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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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an einem Hang mit Blick auf den Norman Creek. Von hier aus sah man die Privatschule, auf die seine Tochter Mignon nächstes Jahr gehen würde, wenn er das horrende Schulgeld zusammengekratzt hatte. Ein Gebäude mit Ziegeldach, umgeben von hohen alten Bäumen, viel schöner als die High School auf der anderen Seite des Ufers. Die Bäume dort waren bevölkert von einer Kolonie von Flughunden. Sie stanken wie die Pest, machten einen furchtbaren Lärm und erinnerten ihn immer an Vampire. Hier im Osten Brisbanes war alles sauberer, irgendwie geregelter.
    Er drehte sich wieder um. »Das ist ein Wochenendseminar, verdammt noch mal. Ich werde mir mit einem Kollegen aus Mackay ein Zimmer teilen und wir werden bis in den späten Abend mit Vorträgen bombardiert. Heute und morgen. Wir sind die ganze Zeit voll eingespannt. Die ganze Zeit.«
    Joyce gab nicht auf. »Ich bin sicher, wir könnten auch ein Zimmer für uns haben. Du gehst zu deinen Vorträgen und ich lege mich an den Strand. Falls dich dein Spieltrieb packt, wäre ich zur Abwechslung mal zur Stelle und könnte eingreifen, bevor du Haus und Hof verlierst.«
    Gottverdammt noch mal, er musste verhindern, dass sie am Wochenende in seiner Nähe war. Hätte er doch nur gesagt, TrustBank würde den Workshop dieses Jahr am Mt. Isa veranstalten. Die Gold Küste war ein rotes Tuch für sie. »Schatz, die ganz hohen Tiere werden da sein. Es sieht einfach blöd aus. Man will uns Teamgeist vermitteln, und wenn ich mit dir auftauche, bin ich sofort abgeschrieben.«
    Joyce verschränkte die Arme. »Lauter Männer und keine einzige Frau? Für wie naiv hältst du mich eigentlich?«
    »Wir haben den Kopf voll. Selbst wenn wir wollten, wir wären viel zu geschafft, um noch um die Häuser zu ziehen. Außerdem wird es bei solchen Anlässen nicht gern gesehen, wenn wir uns voll laufen lassen.«
    Jedenfall hatte es sich vor zwei Jahren so abgespielt, als Nurse zum ersten und letzten Mal an einem Wochenendseminar der TrustBank teilgenommen hatte. Er warf seine Hausschuhe in den Koffer. Das war anscheinend in diesem Moment genau das Richtige, denn Joyces Blick wurde auf einmal versöhnlich. »Okay, aber versprich mir, dass wir bald mal ein Wochenende dort verbringen. Nur wir beide.«
    »Versprochen«, sagte Nurse.
    Als sie aus dem Zimmer war, holte er schnell noch seinen Smoking aus der hintersten Ecke des Schranks, legte ihn sorgfältig in den Koffer und klappte den Deckel zu. Vor ihm lagen ein paar ätzende Tage, also hatte er sich auch etwas Abwechslung verdient.
    Er sah auf die Uhr, halb acht, er musste los. Im Hinausgehen gab er Joyce und Mignon einen Kuss, sagte bis Sonntagabend und wuchtete den Koffer in den Volvo. Was jetzt kam, war ihm zuwider. Vor acht Jahren war er noch Direktionsassistent der TrustBank bei der Niederlassung Ost in Brisbane gewesen. Zehn Minuten Fußweg. Vor einem Jahr hatten sie ihn zum Direktor der Niederlassung in Logan City befördert, nette Gehaltserhöhung und ein neues Auto inklusive. Doch Logan City war über dreißig Minuten entfernt von Brisbane und lag am Arsch der Welt. Auf keinen Fall hätten Joyce und er dort wohnen mögen. Also versuchte er seit einem Jahr, sich an die lange Fahrt zu gewöhnen, an die öde Gegend, die arbeitslosen Jugendlichen und die Mütter, die ihre Kinderwagen durch die tristen Einkaufszentren schoben.
    Um Viertel nach acht stellte er seinen Wagen auf dem für ihn reservierten Parkplatz im Hof hinter der Bank ab und kramte nach dem Schlüssel für den Hintereingang. Der Wachmann aus der Nachtschicht döste auf einem Plastikstuhl vor Nurses Büro vor sich hin. Als er Nurse sah, gähnte er herzhaft, warf einen Blick auf die Uhr und verdrückte sich in die Kaffeeküche.
    Die ersten Bankangestellten trudelten ein. Im Gegensatz zu Nurse verfügten sie über keinen eigenen Schlüssel, und so musste der Wachmann jedes Mal die Vordertür mit den schweren Doppelglasscheiben aufschließen, um sie hereinzulassen. Nurse grüßte sie freundlich, schenkte Angie, der Kassiererin mit der üppigen Oberweite, ein aufmunterndes Lächeln und verschwand in seinem Büro. Der Vormittag drohte mörderisch zu werden. Der Kasten mit der Eingangspost quoll über und um elf hatte er einen Termin mit jemandem, den er lieber nicht treffen wollte.
    Um sich zu entspannen, ließ er sich Kaffee und Kekse kommen, entwarf einige Anschreiben und Mitteilungen. Eine Sache bereitete ihm einiges Kopfzerbrechen. Ende der kommenden Woche, von Freitagnachmittag bis

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