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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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etwas verloren.« Wyatt steckte ihn ein. Er vermutete, dass es sich bei dem Inhalt um die fehlenden Hälften der Hundertdollarnoten handelte.
    Auch am Flughafen von Brisbane nahm niemand Notiz von ihnen. Stolle holte sein Gepäck und lotste Wyatt durchs Terminal. Es war stickig und heiß. Sie nahmen ein Taxi, das sie durch die Einöde der Gegend rund um den Flughafen kutschierte. Vertrocknetes Gras überall, und als sie sich der Stadt näherten, mehrten sich die Anzeichen der Dürre und Hitze. Verbrannte Erde in den Parks und Gärten, ein bräunlich schimmernder Himmel und der Geruch von Staub vermengt mit Auspuffgasen. Irgendwo im Hinterland wirbelten starke Winde die erodierte Erdschicht auf, trieben sie hoch in die Atmosphäre und hinaus aufs Meer. Schließlich schlängelte sich das Taxi durch die Schluchten der Großstadt. Brisbane schien unter einer Glaskuppel zu liegen, war laut und hektisch. Der Fahrer hielt an der Adelaide Street und sagte: »Der Busbahnhof ist gleich hier unter der Straße.« Er sprach schnell und verschluckte jede zweite Silbe. So wie man eben in Queensland sprach.
    Sie stiegen aus, durchquerten eine Mall und gingen dann die Treppe hinunter, die zu den Schließfächern und den Haltestellen der Busse führte. Die ganze Zeit spürte Wyatt ein Prickeln im Nacken und wartete auf die Hand, die sich auf seine Schulter legte und ihn zwang, sich umzudrehen. Aber hier lungerten nur arbeitslose Teenager herum, die von ein paar gelangweilten Bullen beobachtet wurden, und natürlich die üblichen japanischen Touristen in ihren pludrigen Shorts.
    Sein Schlüssel hatte die Nummer 226. Das entsprechende Schließfach befand sich genau in der Mitte einer Reihe gleichförmig grauer Schließfächer. Leute kamen und gingen, wollten ihr Gepäck verstauen oder es holen. Die Person, die für Wyatt von besonderem Interesse war, erhob sich von einem der Plastiksitze und stellte sich ihm in den Weg, als er auf die Schließfachanlage zuging. Er sagte kein Wort und blieb einfach stehen. Vor drei Monaten hatte sie ihn fast das Leben gekostet. Er fragte sich, ob der Tod Teil dieses merkwürdigen Deals sei.

    FÜNFZEHN

    Wyatt wich zurück.
    Ein denkbar ungünstiger Ort — es gab mehrere Ausgänge, aber er befand sich nicht zu ebener Erde, noch dazu in einer Stadt, die er nicht kannte, und in Begleitung von Leuten, die von seinem Tod profitieren könnten.
    Anna Reid schien das zu spüren und hielt Abstand. Sie sagte: »Alles okay, Wyatt«, als versuchte sie, einen nervösen Kampfhund zu beruhigen. Wyatt blieb stehen, unablässig die Menschenmassen im Blick, die sich durch die Gänge schoben.
    »Danke, Mr. Stolle«, sagte Anna lächelnd und schüttelte Stolle die Hand.
    Wyatt musterte die beiden. Anna und Stolle trennten nur wenige Zentimeter und gerade übergab sie ihm einen braunen Umschlag, den sie aus ihrer Tasche gezogen hatte. Der Umschlag verschwand umgehend unter Stolles Mantel. Die Transaktion war schnell und unauffällig verlaufen. »Es ist alles da drin«, sagte sie.
    Stolle grinste übers ganze Gesicht. »Ich vertraue Ihnen. Wie wäre es mit einem Abendessen, wenn ich schon mal hier bin?«
    Er wartete offenbar auf eine Antwort.
    Anna Reid starrte ihn an. »Was für ein schlechter Witz«, sagte sie dann entschieden.
    Stolle lief rot an, rief: »Blöde Kuh!«, und machte auf dem Absatz kehrt. Anna sah ihm nach. Sie trug ein ärmelloses, olivgrünes Baumwollkleid und schwarze Sandalen. Das glatte schwarze Haar hatte sie hinter die Ohren gekämmt. Das gab ihr eine selbstsichere, reizvolle Note. Als Stolle außer Sichtweite war, wandte sie sich an Wyatt. »Den Schlüssel, bitte«, sagte sie.
    Er gab ihn ihr. Die Prägung der Schließfachnummer auf der Tür blätterte bereits ab. Sie öffnete das Schließfach, zog eine Ansett-Tasche heraus und drückte sie Wyatt in die Hand. Wortlos hängte er sich die Tasche über die Schulter. Sie war ziemlich leicht, schien aber ausgestopft zu sein. Wahrscheinlich alte Zeitungen. Sie wiederholte, was sie eben zu Stolle gesagt hatte: »Es ist alles da drin.«
    »Was soll das Ganze?«, fragte Wyatt schroff.
    Sie überging die Bemerkung. »Hast du schon gegessen?«
    »Vergiss es.«
    Er wollte nur weg von ihr, weg von diesem unterirdischen Ort, der niemals Tageslicht sah. Er drehte sich um, doch in diesem Moment packte sie seinen Arm. Entschlossenheit lag in diesem Griff. »Ich habe einen Job, der dich interessieren dürfte.«
    Die leise Stimme und die energische Geste riefen die

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