Hintergangen
verwundert.
»Geschenke hat er mir nie gemacht. Wieso wollen Sie das denn wissen?«
»Hätten Sie etwas dagegen, wenn ein paar von meinen Kollegen mit Ihnen in Ihre Wohnung gehen und sich dort umsehen? Wir können uns auch einen Durchsuchungsbefehl beschaffen, wenn Sie nicht kooperieren.«
Tom hatte ernsthafte Zweifel, dass er einen Durchsuchungsbefehl bekommen würde, hoffte jedoch, dass Jessica das nicht wusste. Er unterschätzte sie.
»Ich vermute, das wird ziemlich schwierig für Sie, Chief Inspector . Aber bitte sehr, ich habe nichts zu verbergen.« Jessica öffnete ihre Handtasche und zog einen Schlüsselbund hervor, den sie Tom klirrend vor der Nase hin- und herschwenkte. »Hier, nehmen Sie.«
»Wir hätten gern, dass Sie mitkommen.«
»Nicht nötig. Ich rufe meine Haushälterin an und sage, sie soll hinkommen. Die Wohnung ist tadellos in Ordnung, und ich erwarte, dass das auch so bleibt. Ich würde lieber schnell diese nervtötende Vernehmung hinter mich bringen, damit ich wieder an die Arbeit kann.«
Tom bat Ajay, die Durchsuchung zu veranlassen und ein paar Erfrischungen herzubringen. Er wollte Jessica nicht zu sehr beunruhigen, bis die Sache abgeschlossen war, damit sie nicht ihre Genehmigung zurückzog. Wenn man allerdings bedachte, wie leichthin sie der Aufforderung gerade entsprochen hatte, bestand wohl nicht sehr viel Hoffnung, dass sie fündig werden würden. Sie würde ja wohl kaum eine rote Perücke oder ein Röhrchen mit flüssigem Nikotin herumliegen haben.
Nach der kurzen Pause war Tom fest entschlossen, ihr das Lachen schon noch auszutreiben. Er ließ es, vorerst jedenfalls, langsam angehen.
»Also dann, Jessica. Wie Sie uns ja schon berichtet haben, hat Sir Hugo Ihnen ab und zu Geld gegeben. Wie viel und wie oft?«
»Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht.«
Allmählich war Tom mit seiner Geduld am Ende. Er hatte im Lauf seiner Karriere schon mit einigen echten Gaunern zu tun gehabt, konnte sich aber an keinen erinnern, den er so frustrierend gefunden hatte wie diese verdammte Jessica Armstrong. Er beugte sich vor.
»Sie weigern sich also, diese Frage zu beantworten?«
»Ja. Wie ich schon gesagt habe, geht es Sie nichts an.«
»Wofür genau hat er Sie denn eigentlich bezahlt, Jessica? Ihren Körper, Ihr Schweigen?«
Jessica wirkte völlig verwirrt. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und sie musste schwer schlucken. Offensichtlich hatte Tom einen Nerv getroffen.
»Weder noch! Was fällt Ihnen ein?«
Tom war mit seiner Geduld am Ende. Mit einem lauten Schleifen stieß er seinen Stuhl zurück, stand auf und ließ beim Hinausgehen noch eine letzte spitze Bemerkung los.
»Das ist doch lächerlich. Ajay, machen Sie bitte weiter, wir kommen ja hier überhaupt nicht vorwärts.«
S ie hatten Jessica schließlich nach Hause gehen lassen, mit der strikten Anweisung, sich am nächsten Tag erneut zu melden. Tom dachte sich, etwas Zeit zum Nachdenken – oder um sich Sorgen zu machen – würde ihr guttun.
Am darauffolgenden Tag war seine Verärgerung zwar schon wieder verflogen, Antworten brauchte er aber immer noch.
Wie erwartet, war in der Wohnung nichts Interessantes zum Vorschein gekommen, aber das hatte nichts zu bedeuten. Jessica war eine intelligente Frau, und jetzt, wo er sie etwas besser kannte, war er sich sicher, dass sie nicht die geringste Spur von zweckdienlichen Beweisen hinterlassen hätte.
Am Ende ging es nur um das Geld. Warum gaben Männer Frauen Geld? Soweit Tom sehen konnte, nur aus einem Grund: Sie musste seine Geliebte gewesen sein, aber hieße das auch, dass sie ihn umgebracht hatte? Es wäre so einfach für sie gewesen – sie hatte ungehinderten Zugang zu der Wohnung, und ihre Fingerabdrücke waren sowieso überall. Allerdings nicht im Schlafzimmer, obwohl sie zugegeben hatte, die Wäsche hineingebracht zu haben. Sie hätte aber hineingehen und alles aufs Bett legen können, ohne etwas anzufassen.
Tom war bereit. Dieser dämlichen Jessica Armstrong würde er sich nicht geschlagen geben.
»Okay, Jessica, dann fangen wir noch mal ganz von vorne an. Was Sie sagen, wird aufgenommen, und wenn sich später herausstellt, dass Sie uns angelogen haben, werde ich Sie wegen Behinderung der Justiz belangen. Haben Sie mich verstanden?«
Jessica guckte erst erschrocken, doch dann nickte sie.
»Sie müssen antworten, Jessica. Für das Band. Ich wiederhole: Haben Sie mich verstanden?«
»Ja.«
»Also, wann haben Sie Ihre Wohnung gekauft?«
»Vor zwei
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