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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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voller Accessoires bewacht. Sie ist die Einzige, die sich über meinen Auftritt kaum zu wundern scheint. Ihr verbrauchter Blick sagt mir unter schweren Lidern hindurch, dass sie im Lauf der Jahre schon sehr viel Seltsameres gesehen hat.
    »Kannst du mich davon befreien?«, frage ich vom Boden aus und rüttele an meinen Handschellen.
    Die Frau wirft einen skeptischen Blick darauf, während der Regisseur immer wieder und zunehmend hysterisch »Cut!« ruft und ein teuer aussehender Scheinwerfer mitsamt Aluminiumständer umkippt, woraufhin die Glühbirne weiße Funken sprühend explodiert.
    »Was sind das für Handschellen?«
    Ich spähe nervös durch das Loch in der Wand. »Ganz gewöhnliche von der Polizei.«
    Sie lacht. »Polizeihandschellen? Die krieg ich mit der Zunge auf.«
    Die Vorstellung ist auch deshalb so unappetitlich, weil sie einen Mund voller nikotinverfleckter Beißerchen hat.
    »Ein Schlüssel würde es auch tun, Schätzchen«, sage ich verschmitzt. Die Frau findet einen Schlüssel und macht sich damit an meinen Handschellen zu schaffen. In der Zwischenzeit tut sich was hinter mir auf dem Bett, Krieger versucht, durch das Loch zu klettern.
    »Was soll der Sadomaso-Freak?«, ruft der Regisseur. »Ich drehe hier doch keine SM -Szene.«
    Ich wirbele gerade noch rechtzeitig herum, um mitzubekommen, wie einer der Zuchthengste, ein geradezu obszön muskulöser Mensch, Krieger mit einem rechten Haken beinahe enthauptet.
    »Das Arschloch hat eine Knarre«, erklärt er, was genügt, um den weiblichen Star schreiend aus dem Raum rennen zu lassen.
    Krieger hängt in der Öffnung. Hundertsechzig Pfund lebloses Gewicht.
    Ein paar Schlüsselumdrehungen später bin ich ein freier Mann.
    »Wer zum Teufel bist du?«, kreischt der Regisseur. »Was geht hier verdammt noch mal vor sich?«
    Irgendwo habe ich gelesen, dass Männer durchaus wie Mädchen kreischen dürfen, vorausgesetzt, es handelt sich um Filmregisseure.
    »Schon okay, Leute«, sage ich und rappele mich auf, versuche trotz meiner Aufmachung so was wie Würde auszustrahlen. »Ich bin Polizist. Verdeckter Ermittler. Diese beiden wollten illegal Filme drehen. Wenn ihr einfach alle eure Genehmigungen und Geburtsurkunden auf den Tisch legt, seid ihr in fünf Minuten draußen.«
    Im Raum wird es still, und ich höre Fortz nebenan glucksen wie ein Baby auf der Suche nach der Mutterbrust.
    »Kann ich sonst noch was für dich tun, Süßer?«, fragt meine Retterin mit einem Stirnrunzeln, das mir verrät, dass sie mir den Mist keine Sekunde lang abkauft.
    Ich klemme mir den Schlüssel für die Handschellen in den Ledertanga – man weiß ja nie –, dann suche ich auf dem Dessertwagen nach Verwendbarem.
    »Darf ich mir einen Dildo borgen?«, frage ich.
    Der Antrag ist anscheinend nicht spezifisch genug. »Klar. Welchen?«
    »Den großen«, sage ich.

    Ich überlege, Krieger und Fortz totzuschlagen, ganz im Ernst. Die Schweine haben es verdient. Zweifellos ist das nicht ihr erstes Rodeo gewesen, Gott weiß also, wie viele Leben ich retten könnte, wenn ich sie unter die Erde bringe.
    Aber Mord liegt mir einfach nicht, egal wie leicht er zu rechtfertigen wäre.
    Die ganze Episode mag ja recht komisch rüberkommen, mit dem Ledertanga und dem Pornodreh, aber in Wirklichkeit hatte ich in meinem Leben noch nie so viel Angst, und mich hat noch nie etwas so sehr angewidert wie das eben. Im Libanon wurde ich Zeuge entsetzlicher Verderbtheit, aber was ich in diesem Raum mit ansehen musste, hat meiner Psyche ganz neue Narben beschert.
    Ich schiebe Krieger zurück in den Raum, lasse ihn auf dem Bett liegen und steige über ihn drüber. Fortz liegt noch immer in einer Lache aus Fett und Blut auf dem Boden, flucht wegen seiner ruinierten Kauleiste, als hätte er einfach einen schlechten Tag erwischt. Halbherzig bringt er die Energie auf, nach Kriegers Waffe zu greifen, aber ich ziehe ihm den Dildo über, verpasse ihm einen ordentlichen Schlag an die Schläfe, der ihn unschädlich macht.
    »Du kannst von Glück reden«, schreie ich den bewusstlosen Cop an, »dass ich dieses Ding als Schlagstock benutze und nicht auf die Art, für die es eigentlich vorgesehen ist.«
    Mein Puls liegt immer noch bei etwa zweihundert, was bei einem Mann meines Alters durchaus im Risikobereich liegt, aber ich fühle mich schon ein bisschen besser. Die unmittelbare Gefahr ist gebannt, und jetzt muss ich mich nur noch um Mikes Auftrag kümmern und aufpassen, dass sich mir diese beiden Vollidioten nicht an

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