Hintergangen
die Fenster wirken leblos, als wäre dahinter nichts als Leere. Es hat überhaupt keine Seele.«
Tom hatte recht. Es war definitiv kein fröhliches Haus, und Becky konnte sich nicht vorstellen, wieso Laura nicht mehr unternommen hatte, um daraus ein Heim zu machen.
P lötzlich wachte die junge Frau aus ihrem unruhigen Dämmerschlaf auf. Sie hatte Angst, richtig einzuschlafen. Sie hatte Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte, während sie schlief – etwas, das sie nicht kontrollieren konnte. Unsicher, was sie aufgeweckt hatte, riss sie in Panik die Augen auf. War er gekommen? War er hier im Zimmer? Oder war er hier gewesen und wieder gegangen, während sie geschlafen hatte?
Doch da war nichts. Kein Anzeichen dafür, dass jemand da gewesen wäre. Essen gab es keines mehr, auch kein Wasser, und das Bett war nicht zerwühlt. Dann hörte sie ein Geräusch. Es war ein leises Klopfen und kam vom Fenster hinter ihr. Sie wollte den Kopf drehen, merkte aber, dass sie ihren Hals nicht bewegen konnte. Verzweifelt versucht sie sich umzudrehen. Vielleicht wollte jemand hereinkommen. Vielleicht hatte jemand sie gefunden. Was war mit ihrem Hals los?
Sie fuhr sich mit den Händen an den Hals, und da spürte sie es – es war die Kette. Während des Schlafens musste sie ihren Körper verdreht haben, und das war das Ergebnis. Das leise Klopfen hörte auf, bevor sie den Kopf drehen konnte. Sie schrie frustriert auf. Schließlich machte sie sich los und schaffte es, sich dem Fenster zuzuwenden. Doch da war nichts.
Sie hielt sich die Hände vors Gesicht und kämpfte gegen die Tränen an. Dann hörte sie es wieder. Erleichterung überkam sie, und sie nahm die Hände von den Augen.
Doch es war nur eine Blaumeise, die dort auf dem Fensterbrett saß und immer wieder an die Scheibe pochte.
Verzweiflung durchfuhr sie, und sie war so weit von der Realität entfernt, dass ihr nicht aufging, dass keine menschliche Hand ein so hoch über dem Boden gelegenes Fenster hätte berühren können.
11. Kapitel
I mogen steckte den Kopf zur Badezimmertür herein, wo Laura noch ganz in Gedanken versunken in der Wanne lag. Sie betrachtete ihre Freundin traurig, als sie sah, wie viel Laura im Lauf der Jahre abgenommen hatte. Zwar hatte sie immer noch eine gute Figur, persönlich fand Imogen aber, dass ein paar Kurven besser zu ihrem lebhaften Charakter passten. Ob sie jemals wieder die alte Laura werden würde?
»He, Laura«, sagte sie leise. »Ich will dich ja nicht stören, Liebes, aber die Polizei ist wieder hier. Ich kann die gern noch ein Weilchen unterhalten, besonders den Chief Inspector, aber ich weiß ja, dass sie dich sprechen wollen. Was meinst du, wie lange du noch brauchst?«
Laura schien froh, aus ihren Gedanken gerissen zu werden.
»Ich brauche noch etwa zehn Minuten. Schaffst du es so lange, Imo? Schläft Alexa noch?«
»Zweimal: ja. Guck nicht so sorgenvoll, Laura. Ich weiß, was ich sagen darf und was nicht. Horror-Hannah ist spazieren gegangen, und Alexa schläft tief und fest.«
Damit schloss Imogen die Tür und ging wieder hinunter ins Wohnzimmer zu den wartenden Polizisten.
»Laura kommt gleich. Möchte jemand etwas zu trinken?«
»Eigentlich würden wir gern die Gelegenheit nutzen, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen, Mrs Kennedy, wenn Sie nichts dagegen haben?«
Imogen verspürte ein leichtes Ziehen im Magen und überlegte, ob es wohl jedem so ging, der von der Polizei befragt wurde. Sie bedeutete den Polizisten, auf dem Sofa Platz zu nehmen, und setzte sich selbst möglichst entspannt in einen Ohrensessel neben dem Kamin.
»Ich tue, was ich kann, Chief Inspector, obwohl ich Ihnen wahrscheinlich nicht viel helfen kann.« Ein attraktiver Mann, dachte sie erneut, als Tom sie anlächelte. Nicht ihr Typ allerdings, sie hatte nur einen, und das war ein übellauniger, schwieriger Prinzipienreiter irgendwo in der Wildnis von Afrika.
»Wir wissen nicht viel über Sie, Mrs Kennedy, nur, dass Sie mit Lady Fletchers Bruder verheiratet waren und bei Ihrer Ankunft nicht besonders freundlich empfangen wurden. Können Sie uns bitte erklären, warum?«
Imogen war erleichtert über die einfache Frage, die ehrlich beantwortet werden konnte.
»Als Lauras Bruder und ich uns scheiden ließen, wurde es für besser befunden, dass ich Laura nicht mehr treffen sollte.«
Nun schaltete sich die junge Polizistin ein, Becky, wenn sie sich recht erinnerte.
»Ich habe mich heute früh kurz mit Lady Fletcher unterhalten, und sie hat
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