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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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ihn zu richten und nicht mit raffinierter Täuschung zu operieren. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass Stolle ein Auftragskiller war. Er war nicht bewaffnet gewesen, und seine Lizenz hatte ihn als Privatdetektiv ausgewiesen. Stolle hatte auch einen Flug erwähnt. Das bedeutete Flughäfen und jede Menge Menschen, kaum die richtige Kulisse für einen Hinterhalt. Schließlich waren da noch die fünftausend Dollar. Wyatt holte das Letzte aus dem Boot heraus. Und er sah nur einen Weg, seiner misslichen Lage zu entkommen.
    Es bedurfte zweier Versuche, bis er mit dem Funktelefon durchkam. Es war ein Uhr morgens und Stolles Stimme klang völlig verschlafen und irritiert. »Ja?«, meldete er sich knapp.
    »Sie sprachen von fünftausend.«
    Plötzlich war Stolle hellwach. »Richtig.«
    »Ist der Anschluss sauber?«
    »Hab’s gestern erst überprüft.«
    »Ist noch jemand im Zimmer?«
    »Nein.«
    Wyatt schwieg, unsicher, wo er ansetzen sollte.
    »Kommen Sie, spucken Sie’s aus«, sagte Stolle.
    »Ich interessiere mich für Ihr Angebot.«
    »Das ist vernünftig. Ich bin um acht in meinem Büro.«
    »In der Zwischenzeit ist so einiges passiert«, sagte Wyatt. »Ich möchte, dass Sie mich abholen. Jetzt sofort.«
    Stolle hatte keine Einwände. »Wo?«
    »Carrum. Der Nepean Highway führt dort über einen Kanal. Parken Sie irgendwo in der Nähe und warten Sie an der Brücke auf mich. Falls ich irgendetwas sehe, was mir nicht gefällt, bin ich weg, und das war’s dann.«
    Sie verabredeten sich für drei Uhr und Wyatt beendete das Gespräch. Er prüfte den Benzinstand und war beruhigt. Genug, um ans andere Ende der Bucht zu gelangen. Gegen halb drei tuckerte er in wenigen hundert Metern Abstand die Chelsea-Küstenstraße entlang. Er konnte die Straßenlampen und gelegentlich ein paar Scheinwerfer erkennen. Bei Tageslicht präsentierten sich Carrum und Chelsea als Abschnitte eines endlos langen Küstenstreifens, an dem sich heruntergewirtschaftete, billige Häuser und Ladenzeilen aneinander reihten. Wyatt fand diese Gegend grauenvoll, doch im Augenblick hatte sie den Vorteil eines kleinen Jachthafens, wo er anlegen konnte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
    Dreißig Minuten später hatte er wieder festen Boden unter den Füßen und beobachtete die Brücke. Kurz vor drei ratterte ein verbeulter Toyota-Lieferwagen mit getönten Heckscheiben über die Brücke. An der Seite war der Schriftzug ›Essen auf Rädern‹ zu sehen. Wenn das Stolles Schnüfflerwagen war, dann war er wirklich gut.
    Wyatt beobachtete, wie der Lieferwagen den Highway verließ und in eine Parkbucht fuhr. Stolle stieg aus und ging die Brücke entlang. Er wirkte ziemlich gelassen und blickte sich nicht um, es gab also keinerlei Anzeichen, dass er Verstärkung dabeihatte. Wyatt ließ zehn Minuten verstreichen und einige Taxis vorüberziehen, verließ dann seinen Beobachtungsposten und ging Richtung Brücke.
    Stolle fuhr herum, als er die Schritte hinter sich hörte. »Diesmal sollte es aber sauber zugehen. Ich bin nicht gekommen, um mich wieder niederschlagen und ausrauben zu lassen.«
    »Halten Sie die Luft an«, sagte Wyatt. »Ich hoffe, Ihre beiden Komiker sind nicht mit von der Partie.«
    »Mostyn habe ich den Fall entzogen und Whitney hat sich verpisst.«
    »Sehr gut«, sagte Wyatt und lief ohne weiteren Kommentar los. Am Toyota holte Stolle ihn ein. »Wohin?«
    »Zu Ihnen.«
    Stolle äußerte sich nicht dazu. Er schloss den Wagen auf, stieg ein und öffnete die Beifahrertür. Schweigend fuhren sie über den Nepean Highway stadteinwärts und an St. Kilda Junction bog Stolle ab auf die Punt Road. Kurz darauf kurvten sie durch die engen Straßen von Prahran mit seinen aufwändig sanierten ehemaligen Arbeiterunterkünften. Stolle zückte eine Fernbedienung, drückte auf die Taste und augenblicklich schimmerte das Kopfsteinpflaster der Gasse im Licht einer Garagenbeleuchtung. Stolle fuhr in die Garage und drückte erneut auf die Taste. Das Garagentor schloss automatisch und sperrte die Nacht aus. Stolle hielt eine kleine Pistole in der Hand.
    »Aussteigen«, sagte er.
    »Die ist überflüssig.«
    »Aussteigen.«
    Wyatt wartete an der Tür, die zum Haus führte. Er gestattete Stolle, ihn mit der Waffe zuerst in die Küche und dann in ein Zimmer zu nötigen. Stolle hatte hier einiges investiert. Zentralheizung, dicke Wollteppiche auf dem Boden, teure Möbelstoffe und Vorhänge. Das Zimmer, in dem sie sich nun befanden, sah aus wie ein selten benutztes Arbeitszimmer.

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