Hintergangen
weiterhelfen. In einer anderen Tüte war ein Sicherheitsausweis vom Reinigungspersonal für ein Krankenhaus. Wir haben es eingetütet – weiß nicht, ob die Sachen was nützen. Sonst ist da nichts.«
Bruce händigte Sarah die beiden Tüten aus und ging wieder hinaus, um seine Suche fortzusetzen. Sarah drückte die Tüten an sich und las Tom die beiden Namen vor. Er brauchte gar nicht erst auf seiner Liste nachzusehen. Er wusste, dass diese beiden Namen dort stehen würden – im Buch mit den Eintragungen aber fehlten sie.
»Sarah, ich gebe Ihnen jetzt den zeitlichen Ablauf der Ereignisse und ein paar gesicherte Fakten. Selber bin ich zu nah dran, bevor ich also voreilige Schlüsse ziehe, möchte ich Ihre Meinung hören.«
Er bedeutete Sarah, sich zu setzen. Sie musterte ihn aufmerksam. Er selbst ging, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, im Raum auf und ab.
»Wir wissen, dass Hugo Mädchen weggebracht hat. Wir wissen, wann er sie weggebracht hat, und laut dem, was im Buch steht, wissen wir auch, wann er sie hat gehen lassen. Wie es scheint, hat er ihnen Geld gegeben. Aber das letzte Mädchen auf dieser Liste – dasjenige, das er durchgestrichen hat – ist bei unseren Ermittlungen schon mehrmals aufgetaucht. Ihr Name ist Alina Cozma. Wir wissen, wann er sie weggebracht hat.«
Tom schwieg einen Moment und vergewisserte sich mit einem Blick auf Sarah, dass sie ihm folgte. Dann schritt er weiter auf und ab und starrte dabei konzentriert auf den Fußboden.
»Alina Cozma ging zu Hugo ins Büro. Und zwar Monate nachdem er sie weggebracht hatte. Laut Aussage von Hugos Mitarbeiterinnen war sie schick gekleidet, was darauf hindeutet, dass sie entweder ausbezahlt worden war oder dass Hugo ihr Kleider gekauft hat – ich vermute mal Ersteres. Sie hatte einen Streit mit Hugo und wurde später gesehen, als sie mit ihm in seinem Wagen vom Büro weggefahren ist. Das einzige Wort, das die Assistentin hören konnte, war ›Pool‹. Sie hat angenommen an, dass Alina einen ›Swimmingpool‹ gemeint hat – aber was ist, wenn es ›Poole‹ war? Das ist doch hier die nächstgrößere Stadt, nicht?«
Sarah nickte, während ihr Blick Toms Bewegungen folgte. Wahrscheinlich dachte sie, er würde phantasieren, doch er war sich sicher, dass er auf einer heißen Spur war. Bestimmt hatte Alina gewusst, wohin er sie brachte, und Toms Bauchgefühl sagte ihm, dass Hugo darüber alles andere als glücklich gewesen war.
Da war noch etwas. Tom überlegte. Es hatte mit Lauras Brief an Imogen zu tun, den er gelesen hatte – den über Danika Bojin.
»Zwei von Alinas Freundinnen haben nach ihr gesucht und sind in dem Büro in London gewesen. Zwei Tage später dann ist eine von ihnen sogar zu seinem Haus in Oxfordshire gefahren und hat Hugo sprechen wollen. Laut Aussage von Hugos persönlicher Assistentin ist dann ebenfalls zwei Tage nach dem Besuch der Freundinnen Alina Cozma dort im Londoner Büro aufgetaucht und wurde in Hugos Auto weggefahren. Und Hugos Frau behauptet, er sei in dieser Nacht nicht zu Hause gewesen – überraschenderweise. Außerdem sei er über irgendetwas sehr verärgert gewesen und dann ein paar Tage weggeblieben.«
Tom ging zum Schreibtisch hinüber und nahm sich die Liste mit den Namen und Daten der vermissten Mädchen vor.
»Das nächste Mädchen ist bloß wenige Tage später verschwunden – was ist also mit Alina passiert? Und warum stehen hier keine Adressen mehr?«
Er war davon ausgegangen, dass Sarah mit seiner zeitlichen Abfolge Schwierigkeiten hätte, da ihr sowohl die Namen wie auch die ganze Geschichte neu waren, doch hatte er gerade eher mit sich selbst als zu ihr gesprochen. Auch ließ sich an ihrem Gesichtsausdruck ablesen, dass die Bedeutung des Gesagten sie mit aller Macht getroffen hatte. Hugo hatte immer noch Mädchen weggebracht, aber warum waren ihre Kleider noch hier, und warum standen da keine Adressen mehr?
»Noch eines: Becky, mein Detective Sergeant, hat mit Hugos Ehefrau Laura gesprochen. Die ist der Ansicht, wenn er sie so schlimm behandelt hat, hätte er sie nie so einfach gehen lassen. Meine Vermutung ist also, dass mit Alina alles eskaliert ist.«
An Sarahs Gesicht konnte er erkennen, dass sie das Gleiche dachte wie er.
Jetzt musste unbedingt ein Ermittlungsteam her. Sie mussten das Grundstück durchsuchen, die Kellerräume und die Nebengebäude. Und sie brauchten Spezialgerät, denn Toms Berechnung nach mussten sie womöglich nach den Überresten von sechs
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