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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Kerl springt von einem dieser seltsamen lehnenlosen Schreibtischhocker auf und rennt mir mit dem Mund voller Hummus entgegen.
    Ich kann’s kaum fassen. Das ist nun schon das dritte Mal: Der Erste schlürft Kaffee, der Zweite hat fettige Finger, der Dritte schmatzt mit offenem Mund.
    Wissen Sie was? Menschen sind Tiere.
    Du bist doch kein Affe, will ich diesem Mann sagen. Mach verdammt noch mal den Mund zu.
    Aber das würde zu Spannungen führen. Also kichere ich.
    »Wird aber auch Zeit, McEvoy …«, fängt er an, dann hört er mich kichern. Seine Technoturnschuhe kommen auf dem Holzboden quietschend zum Stehen. »Was? Lachst du mich aus?«
    In Sheas schlaffem Kinnbärtchen hängen verschiedene Speisereste. Wie soll ich diese Person ernst nehmen?
    Mir fällt wieder ein, dass ich mich dumm stellen wollte. Oder besser gesagt, dümmer als ich bin. Wäre ich nicht dumm, wäre ich dann überhaupt hier?
    »Nein, Sir, Mister Shea«, stammele ich. »Ich hab da so ’ne Krankheit. Hat mit Stress zu tun, hat meine Mom gesagt. Heißt A … D … irgendwie so. Ein D ist auch noch dabei. Ich hab auch was dafür, eine Medizin, aber wir haben keine Cheerios mehr, und da hab ich sie nicht genommen. Sie sind ganz toll, Mister Shea, und ich war noch nie in einem Penthouse. Wissen Sie, dass Ihre Tür aussieht wie das Hotel, aber geschrumpft?«
    Ich fürchte schon, dass ich es mit der Dämlichkeit vielleicht übertrieben habe, aber meine kleine Ansprache bringt Shea zum Lachen.
    »Hast du den Scheiß gehört, Freckles?«, fragt er Splatter. »Mike hat uns vorgewarnt, dass der Typ unterbelichtet ist, ausnahmsweise hat er wohl die Wahrheit gesagt.«
    Jetzt bin ich im Besitz neuer Informationen, die weitere Schlussfolgerungen zulassen: Der Spitzname des Chefaufpassers ist also »Freckles«, was aufgrund des Gesetzes der umgekehrten Proportionalität bedeutet, dass er gemeiner ist als eine Schlange.
    Shea wackelt wieder zurück zu seinem ergonomischen Hocker, und ich betrachte den Mann unter schweren Lidern, versuche vorübergehend über die Kichererbsensesampaste hinwegzusehen, wobei ich nicht ausschließen kann, ihn später darauf anzusprechen.
    Shea ist kaum mehr als ein Junge. Höchstens zweiundzwanzig, angezogen wie direkt aus Abercrombie, wahrscheinlich steht er an den Wochenenden mit anderen Jugendlichen vor der Disco an. Auf der Stirn hat er Aknespuren und äußerst gepflegtes blondes Haar, das kunstvoll in hundert verschiedene Richtungen absteht. Wenn dieser Jüngling die Spitze der Organisation bildet, die von hier aus geleitet wird, dann kann er das noch nicht lange tun.
    Vielleicht ist der König gestorben, und der Junge ist ihm auf den Thron gefolgt.
    Shea trommelt ein bisschen mit den Zeigefingern auf der Tischplatte, dann nickt er mir zu, ich möge mich setzen.
    »Pass auf, McEvoy, Folgendes ist passiert.«
    Ich will nicht wissen, was passiert ist. Herausfinden, was passiert ist, hat noch selten jemanden glücklich gemacht.
    »Sie können’s mir gerne erzählen, Mister Shea«, sage ich und frage mich, wie lange mir der Dämliche abgekauft wird. »Aber wenn ich Mister Madden was ausrichten soll, dann würd ich’s lieber mit meinem Handy aufnehmen.«
    Shea grinst Freckles dreckig an, und ich weiß, dass ich gearscht bin. »Du musst nichts aufnehmen, McEvoy. Du wirst Mister Madden gar nichts erzählen.«
    »Na gut.«
    Shea fährt mit seiner Geschichte fort, schiebt sich dabei Essen aus einem Pappbehälter in den Mund. »Mike. Mister Madden. Mein Dad hat ihn sein eigenes kleines Unternehmen draußen in der Pampa führen lassen, weil er Mike den ein oder anderen Gefallen schuldig war. Mikes Geschäfte sind unbedeutend, wen interessiert’s? Aber jetzt ist Dad verstorben, und wir befinden uns mitten in einer Rezession, deshalb müssen alle unbedeutenden Unternehmungen zu bedeutenden zusammengefasst werden. Wenn man hundert Cent aufeinanderstapelt, hat man einen Dollar, stimmt’s?«
    »Stimmt«, sage ich erstaunt.
    »Ich habe jemanden geschickt, der sich mit Mike unterhalten soll. Einen Freund. Netter Typ, baut ausgezeichnetes Gras an. Harvardabsolvent, so wie ich.« Shea wackelt mit einem Finger, und ich sehe einen Harvardring mit fetten Diamanten besetzt. »Was für eine Schule! Kluge Frauen, so weit das Auge reicht.«
    Ich nicke im Takt seines Sprechrhythmus, warte, dass er zum Punkt kommt.
    »Es entsteht ein Missverständnis zwischen ihm und einem von Mikes Leuten, und anschließend ist mein Mann auf mindestens ein halbes

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