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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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überging die Bemerkung. »Wir müssen sie finden. Erzähl mir von gestern Abend. Und lass verdammt noch mal nichts aus, ansonsten fahr ich Schlitten mit dir.«
    Seine heisere Stimme war ein Warnzeichen. Auch die Kieferknochen, die jetzt deutlich hervortraten, waren eine Drohung. Nurse schluckte und erstattete Bericht: eine Show am frühen Abend, ein paar Drinks, Abendessen — allein, ein paar Dollar beim Blackjack und Roulette, dann diese Frau, Sonia.
    »Wie sah sie aus?«
    Nurse beschrieb sie.
    »Ist das alles?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na los, Nurse. War sie allein? Hat sie jemandem Zeichen gegeben? Hat dich jemand gesehen, der deine Geschichte bestätigen kann? Denk nach, verdammt noch mal.«
    »Naja, am Roulettetisch gab es einen kleinen Zwischenfall. Der Manager wollte sie rauskomplimentieren.«
    »Weshalb?«
    Nurse zuckte mit den Schultern. »Ich nehm an, sie kam ihnen irgendwie verdächtig vor.«
    »Aber dir kam sie nicht verdächtig vor, was? Jeder Arsch kann sehen, dass mit ihr was nicht stimmt, aber du denkst mit deinem Schwanz.«
    Nurse blickte auf den Boden. Lovell war gefährlich nah, und sein langer Oberkörper weckte Erinnerungen an eine andere Situation physischer Unterlegenheit. Nurse fühlte sich auf den Schulhof zurückversetzt, als er bei einem Gerangel unversehens an den stärksten Jungen der Schule geraten war.
    »Und was willst du jetzt unternehmen?«, fragte er vorsichtig.
    »Ich? Ich werde sie suchen, was glaubst du denn! Erstens, sie hat mich abgekocht, zweitens, was ist, wenn sie plaudert?«
    Alles drehte sich jetzt um die Frau. Nurse wurde langsam lockerer.
    Das war ein Fehler. Lovell sah es ihm sofort an und rammte ihm den Zeigefinger unter das Kinn. Es fühlte sich an wie der Lauf einer Pistole. »Glaub ja nicht, dass du aus dem Schneider bist. Gewinn und Verlust. Du weißt, was ich meine. Du steckst tief in den roten Zahlen.«

    EINUNDZWANZIG

    »Herrgott, Lovell, du strapazierst unsere Freundschaft.«
    »Übertreib nicht, Rice. Schließlich machst du auch deinen Schnitt.«
    »Ja, weil ich so tue, als wär ich auf beiden Augen blind, und nicht, weil ich mich irgendwo reinhänge.«
    Verärgert zog Lovell drei Fünfziger hervor und steckte sie Rice in die Jackentasche. Der Detective wich zurück, als wollte man ihm ans Leder, fischte die Scheine wieder heraus und verstaute sie in seinem Portemonnaie.
    »Und wenn sie nicht mitmachen?«
    »Dann überrede sie. Sollte das nicht funktionieren, dann lass durchblicken, dass du dich ’n bisschen umschauen und die Gäste filzen wirst.«
    »Die werden sich totlachen. Dafür haben die ihre eigenen Leute. Ich lande ganz schnell wieder beim Streifendienst in diesem verschissenen Ipswitch, wenn ich die Gäste belästige.«
    Lovell wurde es langsam zu bunt. »Hör zu, du bist der Bulle und du weißt verdammt gut, wie man Leute dazu bringt, zu kooperieren. Erzähl ihnen einfach, ein paar Schaumschläger aus den Staaten haben in den Casinos abgeräumt. Und dein Job ist es, herauszufinden, ob das Monte Carlo auch auf ihrer Liste stand.«
    Rice trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad seines Sigmas und dachte nach. Lovell saß neben ihm auf dem Beifahrersitz. Sie hatten in einer Seitenstraße unweit des Casinos geparkt. Drei junge Frauen, langbeinig und sonnengebräunt, liefen auf Roller Blades am Wagen vorbei. Jede von ihnen hatte eine Eistüte in der Hand und ihre knallbunten Bikinis enthüllten mehr, als sie verdeckten. Bei ihrem Anblick stöhnten beide Männer auf und sahen nur noch Eis auf gewissen Körperpartien, verschmolzen zu einem für sie durchaus sinnvollem Ganzen. Auch Nurse hatte sie gesehen. Bleich, teigig und eingeschüchtert, hockte er in der Nähe des Wagens auf einer gusseisernen Bank.
    Lovell stieß Rice an. »Schau dir den an. Was für ein Pickel.«
    Rice sah hinüber. »Wer soll das sein?«
    »Er kann die Frau identifizieren.«
    »Ich weiß nicht, worum’s geht, Lovell. Wie soll ich dem Sicherheitsdienst eure Anwesenheit erklären?«

»Lass deine Marke aufblitzen, dann fragen die gar nicht mehr, ob wir auch eine haben. Sag einfach, wir gehören einer Spezialeinheit an. Was für eine, das weißt du besser als ich.«
    Rice fixierte Lovell. Der Detective war übergewichtig und hatte buchstäblich keinen Hals. Er war sehr hellhäutig und trug einen rötlich gelben Schnurrbart und eine Sonnenbrille mit dünnem Metallrand, die vielleicht mal vor zehn Jahren hip gewesen war. Er schüttelte den Kopf. »Ihr zwei gebt die

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