Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
County Wales hierher.«
Ich bin froh, dass ich jetzt einen Vorwand habe zu lächeln. »Das ist toll! Ich habe Cousins in County Wales.«
Mary streckt entschlossen die Brust heraus. »Na, dann hoffe ich, dass Sie Hunger haben, lieber Cousin. Der Toast wird nämlich so groß sein, dass eine Armee davon satt wird.«
Ich mag Mary jetzt schon, und hätte ich nicht kürzlich erst zwei Stromschläge kassiert und wäre entführt worden, hätte ich mich vielleicht sogar ein bisschen mehr angestrengt. Aber in meiner Tasche stecken Inhaberschuldverschreibungen, und realistisch betrachtet, bemüht sich Mary wahrscheinlich gerade um ein gutes Trinkgeld, und selbst wenn nicht, fühle ich mich Sofia gegenüber verpflichtet wie einem schizophrenen Engel auf meiner Schulter.
Mary marschiert in die Küche, und ich lege meine Hände auf den Tisch, schaue nach, ob sie noch zittern.
Regt euch ab, ihr kleinen Scheißerchen, strahle ich sie an. Ihr habt viel zu tun.
Norma’s ist sehr viel schicker als der Laden, in dem ich sonst frühstücke, aber manchmal muss man einem guten Toast zuliebe auch ein kleines bisschen Klasse in Kauf nehmen. Selbst kurz vor drei am Nachmittag ist der hohe Raum noch zur Hälfte mit Geschäftsleuten besetzt, die sich die Krawatten lockern und Kragenknöpfe öffnen, die anderen sind von außerhalb und wegen der berühmten Pfannkuchen extra in die Stadt gereist. Ich wette, ein Mädchen wie Mary verdient hier zweihundert Dollar pro Tag allein an Trinkgeld.
Vielleicht sollte ich ihr einen Job anbieten.
Während ich mir vorstelle, mit welch völlig übertriebener Begeisterung meine Bedienung auf mein imaginiertes Stellenangebot reagieren würde, hat Mary die Zeit genutzt, um eine Kanne Kaffee zu besorgen und mir an den Tisch zu bringen.
»Hey, Cousin«, setzt sie an und erstarrt plötzlich mit Blick auf meine Hände.
Nein, nicht meine Hände, etwas in meinen Händen. Ich sehe nach und merke, dass ich eine der beiden Glocks auf den Tisch gelegt habe. Dabei kann ich mich gar nicht dran erinnern. Wozu soll das gut sein in einem Restaurant? Ich spüre kalten Schweiß durch meine Nackenporen dringen.
Aber Mary lässt sich nicht lange aus dem Konzept bringen. Das Mädchen arbeitet immerhin in NYC .
»Ah, schon kapiert. Ire, hm? Dann sind Sie also Cop?«
Schön, wenn man die eigenen Ausreden serviert bekommt. Ich wünschte, das wäre immer so.
»Das ist die Pistole eines Polizisten«, sage ich wahrheitsgemäß und nehme die Glock vom Tisch. »Musste mich nur vergewissern, dass sie gesichert ist. Ich will ja keinen Gast erschießen.«
Mary schenkt mir eine Tasse Javabohne ein, und ich weiß schon allein wegen des Aromas, dass der Kaffee erstklassig ist.
»Sehen Sie die beiden da in der Ecke, die immer Stielaugen machen, wenn ich mit meinem Hintern vorbeiwackle?«, flüstert sie.
»Ja, die sehe ich«, erwidere ich.
Jetzt, wo sie die Worte Hintern und wackeln in einem Atemzug erwähnt hat, werde ich natürlich auch Stielaugen machen.
»Die beiden dürfen Sie ruhig erschießen, Officer«, sagt Mary, und ich spüre ihren Atem an meinem Ohr, was beinahe die Erinnerung daran verdrängt, dass Fortz vor noch nicht allzu langer Zeit an dieselbe Stelle geatmet hat.
Der Toast ist genauso gut, wie ich ihn in Erinnerung hatte, nur doppelt so groß, unter einem Berg von Obst, Sahne und Sirup vergraben und versüßt durch den diskreten Hüftschwung, den mir Mary im Vorübergehen schenkt. Als würde man einem ertrinkenden Hund einen Knochen zuwerfen. Ich weiß die Geste zu schätzen, aber meine Situation verbessert sich dadurch nicht.
Ich mache mich über den Toast her, der so gut ist, dass ich ihn mir widerwillig schmecken lasse, obwohl meine Verschnaufpause zeitlich begrenzt ist.
Treibstoff, sage ich mir. Vor Sonnenuntergang gibt es noch viel zu tun. Du musst immer noch nach SoHo.
Ich lege das Besteck weg und überlege, den Deal sausenzulassen. Nach meinem Zusammenstoß mit dem falschen Arm des Gesetzes kann ich nicht anders, als in Erwägung zu ziehen, mein Waffenlager im Schließfach am Busbahnhof zu räumen und die Sache mit Mike Madden direkt zu klären. Die irische Regierung hat eine Menge Geld darauf verwendet, mir feuchte und stille Methoden beizubringen, und es wäre doch schade, wäre die Investition umsonst gewesen.
Immer besser, man entscheidet sich für das schon bekannte Übel, stimmt’s? Dieser überempfindliche Kerl in SoHo könnte irgendein Mafiaarsch sein, dem völlig egal ist, ob ich einen
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