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Hintergangen

Hintergangen

Titel: Hintergangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Abbott
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Idee aus dem Nichts entstanden war.
    »Was? Nein, sie hat nichts zugegeben, und ich habe auch keine Beweise. Ganz im Gegenteil. Stella hat sie direkt gefragt, und sie hat ohne zu zögern verneint. Ich habe aber bloß den letzten Teil des Gesprächs gehört und mich gefragt, was davor gesagt wurde. Aus irgendeinem Grund hat Stella anscheinend geglaubt, Imogen sei es gewesen. Wenn Sie einen Ausdruck der Passagierlisten kriegen können, schaue ich die hier gern alle durch. Ich habe meinen Laptop dabei, kann also ein bisschen die Zeiten recherchieren. Ich will mir auch was über Rohypnol anschauen und wie leicht es Ende der Neunziger war, an das Zeug heranzukommen.«
    Sie schwieg einen Moment, als Tom die unvermeidliche Frage stellte.
    »Das erkläre ich Ihnen, wenn wir uns sehen. Es wird Sie aber vielleicht interessieren, dass Imogen und Laura bereits seit etwa anderthalb Jahren heimlich in Kontakt waren, und vielleicht sollten Sie da mal nachfragen, wenn Sie mit Laura sprechen. Die ist zäher, als Sie denken, Tom.«
    S ie war schwach. So schwach. Und sie verlor allmählich den Verstand. Zu viel Zeit zum Nachdenken, das war das Problem. Allmählich zweifelte sie an ihrem Realitätsbewusstsein und fragte sich, ob ihr das alles wirklich passierte oder ob es bloß ein schrecklicher Traum war – ein Albtraum von ungeheurer Klarheit, aus dem sie sicher bald aufwachen würde. Vielleicht wäre es so ein plötzliches Erwachen wie jenes, bei dem der Träumende von einer Klippe fällt und von einem dumpfen Schlag in der Herzgegend aufwacht. Vielleicht schwoll der Schrecken zu einem derartigen Crescendo an, dass es sie aufwecken würde. Das hoffte sie.
    Doch ob sie wach war oder schlief – nun wusste sie, wie Einzelhaft sich anfühlen musste. Wie nannte man das? Sie hatte es irgendwo gelesen. Unsichtbare Folter – das war es. Niemand kann die Spuren sehen, doch es treibt die Menschen in den Wahnsinn.
    Sie versuchte sich Strategien auszudenken, um bei Verstand zu bleiben. Einmal hatte sie einen Film gesehen, in dem jemand jeden Tag in seiner Gefängniszelle sportliche Übungen machte. Das konnte sie aber nicht. Sie war zu schwach. Davon könnte sie Durst bekommen, und das wäre eine Katastrophe. Sie hatte sogar versucht, ihre Tränen aufzulecken, wusste aber nicht, ob sie noch kommen würden, wenn sie kein Wasser mehr zu trinken hatte.
    Und ihre Gedanken waren wirr. Sie musste sich konzentrieren, sonst würde er sie, wenn er kam – und er würde sicher kommen –, nicht mehr wollen. Und wenn er sie nicht mehr wollte, dann wusste sie nicht, was er mit ihr anstellen würde.
    Also war das Beste, was sie tun konnte, an etwas Gutes zu denken. Sich an die glücklichen Zeiten in ihrem Leben zu erinnern.
    Sie durchforstete ihr Gedächtnis nach einem einzigen Tag, an dem es sich gut angefühlt hatte, am Leben zu sein. Es musste doch einen gegeben haben, oder? Sie hatte doch auch Träume gehabt. Träume von einem Leben ohne Armut, Träume, ein berühmtes Fotomodell zu sein, Träume von einem Leben voller Liebe und Lachen. Aber jeder Traum, den sie je gehabt hatte, war zerbrochen.

22. Kapitel
    I mogen hatte sich im Badezimmer eingeschlossen und ein heißes Vollbad eingelassen. Die Briefe hatte sie mitgenommen, wollte aber erst einmal ein Weilchen in der Wanne entspannen. Die Lektüre war so schmerzlich, sie musste sich wappnen.
    Etwas später am Tag würde Laura die Testamentsvollstrecker empfangen, sie wirkte zu Imogens Erleichterung aber gar nicht so besorgt, was dabei herauskommen würde. Sie war sich sicher, dass Hugo nicht sehr freundlich gewesen war. Das war er ja nie.
    Seit ihrer ersten Begegnung hätte Laura es sehen können, alle Zeichen hatten darauf hingedeutet, doch seine gekonnte Manipulation und ihre Bereitwilligkeit, sich seinem Willen zu beugen, hatten die Richtung für die Zukunft vorgegeben. Imogen erkannte, dass Laura sich selbst bezichtigte, nicht genug Stärke und Mut gehabt zu haben, um das Netz zu erkennen, mit dem er sie allmählich umgarnt hatte. Und ihre tiefe Scham zu sehen war fast unerträglich.
    Sie nahm den nächsten Brief zur Hand und fing an zu lesen.
    Juni 1999
    Meine liebe Imogen,
    es ist Monate her, seit ich dir einen von diesen dummen und sinnlosen Briefen geschrieben habe – am letzten Tag meiner Flitterwochen.
    Inzwischen hat sich mein Leben verändert. Ich arbeite nicht mehr, und Hugo will auch nicht, dass ich bei der Stiftung mithelfe. Ich wollte das Haus frisch renovieren, aber daraus ist

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