sie es, Briefe an sie zu schreiben, um –
    Von Molesworths Blick getroffen, verstummte er, und als jener seinen Arm mit festem Griff faßte, durchdrang ihn zugleich das Gefühl der Dankbarkeit für die Rettung, die er ihm verdankte, als auch der Seelenpein, die ihm Molesworth zufügte.
    Ihre Worte sind unverständliche Rätsel, rief Molesworth. Was reden Sie von meiner Gleichgültigkeit und ihrer Heirat? Wie können Sie behaupten, ich hätte ihr Briefe geschrieben, während ich an dergleichen nicht einmal dachte?
    Blind vor Zorn hörte Kameron nur die letzte Versicherung.
    Wollen Sie leugnen, rief er, daß Sie vor wenigen Tagen einen Brief an meine Frau gerichtet haben, worin Sie erklären, Ihre frühere Leidenschaft für sie sei nur ein Schatten, eine leere Täuschung gewesen; erst jetzt sei Ihre wahre Liebe erwacht –
    Aber Walter! – Seine Stimme klang so sanft undherzlich, daß Kameron ihn verwirrt und bestürzt anstarrte – in wie seltsamem Irrtum sind Sie befangen! Ja, ich habe einen Brief geschrieben, ihn jedoch nicht abgesandt; nicht an Ihre Frau war er gerichtet, sondern an Sie selbst. – Sie glauben mir nicht? Wohl, ich kann es Ihnen beweisen, ich habe den Brief bei mir.
    Und mit hastigem Griff zog er aus seinem Taschenbuch einen offenen Umschlag hervor, den er in Kamerons Hand legte. Lesen Sie! rief er und trat an den Herd, wo das Feuer zu erlöschen drohte.
    Aber Kameron war völlig fassungslos; die Buchstaben schwammen ihm durcheinander und tanzten vor seinen Augen; nach einigen vergeblichen Bemühungen mußte er den Versuch aufgeben und starrte seinen Gefährten mit hilflosen Blicken an.
    Hören Sie mich, Walter, sprach jener, in seiner starken Gemütsbewegung unwillkürlich die alte vertrauliche Anrede gebrauchend. Wenn ich Sie durch mein Verhalten unwissentlich beleidigt habe, so kann ich zu meiner Rechtfertigung nichts anführen als meine aufrichtige, ebenso herzliche, wie männliche Liebe für Sie. Sie nahmen meinen Platz an Brigitte Hallorans Lager ein, Sie stimmten meiner Diagnose bei und wandten meine Arzneimittel an, mit dem Bewußtsein, daß ein Mißlingen der Kur Ihnen Hohn und Spott eintragen würde, während der Ruhm eines etwaigen Erfolges auf mein Teil fallen sollte. Seitdem liebe ich Sie, wie meinen Bruder, mit aufrichtigster Herzensneigung. Von Natur kalt, empfinde ich doch für zwei Menschen die unbegrenzteste Zärtlichkeit: für meine Mutter, die mir Vorbild und Leiterin war, und für den Mann, der sich mir als Freund erwiesen hat.
    Bestürzt und verwirrt über diese völlig unerwartete Ansprache vermochte Kameron nur ungläubig zu stammeln: Aber einst sind Sie doch in leidenschaftlicher Glut fürein Weib entbrannt, für die Frau, welche seitdem meine Gattin geworden ist? –
    Der liebreiche Ausdruck in Molesworths Blick wich einem geheimnisvollen Feuer, das urplötzlich in seinen Augen aufflammte, um ebenso schnell wieder zu erlöschen.
    Hat sie Ihnen vertraut – begann er.
    Ich habe ihre Briefe gelesen, welche aus einer Zeit datieren, als sie meine Braut war, und unsere Hochzeit vor der Türe stand. Die Briefe waren für Sie bestimmt, sind zwar nicht abgeschickt worden, offenbaren aber in allen Einzelheiten den von ihr im Verein mit ihrer Schwester gefaßten Plan, nach welchem die Näherin Mildred Farley mir als Braut untergeschoben werden sollte, während Genofeva –
    Molesworths Gesicht war erdfahl geworden; er ergriff krampfhaft des andern Hand und hing mit seinen Blicken atemlos an seinem Munde.
    Sie rechneten darauf, die vornehme junge Dame zu heiraten und konnten sich nicht in die gewöhnliche Näherin finden, die sich Ihnen statt dessen darbot. Ich verdenke Ihnen das nicht; aber die Tatsache bleibt bestehen, daß die Braut mit der Liebe zu Ihnen im Herzen mit mir zur Trauung schritt und mir die Hand reichte, die noch eben in der Ihrigen gelegen. Die Leiche ihrer Schwester war noch nicht aus dem Hause geschafft, als sie mein Weib wurde.
    Es ist ein Trauerspiel ohne Gleichen, sprach Molesworth in dumpfem Ton; dann lauschte er gespannt, ob nicht ein Nachlassen des Sturmes es ihm ermöglichen werde, der erzwungenen Zusammenkunft ein Ende zu machen.
    Kameron aber dachte nicht mehr an Sturm und Unwetter. Sie ist mir eine liebende Gattin gewesen, fuhr er fort, und ich, der von ihrer düstern Vergangenheit nichts ahnte, habe sie in mein Herz geschlossen und jeden Argwohnin mir niedergekämpft, als ich sah, wie die Polizei sie von allen Seiten

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